Die linke und die rechte Hand des Fernseh-Teufels: Joko und Klaas suchen "Die beste Show der Welt." Fündig werden sie in der Auftaktfolge bei einem typischen "Circus HalliGalli"-Spielchen. Das war zwar nur leidlich unterhaltsam, aber darum ging es gestern Abend auch gar nicht. Die Show war die Show.

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Dass das Duo Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf anders sind als andere Moderatoren, dürfte jedem klar sein, der einmal ihre Show "Circus HalliGalli" gesehen hat. Jeden Montag loten sie dort aufs Neue aus, was Fernsehen alles kann. Man mag den Humor der beiden nicht teilen, ihre Sendungen bizarr oder auch geschmacklos finden.

Eines aber dürften auch die härtesten Kritiker des Duos anerkennen: Die beiden wissen, wie Fernsehen funktioniert.

Wenn man nun eine Show namens "Die beste Show der Welt" macht, ist so ein Wissen natürlich von Vorteil. Hört man nur den Titel, liegt der Gedanke nahe, dass den beiden der Erfolg der vergangenen Jahre zu Kopf gestiegen ist. Doch "Die beste Show der Welt" heisst nicht so, weil sie die beste Show der Welt ist, sondern, weil dort die beste Show der Welt gesucht wird. Oder doch nicht? Oder doch?

"Die beste Show der Welt": die Quote entscheidet

Zunächst einmal ist "Die beste Show der Welt" ganz einfach eine Show. Dort treten Joko und Klaas gegeneinander an – wie sie es in ihren Sendungen schon so oft getan haben. Doch diesmal geht es nicht in Duellen um die Welt, diesmal gewinnt derjenige, der die Fernsehshow erfunden hat, die den meisten Zuschauern im Saal gefällt.

Dazu haben sich die beiden jeweils vier verschiedene Showformate ausgedacht, die sie in der Show vorstellen.

Für jede dieser Shows wird die Resonanz des Saalpublikums ermittelt. Der Verlauf der Einschaltquote wird dabei ständig eingeblendet. Erreicht die durchschnittliche Quote 100 Prozent, steht der Sieger sofort fest, sinkt sie auf null Prozent, wird die jeweilige Show direkt abgesetzt. Gewonnen hat am Ende die Show, die die höchste durchschnittliche Einschaltquote verzeichnen konnte.

Meinen die das ernst?

Die Shows, die die beiden dann gestern Abend präsentieren, sind mit Sicherheit nicht die besten Shows der Welt, sondern sehen so aus, als seien sie irgendwo im Konzeptstadium steckengeblieben. Vielleicht kann man die Spielchen am besten in die drei Kategorien "mittelmässig", "kenn' ich irgendwoher" und "habt ihr am Blitz geleckt?" einordnen.

So präsentiert Joko eine quietschbunte Gameshow aus Fernost, bei der alle japanisch reden, niemand weiss, worum es geht und Klaas am Ende in einem Tierkostüm von einem Bambusrohr geschlagen wird. Dem Saalpublikum ist das jedenfalls zu viel und es setzt die Show direkt ab.

Im Gegenzug veranstaltet Klaas ein Drohnenrennen, schickt den von Höhenangst geplagten Joko mal wieder über einen Höhenparcours oder lässt Promis Kätzchen beleidigen. Soweit also alles mehr oder weniger ganz normale Samstagabendunterhaltung: zwei launige Moderatoren, Spielchen, Wettkampf, nur alles ein bisschen schräger, bunter, abgedrehter.

Wer "Die beste Show der Welt" so lesen und sehen will, der hatte gestern mit Sicherheit einen kurzweiligen Abend, bei dem er sich wahrscheinlich das eine oder andere Mal gefragt hat: "Meinen die das ernst?"

Joko: "Sie haben keine Ahnung von Fernsehen"

Und genau das ist der eigentliche Clou der Show, das Spiel unter all den Spielen. Wenn Joko, nachdem seine Show abgesetzt wurde, dem Saalpublikum entsetzt vorwirft: "Das ist das "Wetten, dass...?" von Japan. Sie haben keine Ahnung von Fernsehen", dann macht die Show einen grossen Schritt Richtung Mediensatire.

Oder wenn Klaas mit einer Kandidatin ohne deren Wissen darum spielt, dass sie ihren Bruder nach langer Zeit wiedersehen darf oder ob der direkt nach Kolumbien weiterreist, dann wird da kein normales Spiel gespielt, sondern mehr oder weniger durch die Hintertür gefragt, was Fernsehen darf.

Als Klaas tatsächlich gewinnt, rauschen die Einschaltquoten jedenfalls in den Keller, nur um wieder hochzuschnellen, als die Kandidatin ihren Bruder trotzdem sehen darf.

Und wenn Joko, der bei der schlussendlichen Gewinnershow, bei der er eine WG gegen Geld verwüstet, auf Klaas' Enttäuschung über das Abschneiden von dessen Zaubereinlage antwortet: "Es kommt nicht darauf an, was man selbst macht. Es kommt darauf an, was die Leute sehen wollen", dann ist es fast schade, dass er den Zuschauer nicht selbst auf das Thoma'sche Bild vom Wurm, der dem Fisch schmecken müsse und nicht dem Angler, kommen lässt.

"Die beste Show der Welt" funktioniert

Etwas subtiler handhabt da Klaas das Spiel mit und um die Gunst der Zuschauer. Als seine Tierbeleidigungsshow "Kein Herz für Tiere" abgesetzt zu werden droht, ruft er hektisch: "Holt mehr Tiere!"

Damit setzt er den Schlussakkord, der dem Zuschauer noch nach Showende als ein Meer von offenen Fragen im Ohr schwingt: Was ist gute Unterhaltung? Was darf Fernsehen? Was will der Zuschauer sehen? Wie weit geht der Zuschauer? Ist eine Show die beste Show, nur weil sie am meisten Quote hat? Darf man einen Haufen Grütze senden, solange die Quote stimmt?

"Die beste Show der Welt" ist mit Sicherheit nicht die beste Show der Welt, derzeit wohl aber die raffinierteste. Denn egal, wie man die Show liest, ob als Unterhaltungsshow oder als grosse Mediensatire – sie funktioniert in beiden Fällen, aber vor allem im zweitem.

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