Dieter Bohlen hat in diesem Frühjahr viel zu tun. Einen Tag nach dem DSDS-Finale am 15. April beginnt seine letzte grosse Deutschland-Tour mit Band. Im Interview verrät der 69-Jährige, warum seine Tournee "Das grösste Comeback aller Zeiten" heisst. Zudem spricht Bohlen über den anhaltenden Welterfolg von Modern Talking und verrät, warum ihn die Bezeichnung "Pop-Titan" ein bisschen ärgert.

Ein Interview

Herr Bohlen, am 16. April starten Sie Ihre letzte grosse Tournee mit Band. Wie viele Stunden muss Ihr Publikum einplanen – bei so vielen Hits, die Sie im Repertoire haben?

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Dieter Bohlen: Das ist ja gerade das Schöne an dieser Tour. Welcher Künstler kann von sich behaupten, 23 Nummer-1-Hits zu singen? Da bin ich auch wirklich stolz drauf. Ich gebe natürlich "Midnight Lady" von Chris Norman, "Für dich" von Yvonne Catterfeld, "Mein Herz" von Beatrice Egli oder "Eine Nacht" von Ramon Roselly zum Besten. Für mich und hoffentlich auch die Zuschauer ist es doch interessant, einmal zu hören, wie diese Songs im Original geklungen haben – also so, wie ich es den Künstlerinnen und Künstlern damals vorgesungen habe. Natürlich kann man nicht jede Nummer genauso schön singen wie zum Beispiel eine Catterfeld. Aber ich versuche alles.

Wissen Sie, wie viele Hits Ihnen in Ihrer Karriere gelungen sind?

Es waren Hunderte. Mit Blick auf die Charts kann man sogar von Tausenden sprechen, da auf meinen Alben in der Regel einige Songs drauf waren, die wochen- oder monatelang Platz eins belegten. Ich blicke auf eine lange Karriere zurück, die Gott sei Dank viele Hits hervorbrachte.

Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Ihren früheren Künstlern wie Yvonne Catterfeld oder Mark Medlock?

Mark Medlock hat sich ja total zurückgezogen und lebt auf Sylt. Man verliert da schon den Kontakt, auch wenn man sich hin und wieder schreibt. Yvonne Catterfeld wiederum wollte nach den zwei Nummer Einsen keine Songs mehr von mir singen und andere Musik machen. Dann gibt es irgendwann auch keine Berührungspunkte mehr. De facto habe ich Yvonne das letzte Mal gesehen, als wir "Du hast mein Herz gebrochen" gemacht haben – das liegt schon fast 20 Jahre zurück.

Sie haben angekündigt, bei Ihren Konzerten auch ein paar Anekdoten erzählen zu wollen. Muss sich der eine oder andere aus der Branche vor Ihnen in Acht nehmen?

Nein, das werden ganz lustige Anekdoten sein. Die Leute sollen lachen. Mir ist es wichtig, dass die Zuschauer prima Musik und schöne Geschichten hören, die natürlich ein bisschen an die Vergangenheit erinnern. Speziell bei einigen Titeln sind lustige Sachen passiert – und die möchte ich erzählen. Es muss aber niemand Angst haben, bei den Geschichten geht es eigentlich nur um mich.

Wie gross wird der Modern-Talking-Anteil bei Ihren Konzerten sein?

In Anbetracht dessen, dass ich mit Modern Talking fünf Nummer-1-Hits und weitere erfolgreiche Songs hatte, wird der Anteil ganz schön gross sein. Etwa ein Drittel der Show wird aus Modern Talking bestehen.

In welchen Ländern funktioniert Modern Talking aktuell besonders gut?

Es ist ein Wunder, dass diese alten Modern-Talking-Hits tatsächlich auf der ganzen Welt funktionieren. In China laufen die Songs gerade wie verrückt und in Spanien ist ein regelrechter "Brother Louie"-Trend ausgebrochen. Die Lieder sind einfach nicht totzukriegen. Und ich bekomme fast jede Woche Cover-Anfragen.

Sie starten am Tag nach dem DSDS-Finale Ihre Tour. Warum wollten Sie sich dazwischen keine Pause gönnen?

Ehrlich gesagt stand zuerst die Tour, erst danach kam DSDS hinzu. Aus diesem Grund prallen die Termine jetzt direkt aufeinander. Das bedeutet: Ich werde gegen nachts um halb eins aus dem Finale rausgehen, um dann sechs Stunden nach Berlin zu fahren. Am nächsten Tag stehen schliesslich Soundcheck und ein Meet & Greet auf dem Programm. Es wird also etwas stressig, aber so ist halt manchmal das Leben.

Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen DSDS-Jubiläumsstaffel?

In der Presse ist oft zu lesen, wie schlecht es läuft. Das ist jedoch falsch. Die Staffel liegt im Moment fünf bis sechs Prozent über der vorherigen. Mein gesamtes Team und RTL sind eigentlich sehr zufrieden. Leider wird es in den Medien komisch dargestellt. Manchmal wird auf die erste Staffel zurückgegriffen, in der wir zwölf Millionen Zuschauer hatten. Diese Hammer-Quote bezog sich aber auf das Finale. Angefangen haben wir damals mit drei Millionen – und das haben wir sogar in der aktuellen Staffel geschafft. Dass es gewisse Abnutzungserscheinungen gibt und wir in dieser Staffel auch ein bisschen Pech mit gewissen Dingen hatten, steht auf einem anderen Blatt.

Dennoch ist die Quoten-Diskussion in vollem Gange: Wie bewerten Sie Vergleiche mit anderen Sendungen, etwa mit der "Giovanni Zarrella Show"?

Der Vergleich mit Giovanni ist absolut legitim – nur auch da stehen völlig falsche Zahlen im Raum. Bei RTL interessiert uns die Zielgruppe bis 49 beziehungsweise jetzt bis 59. Diesbezüglich haben wir den lieben Giovanni um Meilen geschlagen. Wir hatten mit Blick auf diese Zielgruppe 13,5 Prozent, Zarrella hatte elf Prozent. Dass er als Moderator einer öffentlich-rechtlichen Show eine bessere Quote bei den älteren Zuschauern hatte, war doch klar.

Hand aufs Herz: Sind Sie nach diesem Medien-Spektakel um Ihre Person froh, dass Sie im Frühjahr "ganz privat" vor Ihrem eigenen Publikum spielen dürfen?

Das begleitet meine Person seit dem Beginn meiner Karriere – ich bin schliesslich seit 40 Jahren im Business. Bei Modern Talking wurden wir am Ende sogar ausgebuht, weil wir so provokativ waren. In Deutschland kommt hinzu, dass der Neid der Kollegen ausbricht, wenn man die fünfte Nummer 1 in Folge hingelegt hat. Auch die Medien spielen eine Rolle: 1985 hat der "Stern" geschrieben, dass wir "Wegwerfmusik" machen, die in einem halben Jahr keiner mehr hören möchte.

Dem ist nicht so, wie die Zahlen nach wie vor belegen. Warum soll es trotz des anhaltenden Erfolgs Ihre letzte grosse Tournee sein?

Weil ich mich mit den Tourneen nicht zerreissen kann. Wir haben kürzlich eine internationale Zusammenarbeit beschlossen – höchstwahrscheinlich inklusive einer Welttournee. Was eine weitere Tour in Deutschland in nächster Zeit anbelangt, fehlt mir aber die Zeit. Es wird mir irgendwann zu viel.

Nach einem Ruhestand klingt das dennoch nicht. Wie geht es für Sie nach der aktuellen DSDS-Staffel bei RTL weiter?

Ich habe mit RTL einen langfristigen Vertrag, der nicht mit dem Jahr 2023 endet. Es könnte sein, dass es noch ein "Supertalent" geben wird – genauso wie es sein könnte, dass im nächsten Jahr eine weitere DSDS-Staffel kommt. Ich habe aber auch Ideen für neue Formate, mein Kopf ist voller Pläne.

Wie wäre es mit einem ESC-Beitrag? Deutschland kann da durchaus Input gebrauchen, wenn man auf die vergangenen Jahre zurückblickt …

Also, ich habe dreimal am ESC teilgenommen – mir reicht das. Bei diesem Wettbewerb geht es auch nicht darum, wer den besten Titel schreibt.

Beinahe hätte sich Ikke Hüftgold das ESC-Ticket gesichert. Ist sein polarisierendes "Lied mit gutem Text" für Sie ein guter Titel?

Ikke Hüftgold? Ich glaube, das liegt ausserhalb meines Musikkorridors.

Sie sind ja auch nicht der "Partyschlager-Titan", sondern der "Pop-Titan". Mögen Sie diese Bezeichnung eigentlich?

Ich ärgere mich ein bisschen über dieses "Pop-Titan". Gehässigerweise schreiben die Zeitungen nämlich immer: "Der Bohlen, der selbsternannte Pop-Titan!" Das ist überhaupt nicht wahr. Dieser Begriff wurde von der "Bild-Zeitung" erfunden: Oliver Kahn war der "Torwart-Titan" und Dieter Bohlen der "Pop-Titan".

Warum heisst ausgerechnet Ihre letzte Tour eigentlich "Das grösste Comeback aller Zeiten"?

Wir wollten einfach einen spassigen Titel haben. Bei mir ist ja alles mit einem gewissen Augenzwinkern verbunden …

Apropos Comeback: Aktuell kehren viele Show-Klassiker ins Fernsehen zurück. Wie beurteilen Sie diesen Trend?

Mich besorgt das ein wenig, weil es dafür spricht, dass die Kreativität stark nachgelassen hat. Früher waren viel mehr neue Ideen am Markt. Die letzte grosse Idee waren vermutlich die Castingshows – und das ist 20 Jahre her. Es passiert aktuell relativ wenig, eine gewisse Verzweiflung macht sich bemerkbar. Da viele Sachen zuletzt nicht funktioniert haben, macht sich auch eine gewisse Angst breit.

Sie werden im nächsten Jahr 70. Sind Sie beruflich und privat ruhiger geworden?

Nein, das kann ich nicht sagen. Eher im Gegenteil: Ich habe ein grosses Fitnessstudio, in dem ich jeden Tag anderthalb Stunden verweile – manchmal auch nur zum Telefonieren (lacht). Die wenige Freizeit nutze ich für Sport oder ich kümmere mich um meinen Garten.

Mit welchen zwei, drei Ihrer eigenen Hits im Gepäck wären Sie selbst bei DSDS vor die Jury getreten und warum?

Wenn ich nächste Woche vorsingen müsste, würde ich "Midnight Lady" präsentieren. Der Song eignet sich sehr gut, um zu zeigen, wie man singt. Die Tonart passt auch gut zu mir. Aber auch "Für dich", "Eine Nacht" oder "Brother Louie" könnte ich sofort singen.

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