Vor zehn Jahren produzierte der französische Kino-Altmeister Luc Besson mit "Ghettogangz - Die Hölle von Paris" einen echten Action-Überraschungshit. Das war zu einem grossen Teil den spektakulären Stunts von Parkour-Begründer und Hauptdarsteller David Belle zu verdanken. Jetzt wurde der Stoff mit Paul Walker für den US-Markt neu verfilmt. Es ist die letzte komplett abgedrehte Rolle des "Fast & Furious"-Stars.
Amerika im Jahre 2018: Weil die Situation in Detroit ausser Kontrolle geraten ist, wurde um das Elendsviertel Brick Mansions ein meterhoher Schutzwall errichtet. Schulen und Krankenhäuser sind längst geschlossen und die Polizei begnügt sich damit, an Grenz-Checkpoints aufzupassen, dass sich niemand unbefugt in die Zivilisation verirrt und umgekehrt. Drogenbaron Tremaine (Rapper Robert Diggs alias RZA) und seine Privatarmee haben das Ghetto fest in ihrer Hand. Einzig der Franzose Lino (David Belle) wehrt sich gegen die Zustände und wischt den Ganoven eins aus, wo er nur kann.
Ausserhalb von Brick Mansions ist der ehrgeizige Cop Damien Collier (
Motor City im Hollywood-Fleischwolf
Von den Problembezirken vor Paris verlegten Produzent Luc Besson und Regisseur Camille Delamarre das Setting in die USA. Um genauer zu sein nach Detroit. Die Entscheidung, den Film in der "Motor City" spielen zu lassen, kommt nicht von ungefähr. Nach einem Insolvenzantrag im Sommer 2013 und einer Arbeitslosenrate von rund 18 Prozent steht Detroit mit seinen verlassenen Fabrikanlagen und Wohnvierteln sinnbildlich für den wirtschaftlichen Niedergang der Vereinigten Staaten.
In diesem trostlosen Ambiente wiederholt sich die Handlung von "Ghettogangz" nahezu identisch. Das ist deshalb schade, weil der neue gesellschaftliche Kontext dem Film eine eigene Tiefe hätte verleihen können. Stattdessen wird die Story leider einfach nur durch den Hollywood-Fleischwolf gedreht und bekommt dabei auch noch eine völlig unsinnige Wendung verliehen.
Weniger Klasse als das Original
Achtung, Spoiler: Anstelle von Linos Schwester kidnappt Gangsterboss Tremaine in "Brick Mansions" dessen Ex-Freundin. Die wird auch nicht wie im Original unter Drogen gesetzt, sondern lediglich eingesperrt. Am Ende entpuppt sich der Drogenboss dann sogar als gar nicht so übler Kerl, versöhnt sich mit den beiden Protagonisten und kandidiert nach dem "Mauerfall" für das Bürgermeisteramt. In "Ghettogangz" hingegen wird er von seinen eigenen Leuten gestürzt und konsequenterweise über den Jordan geschickt. Spoiler Ende.
Hinzu kommt, dass die Actionsequenzen nicht die Klasse des Originals erreichen. Zwar übernimmt Parkour-Legende David Belle seine Rolle aus "Ghettogangz" auch im Remake, allerdings wirken die Stunts nicht mehr so elektrisierend wie noch vor zehn Jahren. Das liegt zum Teil einfach daran, dass Parkour-Elemente in Actionfilmen heute nicht mehr denselben "Aha"-Effekt auslösen wie damals. Zum anderen verleiht die überkandidelte Regie von Camille Delamarre dem Ganzen eine unnötige B-Movie-Hektik.
Paul Walker erledigt seinen letzten Job
Anders als sein 2008 verstorbener Kollege Heath Ledger hinterlässt Paul Walker mit "Brick Mansions" keine Rolle für die Ewigkeit. Der Film ist weit davon entfernt, solch einen Anspruch zu erheben. "Brick Mansions" ist nicht "Dark Knight" und Paul Walker ist nicht Heath Ledger. Der Hauptdarsteller erledigt hier einfach seinen Job und macht genau das, wofür die Fans ihn lieben: Action. Nicht weniger, aber eben auch nicht viel mehr.
Wäre Walker im vergangenen Jahr nicht bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen, so würde "Brick Mansions" mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Straight-to-DVD-Veröffentlichung oder bestenfalls ein stark limitiertes Gastspiel in den Kinos winken. Das wäre auch völlig in Ordnung. Als Paul Walkers letzter Film aber bekommt dieses im Grunde völlig unnötige Remake eine Bedeutung zugewiesen, der es nicht gerecht werden kann. "Brick Mansions" ist kein Vermächtnis, sondern ein durchschnittlicher Actionfilm mit einem traurigen Hintergrund.
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