Liebe, sehr verehrte Zsa Zsa Gabor,

Eine Kolumne
von Christian Schommers
Diese Kolumne stellt die Sicht von Christian Schommers dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

vielleicht erreicht meine E-Mail Sie ja da oben?! Ich möchte mich nämlich im Namen von Millionen Kinogängern, Boulevardjournalisten und ... Männern dafür bedanken, dass Sie – eine der letzten grossen Hollywood-Diven – ihren Mythos weitestgehend bewahrt haben. Marlene Dietrich hat das vor Ihnen auch mit preussischer Konsequenz gemacht. Sie liess niemandem mehr vor in Ihrem selbst gewählten Pariser Exil. Selbst als Udo L. ihr Treppenhaus in ein Blumenmeer verwandelte, gab es nicht mehr als ein Telefonat mit dem damals jungen Verehrer. Niemand sollte sie anders in Erinnerung behalten als gross und leuchtend und so begehrenswert, wie sie auf der Leinwand erschienen war.

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Dieses kluge Verhalten – sicher nicht einfach für eine Frau, der die Welt zu Füssen lag – haben Sie sich – abgesehen von einigen eher traurigen Birthday-Fotos zum 99. – auch bis zuletzt auferlegt. Sie zogen sich in ihre Hollywood-Villa zurück – liebevoll betreut von Ihrem achten Ehemann Frédéric Prinz von Anhalt, keine öffentlichen Auftritte, keine Dinners, keine unnötige Zurschaustellung ihres Daseins als Pflegefall im Bett und Rollstuhl.

Sie waren – vom Alter abgesehen – zeit Ihres bewegten Lebens die Hohepriesterin des Glamour, ach, was sag ich, Sie waren Glamour in Vollendung, in Person. Angefangen bei Ihrem Namen, der sich – ausgesprochen – wie ein erotisches Versprechen anhört, über ihre acht Ehen bis hin zu ihrem Lebensstil, der Sie zur Blaupause für alle die heutigen IT-Girls machte. Kluge Gesellschaftsjournalisten weisen gerne darauf hin, dass Sie ja nicht wegen Ihrer Filme (u.a. "Moulin Rouge") , sondern "wegen ihres Aussehens und ihrer zahllosen Affären" (Spiegel Online) zum ersten Realitystar der Traumfabrik wurden. Aber was soll’s – Sie waren blendend schön und Film ist laut Francois Truffaut die Kunst, schöne Sachen mit schönen Frauen zu machen. Deswegen gehörten Sie und ihre Schwestern Eva und Magda nach Hollywood.

Mit 19 haben Sie noch in ihrer Heimat den „Miss Ungarn“-Schönheitswettbewerb gewonnen, und da gibt’s bekanntlich sehr schöne Damen im Dutzend. Bevor die Nazis Ihrer habhaft werden konnten, sind sie 1941 Ihrer Mutter und den Schwestern nach Hollywood gefolgt. Dort wurden aus Zsuzsanna Sári Gábor die Zsa Zsa, wie wir sie kennen: Blond, supersexy, die "teuerste Kurtisane seit Madame de Pompadour", wie in The Film Encyclopedia vermerkt ist. Sie sammelten durch ihre Ehen ein grosses Vermögen an, Sie waren mit den Grossen dieser Welt per Du. Eine Grand Dame, nicht mehr und nicht weniger!!

Zsa Zsa Gabor ist tot, es lebe Zsa Zsa Gabor!

Jetzt kommentiert Ihr achter und sichtlich trauernder Ehemann (79), ihren Tod mit 99. "Die Tatsache, dass Sie zuhause sterben konnte, wie sie es sich immer gewünscht hatte, und dass ich bei ihr sein konnte, das gibt mit Trost" (Stern), sagte der Mann, der 30 Jahre mit Ihnen verheiratet war und sie nun zu Grabe trägt. 100 wollten Sie werden, trotz der Schlaganfälle, trotz des amputierten Beins, trotz des moribunden Ansbettgefesseltseins. Doch das Herz wollte nicht bis Februar 2017 warten und stand am 18. Dezember 2016 still. Frédéric will ihr Leben verfilmen lassen. Klar! "Ich sehe da die Heidi Klum als Zsa Zsa. Die könnte das machen, weil sie ja auch einen Akzent hat." (t-online.de) Und Stoff gäbe Ihr Leben nun wirklich genug her.

Zsa Zsa Gabor ist tot, es lebe Zsa Zsa Gabor! "Ruhen Sie in Frieden, Madame!", sage ich mit einer tiefen Verneigung.

Herzlichst

Ihr Christian Schommers   © top.de

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