Ein letztes Mal noch grüsst der "ZDF-Fernsehgarten" in diesem Jahr vom Mainzer Lerchenberg, danach geht die Show auf Tour. Für die Abschluss-Ausgabe hat man sich am Sonntagmittag gedanklich auf dem Oktoberfest eingemietet. "Oktoberfest meets Hüttengaudi", heisst es dann, doch eine richtige Gaudi-Stimmung mag dabei nicht aufkommen. Zumindest nicht vor dem Fernseher.
"Joa mei. Heute hoassts: Wiesn meets Hüttenparty – des gibt a Gaudi", behauptet der Off-Sprecher zur Eröffnung in schlechtem Bayrisch und es gibt viele Gründe, sich zu wünschen, er hätte es nicht getan. Zum Beispiel, weil es nur Sinn ergibt, Dialekte nachzumachen, wenn man es auch kann. Sonst ist es nur irgendein Kauderwelsch. Doch die angekündigte Hüttenparty-Wiesn-Gaudi ist vor allem aus inhaltlichen Gründen schwierig.
Denn egal, ob Hüttenparty oder Oktoberfest: So eine Party ist vor allem für die eine Party, die sie feiern und nicht für die, die beim Feiern zusehen. Wer das Oktoberfest oder eine Hüttenparty feiern will, der geht hin und guckt sich das Ganze nicht im Fernsehen an. Noch dazu, wenn es sich um die Kopie einer Party handelt. Es ist jedenfalls schwer vorzustellen, dass sich irgendjemand zu Hause ein Fass Bier aufmacht und sich beim TV-Oktoberfest aus Mainz betrinkt und auf dem Tisch tanzt.
Aber das Motto ist nun einmal gesetzt und wird auch gleich musikalisch umgesetzt. Zuerst marschiert eine Blaskapelle auf, um das Oktoberfest zu symbolisieren, danach dürfen auch die Bläser von Knallblech zu DJ-Klängen so tun, als ob sie ihre Instrumente spielen. Fehlt nur noch die, die diese Melange moderieren will und die holt der Off-Sprecher mit einem "Und jetzt heisst es: cool, cooler,
Kiewel versucht sich auch in bayerischer Mundart, was aber auch ihr nicht gelingt, und verspricht danach "die coolste, die lustigste, die abgefahrenste Show des Sommers." "Da geht was", behauptet Kiewel und nach einem kleinen Schwank zu den aktuellen Alkoholpreisen des Oktoberfestes erklärt Kiewel, was man für die folgenden zwei Stunden vorgesehen hat: "Ich möchte, dass wir alle jodeln lernen", sagt Kiewel und es ist gut, dass sie das rechtzeitig macht, denn so muss man den "Fernsehgarten" nicht fluchtartig verlassen, sondern kann das ganz ruhig und besonnen machen.
Ausserdem auf dem Programm stehen Spiele, ein Käsemeister, ein Glasbläser und natürlich alles, was auf Volksfesten, Hüttenabenden, Schlagerfestivals und sonstigen Partys Stimmung macht: voXXclub, Die Draufgänger, Hannah, Thierseer, Dorfrocker & Kings of Günter, Münchner Zwietracht,
"Wo seid ihr, wo seid ihr, wo seid ihr? Fernsehgarteeeeen!", ruft Herr Ötzi, aber nicht, weil er schlecht sieht, sondern weil man das offenbar macht, um die Stimmung anzuheizen. Nachdem er für sich geklärt hat, wo das Publikum ist, legt er los, der DJ und "singt" sein "Du (Was ich will, bist du)", eine deutschsprachige Mitstampf-Version von Umberto Tozzis Klassiker "Tu". Musikalisch ist also "o’zapft", danach lädt Kiewel zum Spiele-Nachmittag.
Wo bitte geht’s zur Gaudi?
"Was gehört denn zum Oktoberfest dazu?", fragt Kiewel rhetorisch und nennt als Antwort darauf den Kirmes-Klassiker "Pferderennen", bei dem man Kugeln in Löcher werfen muss, um eine kleine Figur zu bewegen. Offenbar hat man beim ZDF nach Spielen gesucht, die es bereits vor Erfindung des Fernsehens gab und so sieht man eben dabei zu, wie Anna-Carina Woitschack und Co. Kugeln in Löcher werfen. Wer darin die versprochene "Gaudi" erkennen kann, möge bitte vortreten.
"Danach wollt ihr hier einziehen. Das macht so einen Spass", verspricht Kiewel ihren prominenten Gästen um Inka Bause beim nächsten Spiel, einer "XXL-Gaudi-Slotmachine". Das ist eine von der Requisite gezimmerte "Slotmachine", wie man sie aus Casinos kennt, nur sitzen darin die drei Promis, kreisen mit den Armen, wenn ein Zuschauer aus dem Publikum den Hebel zieht und halten dann bei "Stopp" einen Gegenstand hoch. Bei identischen Gegenständen gibt es einen Preis.
Zumindest theoretisch, denn eine Zuschauerin wird bereits vorab beschenkt, weil sie gerade ihren Junggesellinnen-Abschied feiert. Damit hat wenigstens eine an diesem Spiel ihren Spass, jedenfalls sieht man Inka Bause danach nicht mit Kartons, um wie angekündigt in die Slotmachine zu ziehen. Über Kiewels drittes Spiel, Hufeisen-Werfen, breiten wir grosszügig den Mantel des Schweigens aus.
Wenn "Der Fernsehgarten" jodelt: "He-i-ti, ho-u-ti"
Nein, Gaudi ist irgendwie anders, umso mehr verwundert es, dass beim Thema Oktoberfest und Hüttenparty ein Glasbläser auftaucht. Ein etwas skurriles Partyelement, aber entweder hat man sich beim ZDF gedacht "Ja, ist komisch, aber solche Gäste gehören eben zum Konzept des ‚Fernsehgarten‘, was sollen wir machen?" oder aber es hiess: "Der Glasbläser kommt aus Niederbayern, Niederbayern liegt in Bayern, München auch, in München ist das Oktoberfest, Oktoberfest ist unser Motto – et voilà!"
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Ähnliches könnte man auch über den angekündigten Jodel-Lehrer sagen, aber anders als der Glasbläser kann der aus seinem Handwerk zumindest ein kleines Mitmach-Programm zaubern. Dazu animiert er Kiewel sich aus den Knien auf und ab zu bewegen und dabei "He-i-ti, ho-u-ti" zu jodeln. Und nachdem das Publikum klatscht, weil ihr das zweimal hintereinander gelungen ist, kündigt Kiewel an: "Gleich zieh ich dabei noch das Dirndl aus, wartet’s mal ab!"
Tun wir nicht, sondern ziehen lieber ein Fazit der "Gaudi"-Ausgabe: Es hat seinen Grund, warum das Oktoberfest live in München gefeiert wird und nicht im Fernsehen und aus Mainz. Von dort kommt nur die alkoholfreie TV-Kopie, dafür aber immerhin ohne das Massen-Erbrechen, die sexuelle Belästigung von Kellnerinnen und mit einer Moderatorin, die den letzten regulären "Fernsehgarten" des Jahres ohne Fettnäpfchen oder sonstige Unfälle herunter moderiert. Am nächsten Sonntag grüsst Andrea Kiewel dann beim "Fernsehgarten on tour" aus Schwerin.
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