In der dritten Folge von "Der Bestatter" jagt ein Familiendrama das nächste. Dabei bleibt die Spannung leider auf der Strecke - allen konstruierten Liebesaffären, Schwangerschaften und menschlichen Abgründen zum Trotz.
Worum geht's hier eigentlich?
Die verfeindeten und schwerverliebten Hindlisbacher Wirte Alfons Zender und Freddy Dössegger trauern um Joy, eine tödlich verunglückte Köchin. Als Alfons ermordet wird, richtet sich der Verdacht sofort gegen Urs, den Sohn der Toten. Er hasste Alfons abgrundtief. Schliesslich nistet sich Urs im Bestattungsinstitut Conrad ein - aber nicht, um den Ermittlungen zu entkommen, sondern weil es auf den Philippinen offenbar Brauch ist, Verstorbene eine Woche lang zu begleiten. Luc treiben sowohl der Fall als auch die Angehörigen von Joy jedoch recht bald in den Wahnsinn. Und Anna-Maria und Lambert? Die stossen bei ihren Untersuchungen des Aarauer Organskandals auf das schäbige Hotel Adria, das sich als Umschlagplatz des internationalen Organhandels entpuppt. Dort kommen sie allerdings nicht nur ihrem Fall näher, sondern auch sich selbst.
Wie nervenzerfetzend ist die Spannung?
Die Spannung hält sich in Grenzen. Der in der ersten Folge entdeckte Organhandelskandal zieht sich in die Länge, die Fälle von Joy und Alfons wirken sehr konstruiert. Dass ausgerechnet die betrogene Ehefrau für beide Morde verantwortlich ist, kommt wenig überraschend. Mit "Totenwache" kann der "Bestatter" leider nicht an den gekonnten wie durchdachten Spannungsbogen der vergangenen beiden Folgen anknüpfen.
Und das, obwohl sogar das Privatleben von Bestattungsunternehmens-Gehilfin Erika mit in die Handlung eingebunden wird! Luc gewährt erstmals Einblick in die Ehe seiner Eltern, wodurch schnell klar wird: Die Geliebte, die die Ehe von Lucs Eltern auf dem Gewissen hat, seinem Vater aber 30 Jahre lang die Treue hielt, war Erika.
Am meisten steigt die Nervosität beim Zuschauer durch das Verhalten von Polizist Doering an, der nicht nur wegen Anna-Marias Verhalten in Rage gerät, sondern auch mit noch ernsthafteren Problemen hinsichtlich seiner Arbeit zu kämpfen hat.
Ergibt das alles Sinn?
Nicht immer. Zwar sind die Geschichten in dieser Folge in sich stimmig, doch der Zusammenhang wirkt zu konstruiert. Zwei Morde mit unterschiedlichsten Motiven und der weitere Verlauf des Organhandelskandals treffen auf jede Menge verquere private Belange der Ermittler. Als wäre die Dreiecks-Beziehung zwischen Luc, Anna-Maria und Lambert nicht genug, wird auch noch Lucs Kindheitstrauma mit Erika aufgearbeitet und verzweifelt mit den aktuellen Geschehnissen in Verbindung gebracht.
Braucht man das Drumherum?
Anna-Maria verzieht sich mit Bundespolizist Lambert ins Schmuddelhotel, in dem die beiden sich endlich näher kommen. Luc-Sympathisanten sehen das Geknutsche aber gar nicht gern! Schliesslich ist der verschwiegene Bestatter keineswegs über seine ehemalige Kollegin und Freundin hinweg. Im Gegenteil: Die Turtelei mit dem Welschen geht ihm ziemlich auf die Nerven - ebenso wie dem treuen Zuschauer. Auch über die Notwendigkeit der in allen Längen und Breiten ausgeschlachteten philippinischen Totenwache lässt sich streiten.
Würde man diese Kommissare im Notfall rufen?
Nein. Denn die sonst so motivierten wie zuverlässigen Ermittler scheinen in diesen Episoden zu sehr mit sich selbst und ihren privaten Problemen beschäftigt zu sein.
Wie fies sind die Verbrecher?
Überhaupt nicht. Der Tod der Köchin war ein unglücklicher Unfall, der Mord an Alfons die Tat einer frustrierten, gehörnten Ehefrau. Das kommt, so Luc Conrad, in den besten Familien vor. Was den Organhandel angeht lässt sich weiterhin kein ausreichendes Urteil über die Täter fällen, da diese noch immer im Hintergrund agieren.
Musste man das sehen?
Sicherlich sollte man einschalten, wenn man bei der Geschichte rund um den Schweizer Organhandel weiter auf dem Laufenden sein will. Besonders hochkarätig war die dritte Folge des "Bestatters" allerdings nicht. Viel Lärm um nichts - erzwungene Mystik und Gefühle, wo keine sind. Wer die Information, dass Erika quasi Lucs Stiefmutter ist, braucht, hat es hier nun nachgelesen.
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