Nach einer Woche im australischen Regenwald sind die ersten Camper schon wieder ausgezogen, das Finale rückt näher. Wir haben unseren Dschungelcamp-Experten Julian F.M. Stoeckel deswegen gefragt, wer sich die Krone holt – und seine Antwort ist eindeutig: Der Entertainer sieht überhaupt nur einen Dschungel-Star auf dem Thron.
Ziemlich viel Gezeter, ziemlich viel Gezicke, endlose Gespräche übers Kochen und, im Fall von
Was bislang fehlt, sind die Kult-Momente und die Kult-Sprüche, die das Dschungelcamp ausmachen. Über die man noch Jahre später in Trash-TV-Whatsapp-Gruppen spricht – etwa "The Regels sind the Regels", "My air was away", "Was geht los da rein?" und natürlich "Ich hab' keinen Bock, dass ich da morgen tot aufwache".
Aber es fehlen auch die Kult-Stars. Eine, die schon vorher zumindest ein bisschen bekannt gewesen ist, weil sie aktuell an jedem Reality-Format teilnimmt, ist
Julian F.M. Stoeckel: "Scheinbar haben besagte Fans gar nicht angerufen"
Yeliz Koc, eine der durchaus bekannteren Kandidatinnen, ist raus. Als Zweite.
Julian F.M. Stoeckel: Es fasziniert mich, dass Yeliz als Zweite rausgeflogen ist, weil ich mir auf der Langweiligkeitsskala noch andere vor ihr hätte vorstellen können. Sie sagte ja immer: "Ich habe so eine grosse Community und ich kann gar nicht früh rausfliegen, weil ich so viele Fans habe." Scheinbar haben besagte Fans aber gar nicht angerufen. Das ist ja schrecklich!
Ich habe gelesen, dass sie geschockt war.
In der Schalte bei "Die Stunde danach" hatte ich auch den Eindruck, dass sie sehr schockiert darüber war, wie das böse, böse, böse Publikum sie, die Grand Dame der guten Unterhaltung, als Zweite hat rauswählen können. Ich glaube, sie hat das fast nicht überlebt (lacht).
Sie sagten gerade, es gibt andere, die noch langweiliger sind als Yeliz. Wer?
Es war noch nie so schwer, zur Halbzeit zu sagen, wer sich die Krone holen könnte.
Alle machen einen relativ durchwachsenen Eindruck, geben eine relativ durchwachsene Performance ab. Sind mal besser, mal schlechter. Aber man ist nicht wahnsinnig begeistert oder wahnsinnig fasziniert von dem einen oder anderen. Es ist relativ egal, wer gewinnt. Ja, einer von denen wird gewinnen. Aber wer gewinnt, ist wurscht.
Bei unserem letzten Gespräch haben Sie prophezeit, dass
Ja, ich bin Nostradamus Stoeckel! Es gibt ein bestimmtes Schema, nach dem die Zuschauer jemanden in die Prüfungen wählen: Wenn sie spüren, dass ein Teilnehmer – ganz egal welcher Couleur, ob berühmt oder nicht berühmt, Reality-Star oder grosser Star oder alter Star – sich zickig verhält, die Prüfungen nicht macht oder eskaliert. Dann wählen sie den jeden Tag. Ich erinnere gerne an das historische Beispiel von meiner Freundin
"Ich fühle mich in dieser Staffel aber selten unterhalten"
Wie nehmen Sie Sam wahr? Sind Sie genervt?
Ich muss gestehen, dass er sich gewandelt hat. Er ist ein bisschen normaler, ein bisschen natürlicher, ein bisschen ruhiger, ein bisschen aufgeräumter. Andere sind wesentlich anstrengender.
Das Dschungelcamp soll ja in erster Linie unterhalten. Haben Sie das Gefühl, unterhalten zu sein?
Ich bin ja nicht der Nabel der Welt, fühle mich in dieser Staffel aber selten unterhalten. Was nicht daran liegt, dass das Dschungelcamp als Format verliert: Es gibt viele neue Prüfungen, die ich wahnsinnig gut finde. Genauso wie Sonja Zietlow und Jan Köppen – und Dr. Bob sowieso. Es liegt an den Kandidaten. Die Stars und Reality-Leute sind nur noch Teilnehmer, der Star ist das Dschungelcamp selbst. Die Kandidaten sind austauschbar.
Sie sind nur Staffage.
Ja genau, man hat das Gefühl, sie spielen nur die Teilnehmer in einem berühmten Format, das über Jahrzehnte grossen Erfolg bei Kritikern und Zuschauern hatte. Ich würde fast so weit gehen zu sagen, sie sitzen ihre Zeit ab und gehen mit so wenig wieder raus, wie sie reingegangen sind. Jürgen Hingsen ist als Erster rausgeflogen, ich fand ihn sehr sympathisch. Aber trotzdem hat er nichts hinterlassen. Wäre er nicht dabei gewesen, wäre es auch nicht schlimm gewesen.
Es gibt auch sehr viel Gezeter und Gezicke in diesem Jahr.
Es geht sehr viel um Banalitäten, die Leute erheben sich über die kleinsten Kleinigkeiten, über die winzigsten und unwichtigsten Bruchstücke zwischenmenschlicher Natur. Das ist auch irgendwie nachvollziehbar wegen des Essensentzugs und der vielen Tage ohne Sterne. Aber trotz allem hat man das Gefühl, dass alle wahnsinnig leidend sind und viele Sachen einfach nicht machen wollen – "Nein, ich lege mich nicht auf dem Boden" oder "Nein, ich gebe mein Bett nicht her". Im Vordergrund steht immer nur das "Ich". Eine Dschungelcamp-Staffel wird dann zur Kultstaffel, wenn es in der Gruppe eine positive oder lustige Dynamik gibt. Dann erst fiebern die Zuschauer mit. Mit dieser Gruppe fiebere ich aber überhaupt nicht mit.
Zoff gibt’s vor allem beim Thema Kochen. Das war letztes Jahr schon so, da war Giulia Siegel im Zentrum, dieses Jahr ist es Edith Stehfest. Was ist das immer mit diesem Kochen?
Das ist mir unbegreiflich. Wie kann man sich so sehr an dieser Thematik aufreiben? In meiner Staffel hat immer Jochen Bendel gekocht und keiner hat sich eingemischt, weil wir wussten, dass er das kann. Wenn jemand Expertise beim Kochen hat, dann überlasse ich dem das doch. Aber die Gruppe im aktuellen Dschungelcamp lässt sich von dieser Stehfest domestizieren, die behauptet, sie kann alles und am Ende kann sie gar nichts, das Fleisch war nie gelungen, sie macht alles nur noch schlimmer. Sie hat eine Pseudo-Expertise. So wie sie kocht, würde auch mein dreijähriger Neffe kochen (lacht).
Wie ist Ihre Meinung zu Edith Stehfest generell?
Ein ganz schwieriges Kapitel. Ich mag ihren Mann
So ist die Situation im Dschungel-Telefon
Ich wundere mich darüber, dass sie noch drin ist. Aber vielleicht wollen die Zuschauerinnen und Zuschauer sie weiter sehen, damit es noch ein bisschen Beef gibt?
Das kann ich mir auch vorstellen. Edith und Eric Stehfest haben zusammen eine relativ grosse Fanbase, vielleicht rufen rein rechnerisch einfach mehr Leute für sie an. Weil aus Sympathie oder weil sie so teamfähig ist oder charmant oder lustig – das kann es ja nicht sein.
Wir haben letzte Woche auch schon über Jörg Dahlmann gesprochen. Der hat ja schon einiges rausgehauen – Klischees über Homosexuelle, der Spruch über Trump. Kostet ihn das die Krone?
Jörg Dahlmann und seine etwas unüberlegte Art, Sachen zu sagen! Ich glaube, er befindet sich gerade in einer Phase, in der man ein Pseudo-Vertrauen zu den Dschungelcamp-Redakteuren aufgebaut hat. Man gibt ja am Tag mehrere Interviews im Dschungel-Telefon und irgendwann ist alles vertraut, man hat das Gefühl, alles sagen zu können, was man sonst vielleicht nur im privaten Rahmen sagen würde. Ich glaube, Jörg merkt manchmal nicht, was er sagt, hat sich noch keine Gedanken gemacht, wie das ankommen könnte. Wenn wir bei den Schwulen-Klischees bleiben: Das waren keine bösartigen Sachen. Würde er es wirklich böse meinen, dann würde er das anders formulieren. Oder die Geschichte mit Trump: In der jetzigen politischen Lage, in der wir uns auch international befinden, kannst du so etwas nicht sagen. Das geht einfach nicht. Jörg wirkt manchmal etwas unbeholfen, hemdsärmelig. Fast wie ein Kind.
Sitzt jemand im Dschungel-Telefon, mit dem die Stars dort sprechen? Oder wie darf ich mir das vorstellen?
Nee, nee. Im Dschungel-Telefon ist eine Kamera, aber man sitzt da alleine und spricht mit den Redakteuren über einen Lautsprecher. Und dabei muss man natürlich immer bedenken: Ich bin im Dschungelcamp. Ich sitze da nicht mit Freunden. Und das sind auch keine Freunde. Und die wollen auch gar nicht mit mir befreundet sein, sie wollen mir Sachen entlocken, die ich vielleicht ohne ihr Zutun gar nicht sagen würde.
Gibt es jemanden, von dem Sie total überrascht sind?
Am ehesten hat mich Pierre Sanoussi-Bliss überrascht, weil er an der ein oder anderen Stelle eine lustige Pointe gemacht hat, die ich ihm nicht zugetraut habe. Ich hatte eher das Gefühl, er ist ein Schauspieler, der beim ZDF mal eine grosse Nummer war, jetzt aber eher so der garstige Ältere ist, der nicht mehr weiss, wie er an seine grosse Karriere anknüpfen soll.
Darum hat Lilly Becker die grössten Chancen auf die Krone
Wir haben unsere Leserinnen und Leser gefragt, wer derzeit am beliebtesten ist, und das ist ganz klar: Lilly Becker. Wie nehmen Sie sie wahr?
Das würde ich sofort unterschreiben. Lilly ist eine wahnsinnig toughe und wahnsinnig tolle Frau. Sie steht ihren Mann, auch wenn das ein bisschen klischeemässig klingt. Ich mag es, dass sie nicht leidet und nicht jault, sie hat eine positiv-prägende Dominanz, lässt sich nichts gefallen, nichts einfach so durchgehen. Das finde ich toll. Eine Frau mit Format und Rückgrat. Wer hat denn heute noch Rückgrat?
Hat sie Chancen auf die Krone?
Sie hat auf jeden Fall Chancen auf die Krone. Die Zuschauer lieben zwei Dinge: Wenn jemand positiv ist, unterhält, lustig ist, tough ist. Und wenn man zu etwas steht, gerade heutzutage in einer Welt, in der so viele Leute zu gar nichts mehr stehen, nur reden und Versprechungen machen. Auch in der Politik gibt es derzeit viel Unruhe und gerade deswegen glaube ich, sind Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit und Rückgrat ein wichtiger Wegweiser. Lilly hat sich einen wahnsinnig guten Status erarbeitet. Am Ende zählt, wer sich durchbeisst durch dieses schrille und auch skurrile Format Dschungelcamp und mental stärker rausgeht. Das würde ich im Moment nur Lilly Becker attestieren.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.