Millionen Kakerlaken können aufatmen: Das Dschungelcamp ist leer. Menderes Bagci hat als letzter Bewohner das Promi-Lager verlassen und damit die Frage beantwortet, wer der Jubiläums-Dschungelkönig ist. Doch gerade zum Zehnjährigen bleiben immer noch eine Menge Fragen offen.
Manchmal ist es richtig, nicht nach dem Warum zu fragen. Das erspart mitunter viel Kummer. Einige Dinge gäbe es vermutlich nicht mehr lange, würde man nach dem Warum ihrer Existenz fragen.
Diesen Bananenzerteiler zum Beispiel. Das ist so ein Ding, das man über eine Banane legt und dann mit einem sanften Drücker lauter kleine Bananenscheibchen hat.
Für alle Menschen, die nicht wissen, dass man Bananen auch mit dem Messer kleinschneiden kann, wäre die Frage nach dem Warum eine herbe Enttäuschung. Für den Hersteller des Bananenstückchenmachers auch.
Zehn Jahre Dschungelcamp nur, weil es funktioniert?
Beim Dschungelcamp stellt sich die Frage nach dem Warum auch - besonders nach zehn Jahren. Und das in vielerlei Hinsicht. Einige dieser Warums sind leicht zu beantworten, bei anderen wird es kniffelig, bei wieder anderen wird man die Antwort wohl nie finden.
Fangen wir mit den leichten Fragen an. Warum macht RTL eine Show wie "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!"? Die Antwort liegt nahe: Weil es funktioniert. Das reicht RTL offenbar und muss es aus rein betriebswirtschaftlicher Perspektive auch.
Irgendwann muss jemand entschieden haben: Wir filmen Prominente beim Genitalien essen und wenn sich das rechnet, machen wir weiter. Ob die Antwort aus inhaltlicher Perspektive bei RTL lautet "Weil wir glauben, dass das gutes Fernsehen ist.", kann nur der Sender selbst beantworten.
"Ich habe es nicht nur genossen, ich habe es gelebt" - ernsthaft?
Etwas schwieriger gestaltet sich die Frage nach dem Warum bei den Stars, die bei dem jährlichen Spektakel mitmachen. Wer eine ganz schnelle Antwort will, der landet rasch beim Geld. Mag sein, dass das für den einen oder anderen der Antrieb gewesen ist, als alleinige Erklärung taugt das aber nicht.
Wenn Thorsten Legat von sich behauptet "Ich habe mir gewünscht, irgendwann einmal dabei zu sein. Ich habe es nicht nur genossen, ich habe es gelebt", dann kann dieser Satz nicht nur seinem oft recht individuellen Umgang mit Wörtern geschuldet sein.
Da stecken Hingabe und echter Wille dahinter. Was glauben die Promis beim Dschungelcamp zu finden, was sie woanders vergebens suchen?
Glauben sie wirklich, dass der Griff zum Telefonhörer beim Zuschauer aus Anerkennung geschieht? Merken die Dschungelcamper nicht, dass sie nur ein Glied einer Belustigungsmaschine sind und zwar das schwächste?
Warum machen manche Stars diese öffentliche Erniedrigung mit und andere nicht? Ist präsent zu sein wirklich wichtiger als relevant zu sein?
Alles nur ein Spiel?
Das wichtigste aller Warums ist aber: Warum sieht man sich das Dschungelcamp überhaupt an? Und das noch nach zehn Jahren. Die Protagonisten jedenfalls können es nicht sein, denn die sind im Grunde austauschbar.
Ob nun Costa Cordalis Dschungelkönig wird oder Ross Antony oder sonst wer, interessiert doch nur einen toten Frisör.
Der wirkliche Grund fürs Einschalten ist doch – Hand aufs Herz – nach wie vor die Freude daran, wie sich Prominente selbst erniedrigen und dabei von den Moderatoren aus einer vermeintlichen Position der Stärke heraus noch zusätzlich geröstet werden.
Aber ist das das Fernsehen, das wir haben wollen? Am Ende läuft es auf die Frage hinaus, was gute Unterhaltung ist. Muss gute Unterhaltung gut sein oder reicht es, gut unterhalten zu werden?
Und was sagt es über mich selbst aus, wenn ich mich gut unterhalten fühle, wenn ich Sophia Wollersheim beim Krokodil-Vagina essen zusehe?
Oder ist das alles nur ein grosses banales Spiel, bei dem jeder gewinnt und niemand verliert? Die Antwort darauf muss jeder der Beteiligten – ob Sender, Promi oder Zuschauer – bei sich selbst finden.
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