Fast sah es so aus, als könnte der Wendler die Sensation schaffen. Vom unsympathischen Schnösel hatte er sich in der Zuschauergunst bis zum Kumpeltyp vorgearbeitet. Doch im Finale von "Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein!" kommt dann doch alles ganz anders.
Das Grossartige am Wendler ist: Er gibt gar nicht erst vor, einer von uns zu sein. Kein Star zum Anfassen, eher eine Lichtgestalt von eigenen Gnaden, hoch in der Stratosphäre über dem Publikum. Folgerichtig spricht er von sich nur in der dritten Person und erklärt sich selbst zum "König des Popschlagers". Das wirkt natürlich gnadenlos arrogant. Entweder man liebt oder man hasst ihn. Ein Grossteil entscheidet sich für letzteres. Ein perfekter Kandidat fürs Dschungelcamp. Egal ob die Selbstinszenierung nun echt oder aufgesetzt ist.
Für die Sommerversion von "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!" entschied er sich offenbar, es mit einer neuen Inkarnation seiner selbst zu versuchen. Plötzlich war da nicht mehr der Wendler, der geilste Typ des Planetens, sondern "der Michi", der Kumpel von nebenan. Und passend zu dem lauen Aufguss, als der sich "Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein!" in den letzten Tagen entpuppte, wäre es deswegen nur konsequent gewesen, wenn das Publikum auch den lauen Aufguss des Wendlers erneut in den Dschungel gewählt hätte. Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Hoffnungen des Sängers wurden nicht erfüllt.
Zusammenfassungen, Spielchen, Arschbacken
Doch bevor es soweit ist, muss der Zuschauer zwei Stunden nach bekanntem Muster durchstehen. Das heisst: langatmige Zusammenfassungen der neunten und bekanntermassen ereignislosesten Staffel in der Geschichte des Format. Dann ein paar belanglose Spielchen mit Sara Kulka, Angelina Heger und Walter Freiwald, die aus Säckchen unter dem Stadiondach des 1. FC Köln einsammeln und in einer Schwulenbar den Mann mit dem Tattoo auf der Arschbacke finden, bestehen.
Natürlich war nach den vergangenen acht Folgen von "Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein!" nicht die grosse Wende zu erwarten. Zu eindeutig entpuppte sich das Format als Sommerloch-Aufguss des Dschungelcamps. Ehemalige Kandidaten zweiter Wahl trafen auf Spiele von der Resterampe. Selbst den Moderatoren wurde das offenbar irgendwann zu öde. Die Seitenhiebe nahmen zu, der Ton wurde von Mal zu Mal schärfer.
Am Konzept änderte sich trotzdem nichts. Da verwundert es auch nicht, dass das eigentliche Finale die Sendungen der letzten Tage noch einmal unterbietet. In einem lauen Talk mit allen Gewinnern versichert man sich, dass man es jedem gönnt, aber natürlich trotzdem ins Camp will. Selbst die Sticheleien der Moderatoren prallen von den Kandidaten ab.
Willi Herren lacht hysterisch
Passend dazu hat das Finalspiel keinerlei Auswirkung darauf, wer von den neun Kandidaten in die Runde der letzten drei gelangt. Jeder von ihnen greift in drei Fächer, in denen so eklige Dinge wie ein Mettigel, Spaghetti Bolognese und, ähm, Äste versteckt sind. Willi Herren lacht trotzdem alle paar Minuten hysterisch. Glücklicherweise bleibt es die einzige Aufgabe. Die letzte Viertelstunde dient nur einer weiteren Werbepause, um noch mehr Hotline-Gebühren der Zuschauer einzusammeln.
Am Schluss scheint es fast so, als stünde der Wendler kurz vor der Sensation. Er ist zusammen mit
Doch dann kommt alles anders. Sonja Zietlow und Daniel Hartwich verkünden die Gewinnerin: Brigitte Nielsen. Die nette Campmutti, die irgendwie jeder mag. Die aber keinerlei Unterhaltungswert besitzt, weil freundlich sein im Dschungel nicht gefragt ist. Der Wendler verzieht keine Miene, während sie hysterisch feiernd durchs Studio stürmt. Er blickt nur freundlich in die Kamera. Er weiss: aus einer Niederlage lernt man. "Der Michi" weiss, aus einer Niederlage lernt man. Und dem Wendler ist klar: Das nächste Trash-Format kommt bestimmt.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.