- Ein Mann, 23 Frauen und kein einziger gehaltvoller Satz, das kann nur eines heissen: "Der Bachelor" ist wieder da.
- Wo ist bloss die Pandemie, wenn man sie braucht?
Ich bin ja so aufgeregt, ich bin ja so aufgeregt, ich bin ja so aufgeregt!!! Wer wird der Bachelor in diesem Jahr? Ein weltbekannter Athlet? Ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein findiger Start-up-Gründer, ein IT-Genie?
Schauen wir doch einfach gemeinsam in den Steckbrief von RTL:
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Ach so, weil man mit Influencern nur Menschen verbindet, die irgendwo ohne Oberbekleidung in der Gegend herumstehen, in Dubai wohnen (keine Einkommensteuern und Menschenrechte) und sich in jedem Spiegel selbst fotografieren. Und der neue Bachelor macht genau das nicht. Echt! Also, ausser auf diesem Bild auf Instagram und etlichen weiteren.
Aber hey, er ist der Bachelor und wird schliesslich nicht für seinen Intellekt, sondern seine Followerzahl (186.000 auf "Insta", wie wir Digital Natives sagen), pardon, seinen Körper gecastet. Weswegen er direkt bei seinem ersten Auftritt in der Folge nackt unter der Dusche steht, so wie ihn das Fitnessstudio schuf. Verständlich, wer würde sich nach den Dreharbeiten für diese Show nicht ein wenig schmutzig fühlen.
Denn RTL hat sich wie immer alle Mühe gegeben, dem Bachelor die Kandidatinnen zusammenzucasten, die die Show verdient. Nur das Drehbuch ist dasselbe wie in jedem Jahr. "Ich bin mega aufgeregt, quieeeetsch!", "Ich bin gespannt auf diese geile Lebenserfahrung, hihihihi!", "Das wird ein richtig grosses Abenteuer!" – und die realistischste Einschätzung auf das, was kommt, ist wohl: "Ich habe mir keine Gedanken gemacht, es wird eh peinlich."
Duschen, kreischen, hyperventilieren
Das Stichwort für Fiona, die aus der Limousine steigt, zum Bachelor schreitet und ihn zum Tanzen zwingt. Weil, sie ist Tanzlehrerin. "Das ist gar nicht peinlich", sagt sie. Wenn man bedenkt, wo sie hier stehen und was sie noch alles erwartet, stimmt das sogar. Fiona ist nämlich auch Hundephysiotherapeutin. Glück für den Bachelor, dass sie ihn nicht zum Stöckchen holen genötigt hat.
Colleen hingegen ist angehende Psychologin und will Therapeutin werden. Da wird sie in den nächsten Wochen viel Arbeit haben. Vor allem an sich selbst. Dahwi hat die Ansprüche dem Format passend weit unter die Wahrnehmungsschwelle geschraubt: "Er hat einen ähnlichen Namen wie ich", sagt sie. Drei Buchstaben stimmen überein. Das muss reichen.
Irgendwie ist das ja auch egal. Die 23 Damen rücken eine nach der anderen mit dem für dieses Format notwendigen Alkoholpegel in Mexiko an und zeigen beim Anblick des Bachelors die gebührende Hysterie.
Allen voran Pamela, die sich offenbar vorab in die Schnittkabine geschlichen und heimlich das Duschvideo des Bachelors angesehen hat. "Können wir mal drüber reden, wie heiss der ist?", hyperventiliert sie in die Kamera. "Aber sag ihm nicht, ich schwöre!" Egal wie das Format für sie in diesem Jahr läuft, der Platz in der Resterampe "Bachelor in Paradise" ist ihr sicher.
Lisa R. empfiehlt sich eher als Kandidatin für "Das Sommerhaus der Stars". Sie ist verheiratet. So in echt jetzt, nicht nur fürs Fernsehen. Sie lebt aber seit einem Jahr in Trennung. Warum die Ehe scheiterte? Nach einem Monat haben Lisa R. und ihr Mann ein Experiment gewagt. Nein, nicht das, was Sie denken. Pfui! Sie ist ausgezogen. Und fand das super. Klingt definitiv nach einer Frau, die bereit ist für die grosse Liebe. Oder eine Eigentumswohnung.
Existenzielles von Spongebob bis Dieter Bohlen
Beschleunigen wir das gar nicht mal so fesselnde Geschehen. Zeit, sich wirklich kennenzulernen und die Prosecco-Schlagzahl zu erhöhen. "Warum seid'n ihr hier?", fragt der Bachelor in der Villa in die versammelte Frauen-Ansammlung. Irritiertes schweigen. Was soll das denn jetzt? Sonst werden doch auch eher intellektuelle Klassiker wie "Was ist deine Lieblingsfarbe?" und "Machst du Sport?", abgefragt. Und jetzt, einfach so, ohne Vorwarnung: "Warum seid'n ihr hier?"
Was soll darauf die Antwort sein? Einstieg in eine Trash-TV-Karriere?
Das ist die Gelegenheit für "Die mit dem Hund tanzt"-Fiona eine Ansage zu machen: "Ich habe Höhenangst. Ich springe für keinen Typ irgendwo runter!", entfleucht es ihr. Wollte sie nur mal gesagt haben. Passend dazu blendet RTL für die nächste Folge einen Fallschirmsprung aus dem Flugzeug ein. Dreimal dürfen Sie raten, wer jetzt die besten Chancen hat, vom Kamerateam aus der Luke gestossen zu werden. Aber was tut man nicht alles für die Liebe!
Schliesslich bringt David Jackson alles mit, was eine Frau von einem Mann erwartet. Eine kesse Palmenfrisur, die wir zuletzt so perfekt ausgeführt bei Tina Ruland in "Manta Manta" gesehen haben, einen Bauch, auf dem sich selbst ein 100 Monate gereifter Parmigiano Reggiano mühelos reiben lässt und einen Wohnort, der so weit entfernt liegt, dass man sich gar nicht richtig kennenlernen muss. In dieser Show ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Doch bevor es so weit ist, müssen die 23 Damen zur Dekantierung der Rosen antreten. Blanke Panik in den Gesichtern und die ewig quälende Frage, "ob es richtig gevibed hat". "Ich musste mich selbst bremsen", sagt der Bachelor. "Es hätte noch ewig gehen können." Womit er nach fast zwei Stunden Sendezeit wohl ziemlich alleine dastehen dürfte. Zumindest für drei Frauen ist die Tortur nach Folge eins zu Ende: Buchstaben-Fee Dahwi sowie Mariam und Nevin, die eher mit Nichtauffallen glänzten. Was wohl das grösste Kompliment ist, das eine Kandidatin in dieser Show erhalten kann. Sie kehren zurück in ihr fades, normales Leben, ganz ohne Fremdscham, Druckbetankung und peinlicher Zungenakrobatik vor einem Millionenpublikum. Klingt irgendwie nach der besseren Alternative.
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