Horrorfilme aus Österreich haben immer noch Seltenheitswert. Und das völlig zu Unrecht. Umso bemerkenswerter ist es, wie der steirische Filmemacher Stefan Müller einen packenden Genrestreifen für nur 30.000 Euro stemmen konnte – mit Unterstützung von Schauspielgenie Peter Simonischek.
Eigentlich wollen Lena und Andi das Wochenende in der einsamen Berghütte nutzen, um ihre Beziehung zu retten. Beide sind angespannt, es ist viel passiert zwischen ihnen – und Lena ist sich nicht ganz sicher, ob es überhaupt noch Sinn hat, einen zweiten Anlauf zu wagen.
Dann taucht ein beunruhigter Jäger vor ihrer Hütte auf: Er sucht nach seiner Frau, die seit einer Woche hier in den Bergen verschwunden ist. Ein grausam zerfleischtes Reh und breite Blutspuren im Schnee lassen Schlimmes ahnen: Was für ein Biest treibt sich hier herum?
Mit dem Horrorfilm "Biest" wagt sich der Grazer Filmemacher Stefan Müller in ein Gebiet, das im österreichischen Film noch kaum erobert ist. Nach dem Erfolg von Andreas Prochaskas Alpen-Slasher "In 3 Tagen bist du tot" hätte man meinen können, dass die Zahl der Gruselproduktionen hierzulande ansteigen würde, tatsächlich bleibt das Genre eine Ausnahmeerscheinung. Es gab eine Fortsetzung zu den 3 Tagen, es gab Marvin Krens "Blutgletscher", Peter Kollers "Auf bösem Boden" und ein paar andere Independent-Produktionen - aber nach wie vor ist es ein ziemlicher Kampf, in Österreich einen Horrorfilm auf die Beine zu stellen.
Phantastik für ganz wenig Geld
Müller und sein Team, eine steirische Filmgruppe namens Loom, drehten "Biest" für die erstaunliche Summe von 30.000 Euro. Die Fähigkeit, filmische Ambitionen preiswert umzusetzen, entwickelte er früh. "Ich habe sicher gelernt, aus wenig viel zu machen", resümiert Müller seine vorangegangenen drei Spielfilme – ehrgeizige Amateurproduktionen, die mit noch weniger auskommen mussten und ebenfalls im Horrorgenre beheimatet waren. Das Gestalten einer phantastischen Welt reizt ihn dabei besonders: "Ich mag es, wenn eine Abbildung der Realität mit etwas Fiktivem interagiert und dadurch etwas komplett Eigenes und Neues entsteht."
Unterstützung erfuhr das "Biest"-Team unter anderem von prominenter Schauspielseite:
Kleines Geld, grosse Bilder
Ob mit oder ohne Prominenz: "Biest" behauptet sich im Vergleich zu weitaus teureren Produktionen so gut, dass seine Entstehung über weitere Strecken gar kein Thema sein muss. Müller und sein Kameramann Martin Schneider erzählen in stimmungsvollen, üppigen Kinobildern, tasten sich langsam in die steirische Berglandschaft und später in ein gewaltiges Höhlensystem vor. Gedreht wurde unter anderem am Grünen See in Tragöss und in der Lurgrotte, einer Tropfsteinhöhle in Semriach.
Noch beeindruckender ist es, wie der Film sich in die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten hineinbewegt. Dass es zwischen Lena und Andi Probleme gibt, ist von Anfang an klar. Was aber genau vorgefallen ist, erfährt der Zuseher erst nach und nach. Tatsächlich bildet die Geschichte von Lena und Andi das Rückgrat des Films. "Ich habe nach einem spannenden Beziehungsdrama gesucht und darin das Monster sozusagen als Bonus integriert", bestätigt Müller. Diese Beziehung funktioniert für den Zuseher auch aufgrund der bemerkenswerten Hauptdarsteller Stephanie Lexer und Paul Hassler – beide lassen ihre Figuren zu echten Menschen werden, packen einen emotional und erden gleichzeitig die Geschichte.
Zum Schluss geht dem Film ein wenig der Sprit aus. Da merkt man in den letzten Minuten dann doch, dass ihm eine Handvoll Euro mehr gut getan hätten, während sich die Story auf ein paar Genre-Allgemeinplätze reduziert und dabei die menschliche Geschichte aus den Augen verliert. Egal: "Biest" ist dennoch ein lohnenswertes und mitreissendes Filmerlebnis, das zeigt, welches Potential im österreichischen Film steckt – ob Genre oder nicht.
"Biest" ist auf der Plattform Flimmit als Video-on-Demand erhältlich. Eine DVD-Veröffentlichung ist in Planung. Das gesamte Interview mit Regisseur Stefan Müller finden Sie hier.
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