Da ist sie auch schon wieder Geschichte, die ungewöhnlichste Dschungel-Saison, seit uns RTL das Ekel-TV geschenkt hat. Kein echter Dschungel, keine echten Prüfungen und kein echtes Lagerfeuer. Die einzige Konstante sind eigentlich nur: Daniel Hartwich und Sonja Zieltow (also keine echten Moderatoren) und 12 Kandidaten, die keine echten Promis sind.
Oder keine echten Promis waren, damals, vor 15 Tagen, als die Dschungelshow startete und noch so vieles anders war auf der Welt. Trump war noch US-Präsident, Deutschland hatte noch Hoffnung, Jens Spahn und Ursula von der Leyen würden die Impfstoff-Beschaffung nicht so dramatisch gegen die Wand fahren, niemand kannte Filip Pavlović und keiner konnte sich an Djamila Rowe erinnern. Zumindest Rowe und Pavlović sind jetzt Promis und Lieblinge der IBES-Fangemeinde.
Schon bevor das Finale richtig losgeht, gibt es also Gewinner. Neben
Bislang kannte man
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Ich habe Zoe danach noch ein paar Mal relativ unbeteiligt auf verschiedenen Berlin Fashion Weeks in der Ecke rumstehen sehen, aber dabei auch nicht unbedingt den Eindruck gewonnen, die Nation würde ausgerechnet ihr eines Tages an den Lippen hängen. Little Did I know, denn heute muss ich sagen: Hätte ich den Finalplatz von Gammelfleisch-Prince-Charming Lars Tönnies-Feuerborn an Zoe geben dürfen, ich hätte es sofort gemacht.
Ähnlich sieht es mit Djamila Rowe aus. Sie ist ein bisschen der GameStop der Dschungelshow. Am Anfang belächelt und alle haben grosse Summen darauf gewettet, sie würde sehr schnell einbrechen, rausfliegen und für immer in der Versenkung verschwinden. Aber dann kam ein rebellisches Internet und zeigte dem überheblichen TV-Establishment und den zahllosen vermeintlichen Experten die lange Nase. Und, dass es neben Schwarm-Intelligenz vor allem auch Schwarm-Solidarität gibt.
Djamila Rowe mausert sich zum IBES-Publikumsliebling
Das ist doch eigentlich ein schönes Zeichen, vor allem in einer Entertainment-Industrie, der landläufig gerne nachgesagt wird, sie würde eine Lebensrealität kreieren, die den Menschen suggeriert, man müsse als Frau möglichst jung, makellos und freizügig sein, um Erfolg zu haben.
Djamila ist nicht jung, ist nicht (mehr) freizügig und auch nicht makellos. Sie steckt aber mit ihrer Art alle durchtätowierten Sonnenstudio-Häschen, die in String-Tangas von der Grösse eines Schnürsenkels durch die zahllosen Trash-TV-Formate der deutschen Fernsehlandschaft hoppeln, und deren unterbelichteten Verehrer locker in die Tasche.
Djamila ist echt, sympathisch und daher zu Recht im Finale. Dasselbe gilt für Oliver-Pocher-Stuntdouble Filip Pavlović. Wer mit der Empfehlung einer Bronze-Medaille bei "Bachelorette" anreist und so schlecht englisch spricht, dass ihm sogar
Neben Djamila und Filip (übrigens beide aus Testgruppe 4) stehen noch Lars Dünnpfiffborn und
"Dschungelshow"-Kandidaten gehen auf Tauchstation
Zur ersten von zwei Prüfungen des Abends geht es dann nochmal auf Tauchstation. Neben Sternen, die es mit der Zunge abzudrehen gilt, warten traditionell auch viele Tiere, vornehmlich Schlangen und Flusskrebse auf die Kandidaten. Insgesamt hat RTL zuletzt den Einsatz von Tieren aus Tierschutzgründen signifikant überdacht und reformiert. Schon seit dem letzten regulären Dschungelcamp im vergangenen Januar werden keine lebenden Tiere mehr gegessen oder Tiere für Dschungelprüfungen getötet.
Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Früher oder später wird man dann hoffentlich auch den nächsten Schritt gehen und überdenken, ob der Einsatz von seltenen exotischen Tieren wie etwa Baby-Anakondas als Deko für Ekel- oder Angstspiele wirklich notwendig ist. Auch hierfür gäbe es Alternativen. Das Dschungelcamp wird selbstredend nie eine vegane Veranstaltung weden. Das ist konzeptionell schwierig und das fordert auch niemand. Aber Jahr für Jahr noch ein bisschen mehr auf Tierwohl achten - das wäre ein guter Move, RTL!
Vor der Prüfung sind es übrigens genau diese echsenartigen Schuppenkriechtiere, vor denen Filip am meisten Respekt hat: "Das Schlimmste sind Schlangen". Da hat er Glück, keinen Twitter-Account zu haben, um dort mit Vertreterinnen der selbsternannten Meinungs-Hoheits-Elite diskutieren zu müssen. Nirgendwo gibt es mehr Schlangen als in Twitter-Diskussionen.
Mike ist sogar so verwirrt, dass er kurzzeitig die Beherrschung über sein Sprachzentrum verliert: "Ich bin gerade ganz voller Adrenalin, ich kann nicht mehr reden". Ganz im Gegenteil zu den vielen Stunden im Tiny-House, in denen er nicht voller Adrenalin war und sich in absolut oberkorrektem, gewähltem Hochdeutsch ausdrückte.
Djamila stören die Schlangen weniger, sie sorgt sich mehr um die ästhetischen Ansprüche der Zuschauer. Als sie sich ihres Bademantels entledigen soll, warnt sie: "Jetzt kommt Cellulite hoch 10". Ein bisschen Angs steigt dann aber doch noch in ihr auf. Insbesondere um die Unversehrtheit ihrer Hyaluron-Speicher: "Ich habe Angst, dass mir was in die Lippen beisst und dann werden die noch dicker".
Zum Glück zeigen sich die Dschungeltiere im Tunnel recht unbeeindruckt: "Die eine faucht mich an und die andere liegt da nur so rum". Insofern ein perfektes Trainingslager für das Dschungelcamp. Da würde Djamila ja auch nicht die einzige Frau sein und erfahrungsgemäss früher oder später permanent von anderen Kandidatinnen angefaucht werden, während die meisten übrigen auf ihren Feldbetten vor sich hinvegetieren und versuchen, nicht beim Einschlafen erwischt zu werden.
Daniel Hartwich witzelt wieder - oder versucht es zumindest
Zwischendurch schreckt man kurz von langsamen Dahindösen auf, denn der Homophobie-Detektor schlägt bei
Relativ mutig für jemanden, der die bereits in den 70er Jahren von Elton John abgelegten Disco-Hemden aufträgt. Stünde jetzt noch zufällig irgendwo ein glitzerndes Piano in der Ecke rum, würde Hartwich vermutlich umgehend in die Tasten hauen und eine IBES-Version von "Hold Me Closer, Tiny Camper" schmettern.
Ich bin gespannt, wer die erste Petition zur Verbannung Hartwichs vom TV-Bildschirm auf den Weg bringt. Täglich neue Echauffierungs-Schauplätze zu kreieren ist ja mittlerweile zu einer Art Quadratur des Kreises der gewerbsmässigen Empörungs-Industrie geworden.
Lars bekommt davon nichts mit und gesteht nach der Prüfung, dass es "für mich heute ein sehr emotionaler Tag war, weil viele tolle Nachrichten reingekommen sind. Ihr wisst, wofür ich stehe und das möchte ich hier weitermachen!"
Tja. Also, wie soll ich es formulieren? Ehrlich gesagt: Nee, ich weiss nicht, wofür du stehst. Mehr Respekt für Boris-Becker-Lookalikes? Keine Ahnung. Wissen Sie es? Aufklärung gibt es aber auch nicht, denn Lars fliegt als erster raus.
Harald Glööckler zieht 2022 ins "Dschungelcamp"
Ach ja: in der ersten Prüfung ist Mike ist am schnellsten. Nicht verwunderlich. Immer, wenn er auf Schlangen treffen soll, hat er panische Angst, es ginge um Elena Miras und erledigt die Prüfungen in Rekordzeit. Hilft ihm aber auch nicht, denn er fällt ebenfalls in der Gunst der Zuschauer durch. Somit ziehen Djamila und Filip ins Endspiel ein.
Davor lüftet RTL aber noch schnell ein spektakuläres Geheimnis. Nach Lucas Cordalis wird auch
Auch Glööckler könnte sich für RTL als Glücksgriff im Camp entpuppen. Er wirkt jedenfalls entwaffnend ehrlich und spart sich die pseudo-intellektuelle Standard-Phrase der meisten Teilnehmer, die ihren Dschungelcamp-Auftritt gerne und häufig mit "grosse Herausforderung" begründen.
Ja klar, grosse Herausforderung. Macht mal eine Woche basische Diät im Lanserhof ohne Chips, Eis, Schokolade, Kaffee oder irgendeine andere kulinarische Köstlichkeit und sagt mir dann nochmal, man bräuchte einen geistesgestörten Bastian Yotta, der einem morgens irgendwo abgeschriebene Esoterik-Plattitüden ins Ohr brüllt, um sich herausgefordert zu fühlen und seinen Körper zu optimieren. Kasalla ohne Kalorien!
Echt. Da kann ich mich auch auf 30 Seiten komplett nackt im "Playboy" zeigen und den sabbernden Boulevard-"Journalisten" anschliessend "ich mache das, weil die Bilder so ästhetisch sind" und "wenn ich irgendwann 60 bin, möchte ich meinen Enkeln zeigen können, was Oma mal für einen tollen Körper hatte" in ihre durchweichten Notizblöcke diktieren.
Da ist Glitzer-Terrorist Glööckler ehrlicher. Erfrischend uneitel gesteht er, er habe zugesagt, weil er nach einem Jahr Corona-Stillstand in Mode und Kunst dachte: "Irgendwie braucht man ja auch doch mal wieder PR." Ich kann mich nicht erinnern, dass mal ein anderer Kandidat so schonungslos seine echten Motive preisgegeben hätte. Glööckler aber weiss: "Da sehen Dich acht Millionen". Gut, die neusten Quoten sagen da etwas anderes, aber wenn sich nach dann zwei Jahren Corona-Melancholie ganz Deutschland auf das Re-Opening des Promi-Camps in Brisbane freut, gehen die Zuschauerzahlen bestimmt wieder nach oben.
Auch die zu erwartenden Prüfungen lassen Glööckler kalt: "Ich komme vom Land und habe mehr Ratten als Menschen gesehen". Ja, okay, die Fashion-Branche in Berlin ist ein Haifischbecken, aber das finde ich dann schon etwas bedenklich. Stichwort bedenklich: Wenn man dieser Tage Dr. Bob vor den Prüfungen ins Bild japsen sieht, denkt man sich auch: Hoffentlich muss 2022 nicht Doktor Christian Drosten übernehmen. Der einzige promovierte Deutsche, der noch bekannter ist als Dr. Bob. Zeit würde er ja dann hoffentlich haben.
Nachdem die Zuschauer Lars und Mike aussortiert haben, bleiben für die Essprüfung noch Filip und Djamila. Beide versagen auf so ziemlich ganzer Linie. Am Ende rufen etwas mehr Zuschauer für Filip an als für Djamlia und der Hamburger Englisch-Professor freut sich im Konfetti-Regen über 50.000 Euro und das Goldene Ticket. Er wird in einem Jahr in Australien dabei sein.
Also, wahrscheinlich jedenfalls. Zwölf Monate sind eine lange Zeit und das vergangene Jahr hat gezeigt, dass es (insbesondere bei RTL) auch sehr schnell gehen kann mit einer Demission. Und noch weiss ich nicht genug über Filip, um zu 100% ausschliessen zu können, dass er sich bei fortlaufender Pandemie-Frustration nicht irgendwann doch mit dem gefährlichen Attila-Hildmann-Virus ansteckt, dass tückischerweise über Telegram übertragen wird.
So oder so – ich freue mich auf die IBES Staffel im nächsten Jahr. Und falls Sie sich auch darauf freuen: Vielleicht lesen wir uns dann ja! Bis bald!
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