Es war eine besondere Nacht. Der Zarrella Giovanni, unser liebster Italo-Deutscher, hat in Offenburg ein Fest der Jubiläen und Jubeltage gefeiert und dazu etwa den Carpendale Howie, der unter anderem für seine 75. "Nach diesem Album ist Schluss"-Prognose geehrt wurde, sowie den Böhmermann Jan, den Rossi Semino, die Kelly Maite und den Reim-Clan eingeladen. Udo Jürgens, der im September seinen 90er gefeiert hätte, gedachte man auf der Sause ebenso.

Eine Satire
Diese Satire stellt die Sicht von Robert Penz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

20:15 Uhr: Der Zarrella Giovanni wolle mit ganz Deutschland feiern, kündigt uns die Stimme aus dem Off an. Wir freuen uns mindestens wie ein Mailänder Schnitzel. Und da ist er auch schon, unser italo-deutscher Superkicker und Supersänger. Puh, der rockt ja gleich zu Beginn total die Hütte. Ist das hier Wacken oder warum zieht uns der quer über die Birne so einen mörderischen Scheitel? Es gebe heute Party, befeuert der Zarrella Giovanni die Vorfreude in uns Partymäusen gleich voll weiter. Aha, aber das ist jetzt nicht gut, was er da singt. Mach das weg!

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Die Kelly Maite und ihr Problem mit den Brüdern

20:22 Uhr: "Wunderschönen guten Abend, Offenburg!", sagt der italo-deutsche Host nach seinem musikalischen Intro mit total viel Feeling in seiner Stimme. Sehr interessant: Die Kelly Maite, die wegen oder trotz eines unkonventionellen Jubiläums eingeladen wurde, macht heute den Anfang. Zum Jubiläum: Die Kelly Maite hat am Heiligen Abend 2023 unter dem Christbaum zum exakt 1.000. Mal ihren Bruder Joey, den Extremkelly, mit ihrem Bruder Paddy, dem Weihrauchkelly, optisch verwechselt, weshalb sie heute ihren Hit "Es ist einfach passiert" singt, mit dem sie sich bei den beiden entschuldigen möchte. Dass die Kelly Maite ihre alten Latex-Höschen zu einem Kleid schneidern hat lassen, ist kreislaufwirtschaftlich einfach nur wunderbar. Weniger wunderbar ist, dass der Text ihres Songs nicht wirklich einem Schuldbekenntnis gleichkommt: "Es ist einfach passiert, keiner kann was dafür", singt sie. Da wird der Extremkelly gleich wieder extrem sauer sein.

20:29 Uhr: Halleluja, der Reim Matthias, der glaubt, Anfang des Jahres sein 25. Kind gezeugt zu haben, und noch gar nicht weiss, dass es per saldo schon 32 sind, hat heute auch schon sehr zeitig seinen "Jubiläumsauftritt". "Um Himmels Willen, der doch nicht. Was willst du mit dem? Der doch nicht", singt er in seinem Track "Der doch nicht" über ein Kind, von dem er meint, es sehe ihm überhaupt nicht ähnlich. Es ist ein sehr trauriges Lied.

20:33 Uhr: Der Zarrella Giovanni interviewt eine Leonie aus dem Publikum. Sie sagt, sie sei freiwillig hier, was unmöglich stimmen kann.

20:34 Uhr: Die Engels Sarah, die in ihrem schwarzen Kleid sehr nett aussieht und den Song "Für immer" live singt, hat ob ihrer Jugend noch kein Jubiläum parat, neulich aber zum 150. Mal den Käfig ihres Hamsters ausgemistet, womit du bei den Jubiläen im Schlagergenre brisanztechnisch eh relativ weit vorn bist. "Ich will alles tun für dich, ich bin bereit alles aufzugeben", singt die Engels Sarah, die offenbar plant, künftig mehr Zeit in den Hamster zu investieren.

Viele Hassbriefe erreichen DJ Ötzi gar nicht

20:40 Uhr: Der P. Nik hat sich eben auf die Bühne geschoben. Geil, da kann man gleich wieder ein paar lässige "Ötzi DJ"-Jokes machen. Vorweg vielleicht: Der P. Nik wurde eingeladen, weil kürzlich der 25. seiner insgesamt über 600 Hassbriefe an den Ötzi DJ jüngst nicht zugestellt werden konnte. Ein sehr schönes Jubiläum. Dass ein Freund von mir, ein Hardcore-Schlagerfan, kürzlich geträumt hat, dass der P. Nik in das Haus vom Ötzi DJ eingebrochen ist, nur um in einer von dessen Strickmützen sein Geschäft zu verrichten, wollte ich zuerst gar nicht erzählen.

20:44 Uhr: Der Reim Matthias darf noch einmal auf die Bühne und ein Medley singen. Bei "Verdammt, ich lieb dich" lässt sich eine 65-Jährige dessen Konterfei auf die rechte Arschbacke tätowieren, während sie Pommes rot-weiss isst. Bitte beruhigen Sie sich, in Schlagerkreisen ist das total normal!

20:53 Uhr: Die Stürmer Christl, die jetzt auch schon seit zwei Jahrzehnten auf der Bühne steht, singt zunächst ihren Track "Ein halbes Leben", dann gemeinsam mit dem Host ihren Song "Seite an Seite", bei dem plötzlich vier weitere Menschen, die absolut keine Sau kennt, auf die Bühne kommen und mitträllern. Ah, es sind irgendwelche Talente aus der Show "The Voice", klärt uns der Zarrella Giovanni auf, der es eben zum ersten Mal in seinem Leben geschafft hat, in einem Song kein italienisches Wort unterzubringen. Ist das schon ein Jubiläum?

Hühneraugen sind kein Grund, Howie

21:05 Uhr: Endlich! Der Carpendale Howie, den man zuvor auf einen Barhocker geschweisst und auf die Bühne gestellt hat, singt irgendeinen typischen "Carpendale Howie"-Song. Obwohl der Südafrikaner zuletzt so gut wie immer bei der Giovanni-Zarrella-Show dabei war, wollte er unbedingt auch dieses Mal mit von der Partie sein, weshalb er dem Gastgeber im Vorfeld offenbarte, dass er sich neulich zum 250. Mal in seinem Leben ein Hühnerauge habe rausschneiden lassen, was der Giovanni Zarrella als Jubiläum eher suboptimal fand. Die bemühte Redaktion des Italo-Deutschen konnte dann im Zuge einer Recherche noch in Erfahrung bringen, dass der Carpendale Howie am Tag vor seiner letzten Hühneraugenbehandlung in einem Interview zum 75. Mal in seiner Karriere "Nach diesem Album ist Schluss" gesagt hat, weshalb man ihn doch ruhigen Gewissens einladen konnte.

21:18 Uhr: "Du bist einfach wunderbar!", sagt die Stimme aus dem Off über die Jung Claudia, die heute ihren 60. Geburtstag nachfeiert, in Kürze zum 25. Mal die Karl-May-Festspiele in Katzenhirn besuchen wird und im vergangenen Jahr zum 40. Mal nicht in die Show vom Silbereisen Flori eingeladen wurde. Also: Die Frau hat es sich ob dieser Flut an Jubiläen redlich verdient, hier und heute aufzutreten. Nicht so wie der Carpendale Howie, der alte Hühneraugen-Poser, dem auch nicht klar zu sein scheint, dass Hühneraugen in Deutschland nicht als Statussymbol gelten und kein Ausdruck von Erfolg, Reichtum und Macht sind. Seltsam, dieses Südafrika.

21:30 Uhr: "Hier ist für uns nochmal Michelle", sagt der Zarrella Giovanni. War die heute echt schon mal da, oder wie? Ich kratze mich am Kopf! Warum die Michelle heute eingeladen ist? Na weil sie ihrem Bayerischen Gebirgsschweisshund "Schweissi" Mitte April das 800.000. Leckerli gegeben hat. "Belissima, komm zu mir", sagt der Zarrella Giovanni zur Michelle nach ihrem Auftritt.

Im memoriam Udo Jürgens

21:38 Uhr: Der Zarrella Giovanni hält eine kurze Eloge auf Udo Jürgens, der im kommenden September seinen 90. Geburtstag gefeiert hätte. Mit dem Orchester Pepe Lienhard erweist der Host dem 2014 verblichenen Österreicher mit einem Medley die Ehre, wobei Jürgens bei seinen Hits "Ich war noch niemals in New York", "Ein ehrenwertes Haus" und "Mit 66 Jahren" von der Leinwand mitträllert.

21:48 Uhr: "Das ist ja das erste Mal seit zehn Jahren, dass wir mit Udo auf der Bühne stehen", sagt der Lienhard Pepe, der mit seinem Orchester Udo Jürgens 37 Jahre begleitet hat, mit feuchten Augen.

21:54 Uhr: Die Reim Marie, die Tochter von der Michelle und dem Reim Matthias, macht auf Rockröhre. Die Texte? So zum Beispiel: "Du hast so schöne Lippen, warum fragst du damit nicht, 'Was willst du trinken?'"

Finne fordert Gratis-Scheisshäuser

22:05 Uhr: Der Haber Samu, der alte finnische Rocker, der im letzten Winter seinen 5.000 Saunagang absolviert hat und kurz danach zum fünften Mal finnischer Vizemeister im Handyweitwerfen geworden ist, was ihn ganz automatisch für die Giovanni-Zarrella-Show qualifiziert hat, taucht nun auf und bringt den Zarrella Giovanni umgehend ins Schwitzen. Was für ihn typisch deutsch sei, will der Host vom Haber Samu etwa wissen. "Das Autobahnscheisshaus wofür muss man bezahlen. In Finnland Autobahnscheisshaus sind nämlich total frei" (sic!), antwortet der Finne, der danach noch lautstark "Freiheit für Scheisshaus, Freiheit für Scheisshaus!" fordert und hoffentlich damit auf Lebenszeit einen Stammplatz in der Giovanni-Zarrella-Show ergattert hat.

22:29 Uhr: Oh, der Rossi Semino, der einst als Strassenmusiker von einer Plattenfirma entdeckt wurde, die man dafür bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen hat, und vor 20 Jahren zum ersten Mal im deutschen Fernsehen aufgetreten ist, kommt relativ unelegant die Showtreppe hinunter. Sein alter Freund Umberto, mit dem er einst auf Österreichs Strassen musiziert hat, taucht als Überraschungsgast auf und beschert dem Argentinier feuchte Augen. Der Rossi Semino singt dann ein Medley, das es leider nicht auf Compact Disc gibt.

Die Gewinner des New-Face-Awards.

Das sind die Gewinner des New Faces Awards

Am 2. Mai fand in Berlin die Preisverleihung für deutsche Nachwuchstalente aus dem Bereich Film und Fernsehen statt. Diese vier Nominierten haben beim New Faces Award das Rennen gemacht. (Foto (Picture Alliance/Jörg Carstensen))

22:42 Uhr: Apropos Überraschungsgast! Der Böhmermann Jan taucht – warum genau, weiss niemand – im, wie er sagt, "menschengrossen Pistazien-Tartufo" sowie mit blau geschminkten Augen ebenso plötzlich in der Show auf. Er singt dort mit dem Host den Prince-Klassiker "Kiss" und erinnert an eine hagere Ausgabe der 1988 verstorbenen US-Dragqueen Divine ("Shoot your Shot"). Der Böhmermann Jan bleibt leider völlig unproblematisch.

23:02 Uhr: Der Rossi Semino darf nochmal rauskommen und seinen total packenden Ohrwurm "Ja, ja, ja, ja" zum Besten geben.

Keine Hühneraugen: Frauen enttäuscht

23:11 Uhr: Der Hühneraugen-Howie, den sie jetzt hinter der Bühne gut zwei Stunden vom Barhocker geflext haben, muss auch nochmal schwer arbeiten und seine südafrikanischen Lippen zu einem Medley bewegen. Drei Frauen im Publikum suchen verzweifelt zwischen den Riemen ihrer römischen Sandalen nach südafrikanischen Statussymbolen, können aber keine Gemeinsamkeiten mit ihrem Idol entdecken und vergessen dann in ihrer Enttäuschung auch noch den Text von "Ti amo".

23:15 Uhr: "Liebe Zuschauer zu Hause, ich hoffe, wir durften ihnen drei wundervolle Stunden schenken – voller Liebe und mit grossen Momenten und grosser Unterhaltung", sagt der Zarrella Giovanni am Ende eines harten Stück Abends, während neben ihm der Carpendale Howie von einem Fuss auf den anderen hüpft. Und sicher schon wieder die eine oder andere lokale Verdichtung der Hornhaut züchtet. Auf Wiederlesen!

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