Krimifans aufgepasst: Bei unseren werten Schweizer Nachbarn versteckt sich eine wertvolle TV-Perle. Die Rede ist von der Mini-Serie "Der Bestatter", die derzeit ausgestrahlt wird. Ein Fernseh-Event, das so manchen "Tatort" alt aussehen lässt.
Wer hat's erfunden?
Die Schweizer natürlich. Bisher waren unsere Nachbarn nicht unbedingt für ihre durchschlagenden Fernseh-Produktionen bekannt. Das könnte sich ändern: "Der Bestatter" ist ein Gesamtkunstwerk des Schweizer Fernsehens, das im vergangenen Jahr mit niedrigen Erwartungen an den Start ging. Die erste Staffel bestand aus nur vier Folgen. Für die zweite Staffel wurden aufgrund des durchschlagenden Erfolgs der Serie in der Schweiz insgesamt sechs Episoden produziert.
Um was geht's?
Luc Conrad (gespielt von Mike Müller), Hauptkommissar bei der Kantonspolizei Aargau, wird nach dem Mord an einem Arbeitskollegen als Hauptverdächtiger unschuldig verhaftet. Auch wenn der Fall nicht endgültig aufgeklärt werden kann, entscheidet sich Conrad für einen Karrierewechsel. Deshalb übernimmt er nach dem Tod seines Vaters dessen Bestattungsunternehmen und wird dort weiterhin mit ungewöhnlichen Todesfällen konfrontiert. Weil Luc immer noch eine gute Beziehung zu seiner Ex-Kollegen und Ex-Freundin Anna Maria Giovanoli (Barbara Terpoorten) hat, die ihrerseits seine Stelle als Hauptkommissar übernommen hat, ermittelt er mit seinem kriminalistischen Spürsinn heimlich weiter für die Polizei. Da Conrad als Bestatter engen Kontakt zu den Angehörigen der Verstorbenen pflegt, verfügt er oftmals über wichtige Hinweise.
Die ehemalige Liebesgeschichte der beiden Hauptfiguren trifft also auf klassische Polizeiarbeit und den leicht morbiden Alltag eines Bestatters. Soweit die Story, die dank eigenwilliger Charaktere und verwirrender Fällen zum Hingucker wird.
Warum sollte man den "Bestatter" unbedingt sehen?
Idee und Farbgebung erinnern an die US-Bestatter-Serie "Six Feet Under", die Bildsprache und Besetzung an einen klassischen "Tatort", Humor und Hauptdarsteller an "Der Bulle von Tölz". Diese Mischung macht den "Bestatter" zu einem unterhaltsamen Krimi-Highlight mit oft unvorhersehbarer Handlung und jeder Menge Schweizer Klischees.
Die Pointen sind ein Freudenfest für deutsche Zuschauer: Wenn sich etwa zwei Schweizer schier unverständlich am Tatort unterhalten, bis einer der beiden selbst auflöst "... und jetzt noch mal auf Deutsch". Oder wenn der österreichische Pathologe mit Wiener Schmäh den sarkastischen Konterer mimt, wenn er über eine obduzierte Leiche sagt: "Den Spuren zu urteilen hatte er ein hartes, entbehrungsreiches Leben - also kein typischer Schweizer."
Doch nicht nur der Witz, vor allem auch die Spannungskurve des "Bestatters" ist absolut durchdacht. So schliesst ein Mordfall nicht mit dem Ende einer Folge ab, sondern hinterlässt verwirrte wie täterhungrige Zuschauer, die nach 60 Minuten eigentlich nur eines wollen: Dass der Krimi weitergeht und sich die mühevoll erarbeiteten Puzzleteile endlich zusammenfügen.
Versteht man die Schweizer überhaupt?
Das Schweizerdeutsch ist stellenweise überraschend klar verständlich, für Einwohner des süddeutschen Raums sicherlich noch mehr als für Nordlichter. Die Verständlichkeit der Darsteller wie auch der Story hängt allerdings stark davon ab, welcher Kommissar oder Handlanger gerade spricht. So hat man keine Probleme damit, Hauptkommissarin Giovanoli, Rechtsmediziner Dr. Alois Semmelweis oder auch dem Lausanner Bundespolizisten Lambert in ihren Ausführungen zu folgen. Beim Bestatter Conrad selbst - oder noch schlimmer beim ehrgeizig-neidischen Polizisten Doering - muss man dagegen genauer hinhören. Trotzdem hört man sich schnell in die Serie ein und versteht aufgrund deutlicher wie durchdachter Bildsprache auch ohne viele Worte, um was es gerade geht.
Wo kann man die Serie sehen?
Aktuell wird "Der Bestatter" ausschliesslich im Schweizer Fernsehen gezeigt, immer dienstags zur Primetime um 20:05 Uhr. Das Gute ist, dass man sich die einzelnen Folgen ab dem Tag der Ausstrahlung auf der Website des SRF kostenfrei ansehen kann. Aktuell gibt es dort die erste Folge der neuen Staffel zu sehen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.