Die Geschichte der Menschheit begann mit Adam und Eva - sofern man einschlägiger Literatur Glauben schenken mag. Und - Ironie des Schicksals - ausgerechnet mit "Adam sucht Eva" wird sie enden – sofern man unserem Autoren glauben mag.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Vock dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gestern Abend ist mir etwas Erstaunliches passiert, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Gegen 21:00 Uhr klingelt es an der Tür. Da ich keinen Besuch erwarte, öffne ich vorsichtig. Ein Herr im Trenchcoat steht im Hausflur und sein grünlicher Teint verrät mir, dass sein Erstwohnsitz nicht auf unserem Planeten liegen dürfte. Er stellt sich kurz vor, den Namen habe ich mir nicht behalten, und teilt mir sein Anliegen mit.

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"Entschuldigen Sie bitte die abendliche Störung, es geht um Folgendes: Ich biete Ihnen und der gesamten Menschheit unendliche und saubere Energie und ein Leben in Frieden. Alles, was Sie tun müssen, ist, mich davon zu überzeugen, dass die Menschen das auch verdient haben. Können Sie das nicht", er holt eine Art Fernbedienung mit einem roten Knopf aus seiner Manteltasche, "drücke ich hier drauf und die Erde explodiert. Zipp und aus die Maus. Ihnen mag das überzogen vorkommen, aber so sind die Regeln. Deal?"

"Weltrettung? Läuft."

Nun ist es nicht so, dass ich in der Vergangenheit durch besonders umsichtiges Verhalten aufgefallen bin. Diese Tatsache, die zwei Likörchen, die ich bis hierhin intus hatte, und mein Hang zum Übermut lassen mich antworten: "Bin dabei. Was muss ich tun?" "Das ist ganz einfach", antwortet der Herr, "ich nenne drei Dinge, auf die ihr Menschen echt nicht stolz sein könnt, und Sie erklären mir, warum Ihr das Überleben trotzdem verdient habt." "Kein Problem", denke ich mir, "wenn er mir jetzt nicht mit dem Klimawandel kommt, wird das eine lockere Veranstaltung." "Legen wir los", fordere ich ihn auf.

"Gut", sagt der Herr und grinst: "Heidi Klum". "Oha", denke ich mir, "der geht ja gleich in die Vollen." Meine Antwort fällt dennoch halbwegs souverän aus: "Zugegeben, ist als Person jetzt auch nicht mein Fall, und was sie da im Fernsehen treibt, ist für mich mit Unfug noch recht unzureichend beschrieben. Aber das Gute ist: Man muss sie ja nicht ansehen. Ich persönlich meide Heidi Klum seit Jahren sehr erfolgreich. Und ausserdem gibt es noch genug seichte Fernsehunterhaltung, bei der man nicht komplett verblödet."

"Wir sind dran. Echt jetzt"

"Nun gut, Einspruch stattgegeben. Machen wir weiter", fährt der Herr fort: "die AfD". "Okay das läuft", denke ich und antworte gelassen: "Erledigt sich von selbst. Nur ein paar Leute, die sich im Nebel der 'Das-wird-man-doch-mal-sagen-dürfen-Mentalität' sicher fühlen. In ein, zwei Jahren wird man sich über die nur noch 'Weisst-du-noch-Witze' erzählen".

Der Herr scheint überzeugt: "Klimawandel." "Ach verdammt", entfährt es mir leise und ich versuche zu retten: "Ich weiss, das haben wir echt verbockt. Aber wir sind dran. Diesmal haben wir es wirklich kapiert", schwindele ich. Der Herr runzelt die Stirn. "Echt jetzt", schiebe ich hinterher. "Na gut", sagt der Herr, "dann gratuliere ich, Sie haben mich überzeugt. Die Menschheit darf weiterleben, sie hat es verdient."

"Puh", denke ich, "Glück gehabt." "Ja klasse, dann hätten wir das. Machen Sie es sich gemütlich, ich zaubere uns schnell eine Kleinigkeit in der Küche. Gläschen Wein?", frage ich. "Gerne", antwortet der Herr. "Was dagegen wenn ich ein bisschen fernsehe? War ein langer Tag." "Kein Problem", antworte ich, "fühlen Sie sich wie zu Hause."

"Der grüne Typ muss raus!"

Ich stelle einen Topf Wasser auf und hole die Nudeln aus dem Küchenschrank. Als ich die Packung aufreisse, höre ich aus dem Wohnzimmer eine Stimme: "Ich warte auf eine gescheite Brust-Invasion und nicht nur lauter Pimmelchen." Ich bleibe wie erstarrt stehen. Schweissperlen rollen mir von der Stirn. "Verdammt, der Achi!", schiesst es mir durch den Kopf. "Der grüne Typ muss raus und zwar schnell!"

Ich renne ins Wohnzimmer. Auf dem Bildschirm hängt ein Nackter am Strand an einer Stange und spreizt die Beine in die Luft. "Du, hör mal", stottere ich. "Ist mir echt peinlich, aber ich habe gerade gar nichts im Haus. Und es ist auch schon ganz schön spät. Was dagegen, wenn wir das Essen verschieben? Das mit der Energie und dem Weltfrieden können wir dann immer noch machen."

"Ja, gut", antwortet der Mann verblüfft und steht auf. "Sein Torpedo ist bereit, mein Ding ist natürlich immer bereit", tönt es aus dem Fernseher. Wir gucken uns an. "Das ist jetzt nicht euer Ernst, oder?", fragt mich der grüne Herr. "Ach, 'Adam sucht Eva'. Ist so eine … äh ... Satire-Sendung", stammle ich, drücke ihm seinen Trenchcoat in die Hand und schiebe ihn Richtung Tür. "Also dann, war schön, Sie kennenzulernen. Wir telefonieren, ja?" "Ja, gut, aber ...", will der Herr noch sagen, aber da habe ich ihn schon nach draussen bugsiert.

Gerade will ich die Tür zudrücken, da höre ich hinter mir: "Du hast aber auch zwei grosse Hupen mitgebracht!" Ich senke den Kopf und öffne die Tür. Wortlos greife ich in die Manteltasche des grünen Herren und hole die Fernbedienung heraus. Ich sehe ihn an und seufze: "Lass mich drücken, ja?"

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