Überraschung: In der neunten Folge stellt der Bachelor fest, dass er Gefühle für alle Frauen entwickelt hat. Eine mehr als fadenscheinige Ausrede, um bei allen eine intensive Zungenakrobatik anzuwenden.
Wir erinnern uns an den dramatischen Höhepunkt der letzten Folge des "Bachelors": Kandidatin Rebecca schwärzte Kandidatin Chiara an, weil die angeblich unlautere Absichten habe (welche das in diesem Format auch immer sein sollen), am Ende wurde sie dafür aus der Sendung katapultiert. Um einen ordentlichen Cliffhanger für Folge neun zu generieren, der nebenbei die Einschaltquoten ankurbelt.
Deswegen geht es in dieser Woche direkt in die Vollen. Die sogenannten Dreamdates stehen an, der Bachelor und die verbliebenen vier Frauen sind in Rio de Janeiro. Damit alle in die richtige Stimmung kommen, stehen eimergrosse Gläser des Hauptsponsors bereit. Nicht, dass das jemand nüchtern ertragen muss. Das Team von RTL eingeschlossen. Es folgt ein wenig Smalltalk, immer wieder versichert man sich, wie "krass" das alles sei, doch eigentlich warten alle darauf, wie der Bachelor auf Chiara reagiert. Die Antwort ist: So, als wäre nichts vorgefallen. Sie friert, er gibt ihr sein Hemd. Sie halten Händchen, er hält Smalltalk. "Ich hab's heute nicht so gefühlt, das anzusprechen", sagt er in die Kamera. Stattdessen fühlt er in der Gegenwart von Angelina so viel, dass er so nah an sie heranrückt, dass RTL für die nächsten Szenen besser einen Intimitätskoordinator aus Hollywood engagieren sollte.
Vielleicht ein bisschen verknallt, vielleicht ein bisschen betrunken
Doch die nächste Knutscherei ist nicht weit entfernt. Beim ersten Dreamdate trinken sich der Bachelor und Angelina auf der Yacht warm, bis sie nach viel Gekicher, Gegrinse und der Frage "was man für ein Gefühl hat", übereinander herfallen. Erst auf dem Boot, dann am Hafen. "Da sind auf jeden Fall Gefühle da", sagt Angelina. Wenn sie dabei nicht ständig so laut und hysterisch lachen würde, wäre das als Zuschauer auch wesentlich leichter zu ertragen. Der Bachelor gesteht, "vielleicht ein bisschen verknallt" zu sein. Er ist offensichtlich taub.
Noch unter diesem Schock geht die neunte Folge von "Der Bachelor" erneut zu Chiara über. Wird
Gefühle für alle, nur welche, das bleibt offen
Was die perfekte Überleitung für die Dates mit Henriette und Lisa ist. Schon auf der Ladefläche des Jeeps fällt der Bachelor über "Jettie" her. Kurz danach erklärt sie ihm, dass es mit seinem Kinderwunsch in den nächsten Jahren nichts wird. Als ob in dieser Sendung jemals ein Paar auch nur in die Nähe einer solch grotesken Vorstellung gekommen wäre.
Der Bachelor fackelt auf jeden Fall nicht lange und steckt auch Lisa auf ihrem Date im Helikopter gleich zu Beginn, nein, nicht die Zunge, die Schokolade in den Mund, die sie ihm bei ihrem Kennenlernen in Folge eins schenkte. Das geschieht so schnell, dass Lisa nicht einmal Zeit hat, auf das Ablaufdatum zu schauen. Worum es eigentlich bei diesen Dates geht, ist auch bei ihr schnell klar. Hoch über der Stadt steht eine Couch herum, gut gefüllte Gläser direkt daneben. Es folgt das Vorhersehbare: "Wenn ich Lisa küss, merk' ich schon so 'ne Verbundenheit", sagt der Bachelor. Bei so einer leidenschaftlichen Liebeserklärung kann RTL gleich das Aufgebot bestellen.
Jesus weiss auch keinen Rat
Nur für welche der Frauen soll sich der Bachelor entscheiden? Er hat den Mundraum aller inspiziert, dort aber offensichtlich keine Antwort gefunden. David Jackson rezitiert brav die Standard-Floskel jeder Staffel: "Ich befinde mich jetzt in der Situation, dass ich Gefühle für mehrere Frauen hab". Welche das sind, Abscheu, Ekel, Fremdscham, lässt er offen. Stattdessen blickt er zur Cristo Redentor, der monumentalen Christusstatue auf dem Berg Corcovado in Rio de Janeiro. Der Erlöser weiss keinen Rat, er schaut lieber "Too Hot To Handle" auf Netflix.
In der Nacht der Rosen stehen die Frauen zitternd da. Schliesslich geht es hier nicht nur um die grosse Liebe, sondern auch, ob die Fernsehkarriere bereits versandet, bevor sie überhaupt richtig gestartet ist. Ganz abgesehen davon, dass die Verbliebenen in der nächsten Woche ihre Verwandten vor die Kamera zerren müssen. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Nach ein paar Minuten bleiben nur noch Chiara und Henriette übrig. Wird der Möchtegern-Bachelorette jetzt ihr Drang zum Trash-TV zum Verhängnis? Natürlich nicht, Henriette muss gehen und "kann das verstehen". Chiara brüllt lieber wie ein Fussball-Hooligan in die Kamera: "Wir fahren nach Soest!!", offenbar ihre Heimatstadt. Da bleibt nur zu sagen: unser Beileid für alle Bewohner der Stadt. Schliessen Sie Fenster und Rollläden, "Der Bachelor" kommt.
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