Alternative Fakten, Behauptungen ohne Argumente und Klimapakete entgegen aller wissenschaftlicher Ratschläge: Wissenschaft hat derzeit einen schweren Stand. Max Uthoff und Claus von Wagner kämpfen in der neuesten Ausgabe von "Die Anstalt" für das, was mal gemeinsame Grundlage war: die Naturgesetze.

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Die Bahn. Huawei. Der permanente Streit in der Regierungskoalition, die "grottenschlecht"-Kritik von Friedrich Merz, der neue SPD-Parteivorsitz Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, der enttäuschte Olaf Scholz, der aufstrebende Kevin Kühnert. Und natürlich die obligatorischen Satire-Themen Donald Trump und AfD.

Ja, die Themen-Tafel, an der die beiden Satiriker Max Uthoff und Claus von Wagner nach der letzten Ausgabe ihrer "Anstalt" hätten Platz nehmen können, war reich gedeckt. Lauter kleine Leckerbissen, die die beiden zu Satire-Häppchen hätten verarbeiten können.

Doch Uthoff und von Wagner wollten sich nicht mit Kleinigkeiten zufriedengeben. Diesmal ging es ihnen um das grosse Ganze. Warum? Weil es in der Zwischenzeit auch für die Menschheit ums grosse Ganze geht: Demokratie, Gerechtigkeit, Klimakrise. Die Welt, wie wir sie kennen, steht auf dem Spiel.

"Die Anstalt": Andreas Scheuer gegen die Demokratie

Doch bei der "Anstalt" fangen auch die grossen Themen klein an. In diesem Fall mit Andreas Scheuer. Scheuer, alias Claus von Wagner, steht nämlich plötzlich vor der Anstaltstür, just in dem Moment, als Max Uthoff in seiner Paraderolle als Isaac Newton dort einen Adventskranz anzündet.

Newton, Scheuer, Adventskranz - "Anstalt"-Gucker wissen sofort, dass es wohl wieder um ein Duell Naturwissenschaft gegen Politik hinauslaufen wird.

"Sie wissen schon, dass die Dinger gefährlicher sind als ein Diesel", greift "Scheuer" die damalige Diskussion um Diesel-Grenzwerte mit "Newton" auf.

Doch dieser zeigt sich diesmal versöhnlicher, denn "wir müssen zusammenkommen", wie "Newton" erklärt. Er meint damit die Vereinigung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischem Handeln.

Und damit ist "Die Anstalt" bei den grossen Themen angekommen, genauer bei DEM grossen Thema: der Klimakrise. "Sie sollen handeln. Jetzt. Es geht um das Überleben", fordert "Newton" "Scheuer" auf.

Doch der zeigt beispielhaft, warum es mit dem Kampf gegen die Klimakrise nicht vorangeht: "Das ist ja richtig, aber beim Überleben sollte ja jeder bei sich selbst anfangen. Ich zum Beispiel setze mich sehr stark ein für mein politisches Überleben."

Und schon gibt "Scheuer" "Newton" Nachhilfe in Sachen Demokratie. Die sei wie ein Tempel und bestehe laut "Scheuer" aus den drei Säulen Mehrheitsprinzip, Haushaltsrecht des Parlaments und Transparenz.

In der folgenden Diskussion legt "Newton" "Scheuer" dar, dass er bei seinem Maut-Desaster selbst gegen alle drei Prinzipien verstossen habe – und zwar wissentlich. Am Ende stürzen die drei Säulen ein. Die Demokratie liegt in Trümmern.

Wissenschaft gegen Wutbürger

Handeln entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse – ein Privileg der Politik? Mitnichten, wie "Newton" und "Scheuer" gleich im Anschluss beweisen, als sie die angebliche Bedrohung der Meinungsfreiheit ins Visier nehmen.

Im Publikum steht ein Mann (HG. Butzko) mit einem Schild, auf dem "1+1=3" steht. "Das ist falsch", urteilt "Newton" im Vorübergehen, woraufhin eine Diskussion mit einer Zuschauerin (Caroline Ebner) beginnt: "Wieso? Ich finde das sehr mutig, ehrlich gesagt."

"Mainstream", "So was erfährt man von der Presse nicht", "Man darf seine Meinung nicht mehr sagen" - es sind die üblichen Sprüche, die sich inzwischen in viel zu vielen Köpfen festgesetzt haben. Sie lassen in Diskussionen keine gemeinsame Grundlage mehr zu.

"Das sind doch keine Zweifel, wenn man sich einfach hinstellt und sagt: Das glaub' ich nicht!", resigniert "Newton" am Ende am argumentationsfreien Diskussionsstil und der Wissenschaftsresistenz der Zuschauerin.

Und bei Wissenschaftsresistenz ist man ganz schnell bei Greta Thunberg. Die Klimaschutzaktivistin kämpft dafür, dass Politik die Wissenschaft nicht nur ernst nimmt, sondern auch dementsprechend handelt.

Um das zu illustrieren, hat sich "Die Anstalt" etwas ganz Besonderes einfallen lassen: ein Telefonat zwischen Gott und Jesus.

Wir gegen uns

Jesus (Max Uthoff) sitzt beim Après-Ski, als ihn ein Anruf von Gott (Claus von Wagner) ereilt. Gott ist besorgt wegen der Berechnung des Weltklimarats: "Die Menschen machen meine Schöpfung kaputt."

Und schon ist "Jesus" bei Thunberg, deren Mitstreitern er eifersuchtsgetrieben "religiöse Züge" - wieder einer der üblichen argumentationslosen Vorwürfe – unterstellt.

Es ist eine "Anstalt"-Folge genau zur richtigen Zeit. Wenn eine Bundesregierung nach Einschätzung der Wissenschaft ein völlig unzureichendes Klimapaket auf den Weg bringt und dieses auch noch bei der Klimakonferenz in Madrid jüngst als grossen Wurf verkauft, wenn in Diskussionen Wissenschaft ignoriert und Meinungen als Fakten deklariert werden, dann ist es allerhöchste Zeit, der Wissenschaft den Rücken zu stärken.

Und so ist die Konzentration auf die grossen Themen in der Ausgabe von "Die Anstalt" vom 10. Dezember 2019 nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Gebot der Stunde, wie es auch "Gott" (Claus von Wagner) in einem Gerichtsprozess formuliert.

Dort fordert er als "Stimme der Natur" gegen den Verteidiger der Gegenseite, Friedrich Merz (Max Uthoff), ein Ende des ungehemmten Wachstums: "Wenn Sie Ihre Art zu leben ansatzweise erhalten wollen, dann müssen Sie sich radikal verändern. Das Festhalten am Status Quo bedeutet Zerstörung."

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