Mit "Der Pass" hat der Bezahlsender Sky seine dritte Eigenproduktion innerhalb kurzer Zeit veröffentlicht. Die deutsch-österreichische Serie lehnt sich eng an internationale Vorbilder an – und muss den direkten Vergleich nicht scheuen.
Eine Leiche wird gefunden. Sie ist auf einem Grenzstein drapiert, in der Hand ein Haarschweif. Der Ort des Fundes bringt es mit sich, dass sich Kommissare aus zwei Ländern mit dem Fall beschäftigen müssen. Dieser wird nicht nur dank weiterer Morde komplizierter und mysteriöser – auch Eigenheiten und Vorurteile der ermittelnden Beamten sorgen für Spannung(en).
Das ist die Ausgangssituation von "Der Pass", der neuen Eigenproduktion des Bezahlsenders Sky - und wenn Ihnen das alles bekannt vorkommt, liegen Sie richtig. Die schwedisch-dänische Erfolgsserie "Die Brücke" diente als Vorlage.
Der Hit aus dem Norden ist mittlerweile so etwas wie ein gut laufendes Franchise geworden; neben der recht bekannten US-Version mit
Die Geschichte ins Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich zu verlegen, ist eine so grossartige wie naheliegende Idee. Die Mystik der Berge, die düsteren Wälder, das archaische Brauchtum um den finsteren Krampus – dieser bedrückende Rahmen für die Jagd auf einen psychopathischen Mörder kann mit den alptraumhaften Sümpfen Louisianas aus der ersten Staffel der Erfolgsserie "True Detective" locker mithalten.
"Der Pass": Zwischen Klischee und Hochspannung
Und auch die Besetzung muss den internationalen Vergleich nicht scheuen. Mit
Doch genau dieses Bemühen, den hohen Standards internationaler Produktionen gerecht zu werden, lässt zunächst keine echte Freude an "Der Pass" aufkommen. Zu erdacht wirken die Figuren, zu konstruiert der Fall, zu schäbig Winters Stammkneipe.
Schon das erste Zusammentreffen der beiden Hauptfiguren ist ein Feuerwerk altbackener Klischees. Stocker erscheint natürlich in winterfester Funktionskleidung, frisch geduscht und voller Tatendrang. Winter kommt im offenen abgeranzten Pelzmantel, mit fettigem Haar und chronisch schlechter Laune.
Natürlich geht ihm alles "am Oarsch vorbei". Regeln und Manieren sowieso, aber auch der "richtige Weg", der Kollegin Stocker so wichtig ist. Wer bei Austro-Pop feuchte Augen bekommt (und Wanda für eine gute Band hält), mag sich an den zum hundertsten Mal bemühten Ösi-Piefke-Klischees ja erfreuen. Der Rest der Zuschauer fragt sich, warum er sich diese vielfach durchgenudelten Zwistigkeiten einmal mehr antun soll.
Doch durchhalten lohnt sich. Wirklich! Denn – auch das ist zwar vorhersehbar, aber mitreissend umgesetzt – die Figuren wandeln sich. Stockers wohlgeordnete Welt bekommt einen Riss nach dem anderen; beruflich wie auch privat geht es Richtung Abgrund.
Auf der anderen Seite leistet sich Winter plötzlich ein Gewissen. Ein Vorzeige-Bulle wird aus ihm nicht mehr werden, doch er ist bereit, für Gerechtigkeit bis zum Äussersten zu gehen.
Das Beste kommt zum Schluss
Es ist fesselnd, Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek dabei zuzuschauen, wie sie aus sich und ihren Charakteren im Laufe der Serie immer mehr herausholen. An innerlich zerrissenen, von Selbstzweifeln geplagten Charakteren haben sie deutlich grössere Freude als an den schablonenhaften Figuren zu Beginn.
Komplettiert wird die Besetzung durch den ganz grossartig aufspielenden
Von "Die Brücke" gibt es mittlerweile vier Staffeln. Bleibt zu hoffen, dass "Der Pass" – trotz Startschwierigkeiten – sein Publikum findet und mehr als eine Staffel zu sehen sein wird.
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