Ein neuer Tag bei den Anouschka-Renzi-Festspielen in der Daniel-Hartwich-Mehrzweckhalle in Südafrika. Im Nachgang zum gestrigen Fahrprüfungs-Fiasko schlagen die Wellen schon nach wenigen Sekunden höher als die Corona-Inzidenzen in Deutschland. Zum Glück befinden sich die von RTL zum grossen Promi-Kakerlaken-Dinner ausgesetzten C-Promi-Vorboten der Apokalypse aktuell in intellektueller Quarantäne im Dschungelcamp. Weit weg also vom Robert-Koch-Institut und Karl Lauterbach. Weiter entfernt sind jetzt eigentlich nur noch die Chancen, jemals wieder ein seriöses Jobangebot zu erhalten.

Eine Kolumne
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Ausser jetzt vielleicht Anouschka Renzi, die als Deutschlands grösste Charakterdarstellerin aller Zeiten natürlich einen anständigen Credibility-Vorsprung hat. Wie lange das noch so bleibt, wenn sie sich weiter mit der Empathiefähigkeit einer Streitaxt auf LSD durch das Ensemble pöbelt – das weiss nicht mal Dr. Bob. Der weitere Verlauf des Abends entwickelt sich trotzdem zu einem Schaulaufen für alle Facetten dieser Ausnahmekünstlerin.

Los geht es mit einem echten Renzi. Sie unterstellt dem Publikum indirekt, zu dumm dafür zu sein, das böse Spiel von Linda und den anderen ihrer Augen-Dornenvögel zu durchschauen: "Sind die Zuschauer wirklich so blöd, dass sie das glauben?" Anouschka zeigt sich ratlos, wie man ausgerechnet in einer TV-Show (und jetzt aufgepasst!) so viel Show machen kann:

"So eine Show zu machen, geht über meine Ethik". Harte Worte vom Friedrich Nietzsche des Privatfernsehens. Aber das ist halt auch der Grund, warum selbst Albert Einstein an der Renzivitätstheorie gescheitert ist.

Alle gegen Anouschka Renzi

In ihrer legendären Bescheidenheit erinnert Renzi ihre (hehe) MitSTREITerinnen nur drei bis vier Mal daran, dass sie ihnen karriereseitig weiter voraus ist, als Meryl Streep Valentina Pahde: "Ich bin wenigstens ein Star, das seid ihr nicht!" Retourkutschen-Queen Linda weist sie allerdings umgehend darauf hin, dass sie "trotzdem mit mir im selben Auto sitzt und dieselbe Dschungelprüfung machst, du Star!" Aua. Renzi ist davon natürlich wenig beeindruckt und lässt erneut den Talent-Hammer kreisen: "Ich bin umzingelt von Laienschauspielern aus Pusemuckel". Bekannt vielleicht aus der berühmten Kinderserie "Meister Eder und sein Pusemuckel".

Zurück im Camp haben sich die Gemüter noch lange nicht abgekühlt und plötzlich kreischen sogar alle durcheinander. Ein Stimmengewirr aus zehn sich gegenseitig anpöbelnden Dramaqueens. Ein bisschen so wie bei uns an Weihnachten, wenn ich beim Familien-Dinner anmerke, dass Rinderfilet halt nicht sonderlich vegan ist. Ähnlich wie mir ergeht es inzwischen auch Harald Glööckler. Er hat die Faxen dicke und stellt fest: "Das alles ist lächerlich, langweilig und ermüdend". Ein Satz, den man sonst nur über seine Kollektionen liest. Und doch ist er voller Brisanz. Deutet sich ein Riss durch das letzte verbliebene Akademiker-Duo der RTL-Geschichte an? Anouschka jedenfalls ist fassungslos: "Schiesst du jetzt auch noch gegen mich?" Naja, die einen sagen so, die anderen so. Und Harald so: "Ich nehme dich die ganze Zeit in Schutz. Aber das kostet mich Nerven. Jetzt reicht es!"

Die vollkommen schockierte Anouschka reagiert auf Kritik zumeist latent verschnupft und subsumiert daher die Situation um den aus ihrer Anousch-Army desertierten Harald unter dem Motto: "Jetzt haben sich alle gegen mich verschworen!" Der Fahnenflüchtige selber bleibt stabil und legt nach: "Sind wir im Dschungelcamp oder sind wir im Irrenhaus?" Gut, nach inzwischen 14 Staffeln war den meisten Stammzuschauern nicht unbedingt bewusst, dass es da überhaupt ein Unterschied gibt.

Anouschkas Fassade bröckelt. Isoliert ist es recht aussichtslos im Dschungelcamp. Was also tun? Einsicht zeigen? Fast. Sie resümiert: "Irgendwann ist auch mal gut, ich habe ja niemanden umgebracht". Also, ausser jetzt die Laune im Camp, die Nerven der Zuschauer und das Niveau des Erfolgsformats. Andererseits läuft es für Anouschka ja nicht ausschliesslich schlecht. Ihr Haartuch zum Beispiel hat deutlich mehr Sendezeit als Manuel Flickinger.

Da an diesem Abend nach ausreichend Konfrontation noch ein Hauch Erotik fehlt, zeigt RTL anschliessend, wie sich der Schwerenöter Harald ins erotische Abenteuerland fantasiert: "Der Eric wird mit mir den Vierer machen". Gut, es ging um die Verteilung der Nachtwache, aber das sind Details.

Rosen sind Rot, fies ist der Stress. Anouschka Renzi hat ADS

Da heute aber auch der erste Tag ist, an dem ein Kandidat durch die knallharte Hand der Zuschauer das Camp verlassen muss, ist plötzlich doch noch Götterdämmerung bei Anouschka. Heulend bricht sie an der stahlharten Megabrust von Harald zusammen. Unter Tränen gesteht sie, unter ADS zu leiden. Vielerorts dachte man ja bislang, eine amtliche Aufmerksamkeits-Defizit-Störung wäre Aufnahmekriterium beim grossen RTL-Auffangbecken für schwererziehbare Ex-Promis. Ist aber nicht so. In einer grossen Beichte, die der Boulevard die kommenden 12 Monate unter dem Titel "Anouschka Renzi: Die grosse Lebensbeichte" ausschlachten wird, gesteht sie es auch der Gruppe und entschuldigt sich für alles, was sie auf dem erhöhten Dschungel-Stresslevel alles so gesagt hat. Es folgt eine Umarmungs-Orgie mit allen Campern und die Rehabilitation der Anouschka Renzi ist eingeleitet. So ein Glück – gerade noch rechtzeitig vor dem ersten Rauswurf.

Bevor jemand geht, gibt es aber erst noch Männerbeef. Nachdem Filip Pavlović gestern bereits das Tischtuch zwischen ihm und Tara Tabitha zerschnitten hatte, rückt er heute mit einer Motorsäge an, um auch seine Verbindung zu Eric Stehfest nachhaltig zu rasieren. Irgendwie geht es darum, wer wie oft Wasser holt und wer lieber schläft, und am Ende ist Filip in Rage und Eric zieht schmollend mit Harald zur ab. Eine echte Männerfreundschaft wird das nicht mehr. Nachdem er sein Unverständnis über die Schlafgewohnheiten von Filip ausführlich mit Harald erörtert hat, entscheidet Eric, nicht direkt zurück zu den anderen zu gehen: "Ich möchte nicht noch Feuer in die Wunde giessen". Eine sehr gute Idee. Das wäre fatal. Schlimmer wäre eigentlich nur, wenn er Salz ins Öl streuen würde.

Lutz und Gisele – da läuft doch was?

Der Streit eskaliert zunächst nicht weiter, denn RTL ruft Tina Ruland, Linda und Anouschka zur nächsten Prüfung, dem grossen RTL Promi-Promi-Raten. Linda Nobat und Anouschka müssen Tina mit je nur drei Worten einen Promi beschreiben, den Tina dann erraten muss. Die frisch versöhnten Linda und Anouschka zeigen sich promisicher und liefern Tina Ruland so viele Drei-Wort-Vorlagen, dass es für 9 Sterne reicht. Rekord! Kurz darauf ist die Partystimmung aber schon wieder vorbei, denn die RTL-Terminatoren Sonja Z und Daniel H walten ihres Amtes. Ohne grosse Anteilnahme verkünden sie das Urteil der Zuschauer-Jury: Fussnagel-Millionärin und Filip-Stalkerin Tara muss gehen. Die ist fassungslos. Minutenlang sitzt sie mit einem Gesichtsausdruck am Lagerfeuer, der eigentlich nur bedeuten kann: Jetzt hat sich diese Arschgeige Anouschka mit ihrer Tränen-Beichte tatsächlich noch an mir vorbei sympathisiert.

Ein interessantes Schauspiel für Trash-TV-Historiker. Der eigentliche Höhepunkt des Abends spielt sich dann aber einige tausend Kilometer weiter nördlich im beschaulichen Köln-Ossendorf ab. Dort sitzen Olivia Jones und eine Moderatorin, die einen Doppelnamen hat, den ich mir nie merken kann, und laden zur "Stunde danach", quasi dem "Markus Lanz" für Niveauallergiker. Dort sitzen täglich einige Ex-Kandidaten und kommentieren die aktuellen Geschehnisse. Heute ist aus unerfindlichen Gründen Lutz van der Horst dabei. Und Gisele Oppermann. Was weniger verblüffend ist, immerhin war sie 2019 tatsächlich selbst im Dschungelcamp.

Da wäre ich gerne dabei gewesen, als alle Teilnehmer vor der Sendung backstage das erste Mal zusammengetroffen sind und sich Gisele von Kollege Lutz aufklären liess, wer er so ist. Ich stelle mir das etwa so vor:

Lutz: "Also ich bin der Lutz!"

Gisele: "Und in welcher Staffel warst du dabei?"

Lutz: "Nee, ich bin von der Heute Show!"

Gisele: "Echt? Die haben jetzt Nachrichten im Dschungelcamp?"

Lutz van der Horst und Gisele Oppermann zum selben Thema in derselben Sendung. Das ist ein bisschen, als würde der FC Bayern München im Champions League Endspiel auf ein 4-4-2 System setzen und dann eine Doppelspitze aus Robert Lewandowski und Peter Altmaier aufstellen. Aber zurück zum Thema: Tara Tabitha muss die Nacht noch im Camp verweilen und wird erst am nächsten Morgen den Heimweg antreten. Am nächsten Morgen, oder wie Filip sagt: "Morgenschein". Ob es Abschiedstränen gibt und ob Tara jedem zur Erinnerung ein paar Fussnägel schenkt – das werde ich morgen hier berichten.

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