In der besinnlich langsamen Reality-Kennenlernshow "Bauer, ledig, sucht" wird diesmal pure Magie vorgeführt: Zauberpendel bewegen sich beinahe wie von selbst, anderswo werden aus einfachen Gegenständen vom Bauernhof komplexe Gerätschaften zusammengefügt. Ausserdem huschen kleine Lebewesen über den Schirm, von denen manche auch korrekt identifiziert werden.
Geht eine Riesenschildkröte zur Polizei und meldet: "Ich wurde von zwei Weinbergschnecken überfallen!" Der Polizist nimmt ein Formular zur Hand. "Können Sie die Täter beschreiben?", fragt er. "Nein", seufzt die Schildkröte, "es ging alles viel zu schnell."
Fast genauso funktioniert "Bauer, ledig, sucht": Für alle Beteiligten ist die Sache sicherlich ungemein aufregend und mitreissend. Aber wie sieht es mit dem aussenstehenden Betrachter aus? Sagen wir mal: "Schnell" wäre nicht das allererste Adjektiv, das einem in den Sinn kommt.
Die MacGyver-Wippe
Erinnern wir uns beispielsweise an den Bauern Claudio, mit dessen erster Hofdame Marina wenig Zukunftsperspektive möglich war, weil sie einfach nicht so angetan von seinen Ziegen war. Bei Claudio geht die Liebe eben nicht durch den Magen, sondern durch die Ziege – weshalb seine neue Hofdame weitaus geeigneter scheint: Sie baut mit Claudio sogar eine Wippe für die Tiere.
Also: Man nehme einen Holzklotz. Und dann nehme man ein Holzbrett. Mit ein wenig Kombinationsgabe könnte man jetzt schon ahnen, wie man diese Utensilien miteinander zu einer Wippe verbinden kann – aber wer noch auf dem Schlauch steht: Irgendwo laufen sicher ein paar "MacGyver"-Wiederholungen.
So wippen die Tiere also. Links hoch, rechts hoch, meck-meck. Es ist wie ein Kindergeburtstag, nur mit mehr Hörnern.
Kinder und andere Hausgäste
Ach ja, Kinder: Isabella hat ja welche, die ihr Schatz Reto noch kennenlernen muss. Das verläuft, wie sollte es in dieser Sendung anders sein, sehr langsam und völlig ohne Komplikationen. Der aufregendste Part ist wohl, dass Isabellas zehnjähriger Bub "Danke" statt "Hallo" sagt.
Isabella hat aber auch noch andere possierliche Lebewesen in ihrer Wohnung: Hinter den Esoterik-Büchern über Magie, Wiedergeburt, Satanismus und Reality-Einschaltquoten steht ein grosses Terrarium, in dem eine kleine gelbe Schlange haust.
Sie holt das Tier aus dem Kasten und drückt es Reto sanft in die Hand. Während sich die Schlange friedlich an den Mann herankuschelt, ertönt dramatisch die Musik aus "Der weisse Hai". In einer Naturdoku würde man uns jetzt vielleicht noch erklären, an welchen Details das geübte Auge Hai und Schlange unterscheiden kann.
Expecto patronum!
Auch anderswo sorgt vor allem die Musikauswahl (wenn schon sonst nichts) für Heiterkeit. Martin marschiert mit Sandra und seinem Papa durch den verregneten Wald – diesmal nicht, um das Gewehr an die frische Luft zu lassen, sondern um Sandra die hohe Kunst des Pendelns zu demonstrieren.
Und – Potzblitz! – wenn man ein Pendel an einer Kette zwischen den Fingern hält, kann es durchaus passieren, dass es sich bewegt, aber das hält hier natürlich niemanden davon ab, unendlich fasziniert zu sein. Ganz wichtig: Für den vollen Effekt muss die Faszination sehr langsam über den Schirm kriechen.
Zu diesem magischen Erlebnis ertönt jedenfalls nicht das "Akte X"-Thema, sondern die bekannte Melodie aus "Harry Potter". Das passt: Man fühlt sich als Zuseher doch ohnehin schon lange so, als sei man hier in der Gewalt der Dementoren.
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