Lebenslauf war gestern, heute ist Fallschirmspringen: Bei "Der Traumjob" sucht Unternehmer Jochen Schweizer mit Extrem-Erlebnissen nach einer neuen Geschäftsführung. Als TV-Show ist das Ganze dann aber eher gewöhnlich.

Christian Vock
Eine Kritik
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Was haben Arbeitgeber nicht alles versucht, um den besten Bewerber für die ausgeschriebene Stelle zu finden. In Assessment-Centern basteln Manager Papierdrachen um die Wette, beim Job-Speeddating lügen Bewerber das Blaue vom Himmel, nur eben schneller und mit Sinnfrei-Floskeln wird nach Gutgläubigen gefischt, wo doch jeder weiss, dass auch bei "flachen Hierarchien" immer irgendwer der Boss ist – nur eben nicht man selbst.

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Der Event-Unternehmer Jochen Schweizer versucht nun eine andere Methode: eine Fernsehshow. Zugegeben, der Umstand, dass seit Jahrhunderten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch ohne TV-Show zueinander gefunden haben, spricht für den Anfangsverdacht, dass es bei "Der Traumjob – bei Jochen Schweizer" weniger um den Traumjob, als vielmehr um Jochen Schweizer geht.

"Der Traumjob": Jochen Schweizer sucht per TV nach Geschäftsführung

Aber sei's drum, es gab schon schlimmere Gründe für eine TV-Show und solange man das Ganze noch mit guter Fernsehunterhaltung rechtfertigen kann, ist es einen Versuch wert. Wie sich Schweizer und ProSieben gute Fernsehunterhaltung vorstellen, sieht dann so aus:

Aus 4.500 Bewerbern haben sich Schweizer und sein Team elf Kandidaten ausgesucht, die sie für generell geeignet für die Geschäftsführung eines seiner Unternehmen halten.

Zusammen mit Schweizer persönlich geht es nun in der Show darum, bei verschiedenen Aufgaben aus dem Event-Portfolio des Unternehmens die Gruppe so zu dezimieren, dass am Ende nur der Sieger oder die Siegerin übrigbleibt.

Das klingt ebenso simpel wie unoriginell – und ist es auch. Doch Jochen Schweizer hat sich für diesen Weg aus zwei Gründen entschieden. Zum einen, weil er glaubt, dass man nur ein guter Geschäftsführer ist, wenn man die Produkte selbst ausprobiert hat. Das scheint ein sehr innovativer Ansatz zu sein, denn dass beispielsweise die Geschäftsführer eines Krankenhauses auch selbst operieren oder Plattenfirmenchefs auch selbst singen können müssen, davon war bislang nichts bekannt.

Vielleicht liegt die Entscheidung für den Event-Wettbewerb auch schlicht daran, dass es ein bisschen fernsehtauglicher aussieht, wenn sich die Bewerber aus einem Helikopter stürzen, als wenn sie in einem Bewerbungsgespräch nach ihren Stärken und Schwächen gefragt werden.

Für Jochen Schweizer aus dem Heli springen

Etwas logischer erscheint da schon Grund Nummer zwei: Jochen Schweizer habe viele seiner Geschäftsführer bei persönlichen Erlebnissen kennengelernt und gemerkt, dass er dabei Menschen besser einschätzen kann, als wenn er mit ihnen gemeinsam durch die Buchführung geht.

"Aus dem Heli zu springen ist natürlich kein hartes Einstellungskriterium. Aber es sagt mir viel über die Bewerber. Nämlich, ob sie bereit sind, sich auf eine neue Situation einzulassen. Ob sie in der Lage sind, ihre Angst zu kontrollieren. Und Menschen, die das können, passen sehr gut in unser Team", erklärt Schweizer seinen Bewerbungsansatz.

Dass es nur um Jochen Schweizer geht, würde Jochen Schweizer also verneinen, auf der anderen Seite ist er auch Geschäftsmann, der weiss, wie man seine Marke in Szene setzt. Er hätte seinen Geschäftsführer sicher auch ohne ProSieben gefunden.

Also geht es mit seinen Bewerbern quer durch die Jochen-Schweizer-Erlebnis-Welt: Kajak-Fahren, Windkanal-Fliegen, Fallschirmspringen und so weiter. Autos zertrümmern, Grosskaliber schiessen oder eine "The Living Dead Experience" ist bei Jochen Schweizer übrigens auch im Angebot. Wie gut kann schon ein Geschäftsführer sein, der sich noch nie hat von Zombies jagen lassen?

"Der pennt nicht nackt, dafür sorge ich"

Doch Schweizer kann es auch eine Nummer kleiner. Zum Testen der Kandidaten hat Schweizer diese in einer Münchener Villa untergebracht – in Doppelzimmern. "Wir werden sehen, was passiert", will Schweizer sehen, was passiert. Die Kandidaten gehen die Aufgabe jedenfalls offensiv an: "Der pennt nicht nackt, dafür sorge ich", erklärt zum Beispiel Kandidat Zilbear hinsichtlich seines Zimmergenossen.

Für eine etwas grössere Herausforderung lässt Schweizer die ganze Truppe nach Kenia fliegen, damit sie dort eine Rinderherde zu einem Wasserloch treibt. Er hätte dafür natürlich auch in die Schwäbische Alb fahren können, aber Schweizer will die Bewerber an Orte führen, die ihm etwas bedeutet haben. Vielleicht sieht es aber so einfach nur spektakulärer aus.

Jochen Schweizer jedenfalls ist von seinem Ansatz überzeugt, weshalb er sein Selbstwerdungsmantra auch die ganze Folge in diversen Formen wiederholt: "Man kann das Leben nur gefährlich leben" oder "Am Ende des Tages geht es um den Charakter. Alles andere kann man lernen."

Umso erstaunlicher ist dann, dass jemand, der so viel von persönlicher Entwicklung redet, anderen diese nach nur wenigen Stunden abspricht: "Ich meine verstanden zu haben, welche Bewerber nicht das Potenzial haben, sich weiterzuentwickeln", erklärt Schweizer über die Kandidaten, die er noch vor der Reise nach Kenia aussortiert.

"Das sind alles Plattitüden im Endeffekt"

Nun kann man Schweizers Ideen teilen oder nicht, die wichtigste Frage für den Zuschauer ist: Funktioniert das Ganze als Fernsehunterhaltung? Was den Action-Part anbelangt, ist es eigentlich reichlich egal, wer da nun schon wieder im Fernsehen aus dem Heli hüpft und aus welchem Grund. Das hat man nun schon ein bisschen zu oft gesehen.

Spannender ist da schon das Menschliche. So zeigen die Bewerber die ganze Folge über, was sie nicht alles an Business-Jargon aus den 1990ern mitgenommen haben.

Als dann aber alle vor den Mitarbeitern eine Spontanrede halten müssen, entlarvt Kandidat Frank das ganze Sprach-Gedussel selbst: "Wir alle wachsen an Niederlagen, wir alle wollen uns weiterentwickeln. Gemeinsam sind wir stark", fängt er an und merkt dann selbst: "Das sind alles Plattitüden im Endeffekt."

Und so bleibt von "Der Traumjob – bei Jochen Schweizer" am Ende ein bisschen Business-Bullshit-Bingo, ein bisschen Action-Getue, ein bisschen Marken-Building, ein bisschen Guru-Ästhetik, aber immerhin ein Hauptdarsteller, der einigermassen sympathisch seine Glaubenssätze vermittelt.

Ob das schon gute Fernsehunterhaltung ist? Es dürfte das erste Mal sein, dass Jochen Schweizer hier nicht an seine Grenzen gegangen ist.

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