Wie verarbeitet man die Corona-Pandemie oder eine Flutkatastrophe in einem Comedy-Jahresrückblick? Ilka Bessin und Oliver Pocher gaben am Mittwochabend bei "Die Abrechnung des Jahres" die Antwort: am besten gar nicht. Denn so schlimm wie dieser Jahresrückblick war das Jahr selbst nicht.
Wenn man auf ein Jahr zurückblickt, dann wird man schnell merken, dass in diesem Jahr nicht nur Gutes passiert ist. Wie schlecht das Schlechte dann im Detail war, hängt natürlich von der eigenen Lebenssituation ab, aber generell kann man sagen, dass es wohl kaum jemanden gibt, der jeden Tag eines Jahres mit einem Grinsen aufgestanden und damit wieder ins Bett gegangen ist. Das klingt eigentlich reichlich banal, ist aber vor allem dann relevant, wenn man ein TV-Sender ist, und aus all dem Schlechten und Guten eines Jahres einen "Comedy-Rückblick" machen will.
Diese Gedanken hat man sich bei RTL offenbar auch gemacht und sich für Folgendes entschieden: "2021 - Was für ein Jahr!? Kann man das auch mit Humor nehmen? Man kann! Frei nach dem Motto 'Das Letzte kommt zum Schluss' zeigen uns
Wenn man bedenkt, was 2021 alles so passiert ist, ist das eine enorme Herausforderung. Rein technisch sieht das Ganze so aus: Ilka Bessin und
Ross Antony mit unfreiwilligem Humor-Höhepunkt
Die sollen das, was aus RTL-Sicht comedyjahresrückblickstauglich war, kommentieren und was das war, das hat man zuvor in leicht verdauliche Monatshäppcheneinspieler abgepackt. "Lustiges, Skurriles, Überraschendes, Netz-Hypes - hier hat alles Platz, nur nicht die ernsten Themen", heisst es dazu bei RTL, aber vor allem bei letztem Punkt tat man sich recht schwer an diesem Abend. Jeder Monat, das sei noch erwähnt, hat einen Sieger, der mit einer Auszeichnung bedacht wird.
Eigentlich ein recht simples Konzept, was also kann dabei nur schiefgehen? Die kurze Antwort: Wo fangen wir an? Die lange Antwort: Zum Beispiel bei den Gästen. Dass
Als der Engländer beim Lebenswerk-Preis für
Dabei hätte ein bisschen absichtlicher Humor wirklich gut getan. Zum Beispiel von
"Die Abrechnung des Jahres": Pocher für den Spass, Bessin für die Moral
Noch weniger lustig war nur das, was Verona Pooth zum Abend beizutragen hatte. Dass der Satz "Die Corona-Zeit hatte ja auch was Kuscheliges. (…) Aber unterm Strich fand ich es natürlich auch nicht schön" das Klügste war, was die einstige Werbedarstellerin zu sagen hatte, sagt viel über den Abend aus. Was Bessin und Pocher trieben, allerdings noch mehr.
Denn so einen richtigen roten Faden fanden die beiden nie. Pocher war an diesem Abend für den Brachial-Humor zuständig: Gleich zu Beginn tanzte er mit
Und Bessin? Der Komikerin fiel es an diesem Abend sichtlich schwer, sich auf den versprochenen reinen Klamauk einzulassen. Stattdessen konnte sie es nicht lassen, bei den ernsteren Themen auf ebendiesen Ernst hinzuweisen. So kommentierte sie den Fall von Jens Lehmann und dessen rassistischen Spruch über Dennis Aogo mit "Deshalb bin ich froh, dass wir hier so kunterbunt heute da sind".
"Die Abrechnung des Jahres": Spass oder Ernst? - keines von beidem
Das ist in der Sache natürlich richtig. Das Thema Rassismus auf diese Weise adäquat in einem "Comedy-Rückblick" unterzubringen, war allerdings eher unglücklich. Richtig planlos war dann aber der Moment, in dem Bessin, Pocher und Gäste mit einem TikTok-Video für’s Impfen werben wollten. Wenn man so etwas in einer Comedy-Show macht, dann muss das auch sitzen. Doch am Ende hampeln nur alle halbgar vor der Handykamera für TikTok herum. Das hat mit TikTok genauso wenig zu tun wie mit guter Fernsehunterhaltung, mit Werbung für’s Impfen leider erst recht nichts.
Ist das Bessins Schuld oder Pochers? Nein, die beiden müssen lediglich ausbaden, was grundsätzlich schiefgegangen ist an diesem Abend. Man hätte sich einfach darauf konzentrieren sollen, nur die wirklich lustigen Ereignisse des Jahres oder zumindest die fettnäpfchenunverdächtigen Momente zu verwursten. Dann wäre man frei von jeglichen Moralkollisionen gewesen.
So aber verarbeitet man die Flut-Katastrophe im Ahrtal und Laschets Gelächter-Fauxpas, indem man nach dem Grund des Lachens fragt und Martin Klempnow dann kalauert, dass Laschet in dem Moment wohl etwas auf den Fuss gefallen ist. Um doch noch irgendwie aus der Nummer rauszukommen, beendet Bessin das Ganze mit einem an Laschet gerichteten "Man lacht einfach nicht". Auch das ist richtig, zeigt aber einmal mehr die Zerrissenheit des Abends. Denn bei einem "Comedy-Rückblick" hätte man schon gerne gelacht.
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