"Kaufste Legenden, kriegste Legenden", behauptet Moderator Jan Köppen in Folge zwei beim "Showdown der Dschungel-Legenden", wie RTL seine Jubiläumsausgabe nennt. In RTLs eigener Logik mag das Sinn ergeben – in jeder anderen könnte Köppen mit seinem Spruch falscher nicht liegen. Denn was da in Folge zwei zu sehen ist, ist nicht legendär, sondern einfach nur merkwürdig.
Spoiler-Warnung! Die zweite Folge "Ich bin ein Star – Showdown der Dschungel-Legenden" ist seit dem 16. August bei RTL+ zu sehen und am 17. August bei RTL.
Eine "Legende", so verrät uns das Lexikon, ist eine Persönlichkeit, der eine besondere Lebensgeschichte sowie eine "zeitüberdauernde Bedeutung" zugesprochen wird. Hat man diese Definition im Hinterkopf und weiss gleichzeitig, dass RTL diese Sonder-Staffel "Showdown der Dschungel-Legenden" genannt hat, dürfte man sich nach einem Blick auf die Besetzungsliste der Show fragen, ob RTL nicht weiss, was eine Legende ist.
Mit dieser Inhaltsaufweichung sind Legenden allerdings nicht alleine, sie teilen dasselbe Schicksal mit anderen Begriffen wie Kult, Held, Mythos oder das gerne genommene "Original". Diese Titel werden in der Regel nicht mehr vergeben, wenn sie ihrer eigentlichen Bedeutung gerecht werden, sondern um etwas oder jemanden hochzujubeln, weil man es will und nicht, weil man es sollte.
Das bleibt so lange unbemerkt, bis jemand mal in einem Moment geistiger Klarheit auf die Pause-Taste drückt und sich die Sache in Ruhe ansieht. Dann wird er merken: Nee, Legende geht irgendwie anders. Was wir hier sehen, sind Menschen, die sich einfach nur merkwürdig verhalten. An Legenden, wie RTL sie versteht, ist nichts von "zeitüberdauernder Bedeutung". Die vermeintlichen Legenden sind einfach nur ein paar TV-Bekanntheiten, die sich unpassend verhalten.
Wie weit würde ein Thorsten Legat ohne Kameras gehen?
Nichts von dem, was sie da im Dschungelcamp machen, ist von Bedeutung, von "zeitüberdauernder" schon gleich gar nicht. Bereits Folge eins trat diesen Beweis an, als
Und wie um das zu untermauern, machen RTL, Ortega und seine Kollegen dort weiter, wo sie in Folge eins aufgehört haben. "Ich will nicht mit dir reden", weist
"Das war schon zu nah. Das war schon in seiner Aura drin", gibt Stehfest Ortega ein erstes Feedback zu dessen Gesprächsführung und dann eine Risikoanalyse: "Wenn es keine Kameras gäbe, hätte der dich schon zerlegt. Also, nur, dass du das weisst. Du warst so nah bei ihm, dass er dir richtig eine gegeben hätte dafür." Legat bestätigt das auf Nachfrage Ortegas: "Ja, mach ich."
"Du hast 'ne Meise, aber 'ne richtig fette"
Und auch wenn Thorsten Legat nicht immer die richtige Worte findet, die, die er findet sind kurz und bündig. "Uns allen gehst du auf den Sack!", will Legat im weiteren Verlauf des Streits für die Gruppe sprechen, repräsentiert aber mindestens die Meinung von
Mitgefühl hat Loth nur wenige Minuten später noch einmal, diesmal mit sich selbst. Sie findet nämlich heraus, dass Giulia Siegel offenbar mit den Kollegen die Nachtwache eingeteilt hat, allerdings ohne Ortega, aber vor allem ohne sie einbezogen zu haben. Ausserhalb des Dschungelcamps hätte man das wohl mit einem "Du, ich würde mich freuen, wenn ihr das nächste Mal Bescheid gebt" und einem "Ja, klar, tut mir leid" aus der Welt geschafft. Aber Legenden wie Kader Loth und Giulia Siegel regeln das lieber mit einem Streit und gegenseitigen Vorhaltungen.
Derart inspiriert nutzt Thorsten Legat den Umstand, dass sich Hanka Rackwitz in Folge zwei nicht bereit für eine Dschungelprüfung sieht, dafür, sein angestaubtes Weltbild einer Leistungsgesellschaft auszubreiten – inklusive einer Kostprobe gewaltfreier Kommunikation: "Sei doch froh, dass du ein bisschen was bekommst! Du weisst doch gar nicht, wie 100.000 geschrieben wird!", wettert Legat, dass Rackwitz nicht bereit sei, für die Gewinnsumme zu kämpfen. Aber Rackwitz kann froh sein, dass Legat als Alpha-Macker nicht nur die Richtung vorgibt, sondern auch gleich weiss, wo das Problem liegt – nämlich bei ihr: "Sie ist, glaube ich, mit sich selber nicht zufrieden."
"Ich bin ein Star": Es kann nur einen geben – muss man akzeptieren
Damit hebt Legat das merkwürdige Verhalten der vermeintlichen Legenden bereits in Folge zwei auf ein ganz neues Level. Aber immerhin kommt er im Anschluss noch zu so etwas wie einer Erkenntnis: "Es ist nicht jeder so wie ich und das muss man akzeptieren", akzeptiert Legat immerhin, dass das Problem bei den anderen liegt. Bei so viel Merkwürdigkeit in so kurzer Frequenz ist es schon fast merkwürdig merkwürdig, dass Legat, als die Emotionen wieder runtergekocht sind, eine zweite Erkenntnis hat: "Manchmal hass' ich mich selber dafür, weil ich mein ganzes Leben nur gedrillt worden bin. Ich kann nichts dafür, dass ich so bin."
War das alles oder darf’s ein bisschen mehr sein? Es darf: Eric Stehfest sammelt zwischen Kakerlaken, Krokodilen und Schlachtabfällen Sterne aus einem sinkenden Boot, macht zuvor aber noch aus dem Nichts und ohne Not einen Spagat. Ja, ganz schön merkwürdig das alles. Merkwürdiger ist nur, dass in diesem Kabinett der gewollten Merkwürdigkeiten mit David Ortega ausgerechnet der Kandidat, dem der Schnitt bisher die meisten Merkwürdigkeiten gegönnt hat, von der Gruppe als erster aus dem Camp gewählt wird. All das ist nicht legendär, es ist und bleibt merkwürdig. Oder wie man bei RTL sagt: Fernsehunterhaltung.
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