ProSiebens Erfindershow "Das Ding des Jahres" ist nach wie vor ein bisschen die Amateur-Variante von "Höhle der Löwen". Überzeugen kann die Show weniger durch das Marktpotenzial der Erfindungen, als vielmehr durch die Leidenschaft ihrer Erfinder. Beim Sieger von Folge vier gab es allerdings beides.

Christian Vock
Eine Kritik
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Sie denken, Sie haben schon alles, was Sie brauchen? Sie denken auch, dass Sie bisher in ihrem Leben ganz gut zurechtgekommen sind? Dann liegt das wahrscheinlich nur daran, dass Sie bisher noch nicht "Das Ding des Jahres" bei Pro7 gesehen haben.

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In der Erfinder-Show geht es traditionell selten um Dinge, die die Menschheit wirklich voranbringen. Ein zweites Rad oder Feuer wird man dort also weniger finden, stattdessen geht es um Dinge, die im besten Fall das Leben ein wenig leichter machen. In Summe also eher Luxusprodukte, wenn man Luxus nicht über den Preis definiert.

"Den Deckel gibt keine Frau mehr her"

Und so sah man bei "Das Ding des Jahres" bereits neue Versionen vom Honiglöffel, der Zitruspresse, dem Trichter oder dem ferngesteuerten Auto. Nichts davon hilft gegen wirkliche Probleme, verspricht aber immerhin Erleichterung beim Schmieren eines Honigbrötchens.

Die Erfindungen, die am Dienstagabend in Folge vier der aktuellen Staffel vorgestellt wurden, reihen sich nahtlos in die Sammlung einigermassen nützlicher Alltagshelfer ein. Zum Beispiel die Kochblume.

Deren Erfinder, Armin Harnecker, denkt seit 30 Jahren über eine Lösung für überkochende Töpfe nach. Endergebnis dieses Nachdenkens ist ein Silikontopfdeckel, der überkochende Flüssigkeit auffängt und laut Erfinder auf "jedem Topf funktioniert", egal, welches Fabrikat oder welche Grösse. "Jetzt kann ich auch mal die Schränke entrümpeln", erklärt der 73-jährige Erfinder den Zusatzmehrwert seiner Erfindung.

Ausserdem kann man die Kochblume auch zum Garen verwenden. Dazu muss man lediglich das zu garende Gemüse in die Kochblume legen und den Topfdeckel, den man zuvor ja eigentlich entrümpelt haben sollte, wieder auf die Kochblume setzen. Durch die Öffnung in der Mitte der Blume wird das Gemüse nun gegart.

Kurzum: Klingt durchaus nach einem nützlichen Gebrauchsgegenstand oder wie es der Erfinder selbst ein wenig sexistisch erklärt: "Den Deckel gibt keine Frau mehr her, die den einmal hat."

Jurorin Lena Gercke hat es trotzdem gefallen: "Also mir haben Sie's gut verkauft." In der Tat klingt die Kochblume nach einem Produkt, das unter all den Produkten für Hobbyköche durchaus bestehen könnte.

Und wo bleibt der Spass?

Einen ähnlichen praktischen Nutzen versprechen auch die anderen Produkte, die in Folge zwei vorgestellt werden. Ein Messerschleifgerät, eine Zusatzsonnenblende fürs Auto, eine Kieferentspannungsbandage, eine Konzentrationskappe, Stützräder für die Schneeschaufel oder ein Fahrrad mit Hand- und Fussantrieb.

In der Kategorie "Der Name erklärt eigentlich schon alles" traten zudem ein Multifunktionsbollerwagen, eine Rückenentspannungsrollenmaschine und die Papierfliegerfaltmaschine an. Allerdings hat diese den mit Abstand geringsten Nutzen – dafür hatten Publikum, Erfinder, aber vor allem Juror Joko Winterscheidt mit der Maschine am meisten Spass.

Der sollte in einer TV-Unterhaltungsshow, die "Das Ding des Jahres" ja sein möchte, natürlich nicht zu kurz kommen. Seinen Charme zieht die Show zum einen aus den manchmal etwas ungelenk vorgetragenen Produktpräsentationen, die nur durch die Begeisterung für das eigene Produkt wettgemacht werden.

Zum anderen durch das Damokles-Schwert des Scheiterns, das über jeder Produktpräsentation schwebt. Wie zum Beispiel der von Ralf Reitmeier. Der 56-Jährige hat dem Schimmel-Ex, dem Flecken-Ex und dem Tipp-Ex eine weitere Ex-Erfindung hinzugefügt – den Sonnen-Ex. Mit der ansteckbaren Zusatzsonnenblende soll besonders tief stehender Sonne beim Autofahren das Blenden genommen werden.

Die Kochblume zieht ins Finale ein

Als Reitmeier sein Produkt präsentiert und auf eine normale Sonnenblende montiert, fällt Lena Gercke die enorme Sichtfeldverkleinerung auf: "Dann sehen Sie ja gar nichts mehr." Doch der Erfinder lässt sich nicht entmutigen und verteidigt seine Erfindung mit allem, was er hat. Dass es gegen blendende Sonnenstrahlen bereits eine recht praktische Erfindung gibt, die unter dem Namen Sonnenbrille bekannt geworden ist, erwähnt jedoch niemand.

Trotzdem erreicht Reitmeiers Sonnen-Ex einen achtbaren dritten Platz, als die Zuschauer im Studio abstimmen, welches der Produkte am hilfreichsten erscheint. Das sollte am Ende die Kochblume sein. 32 Prozent der Studio-Zuschauer waren der Meinung, dass der Silikontopfdeckel die Chance haben sollte, bei der Finalshow am 26. März um die 100.000 Euro Preisgeld anzutreten.

Neben den Zuschauern entscheidet auch die Jury, bestehend aus den Moderatoren Lena Gercke und Joko Winterscheidt sowie Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer und Rewe-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog über Nutzen oder Nichtnutzen der Erfindungen.

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