Jetzt sprechen die Femen-Aktivistinnen: Nach ihrem Nackt-Protest bei Markus Lanz melden sich Josephine und Hellen im Exklusiv-Interview zu Wort und berichten, warum sie am Mittwochabend die Talkshow im ZDF gestürmt haben.

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Während sich Moderator Markus Lanz mit dem Journalisten Hajo Schumacher über die Champions League unterhält, stürmen zwei Femen-Aktivistinnen das Studio. Hellen und Josephine springen mit nacktem Oberkörper auf die Bühne und brüllen "Boykott, Fifa, Mafia" und "Fairness in- and outside the grassfield".

Über die Hintergründe ihrer Aktion sagt Josephine unserem Portal: "Wir wollten auf die Schattenseiten des sonst so heiligen Fussballs hinweisen." Und weiter: "Wir fordern einen Boykott von grossen sportlichen Veranstaltung, wenn in den Austragungsländern die Bevölkerung darunter leidet."

"Es ist einfach nur peinlich"

Man habe die Sendung von Markus Lanz als Ort des Protests gewählt, weil es sich um eine Live-Sendung gehandelt habe. "Zudem ging es um Fussball. Wir wussten, dass sich die Zuschauer mit dieser Sportart und der Thematik auseinandersetzen", sagt Josephine.

Tatsächlich verfolgten über zwei Millionen Menschen die Gesprächsrunde im ZDF. Zuvor sahen 8,29 Millionen Zuschauer die Partie in der Champions League zwischen Olympique Marseille und Borussia Dortmund. "Wir wollten die Fussball-Fans und eine breitere Masse erreichen. Sie können solche Veranstaltungen boykottieren und die Verantwortlichen zu Veränderungen drängen", zeigt sich die Aktivistin überzeugt.

Massgeblich wollte man mit der Aktion bei Lanz auf die schlechten Bedingungen in Katar hinweisen. Arbeiter werden dort versklavt und müssen unter unmenschlichen Bedingungen Stadien errichten. Josephine: "Für die Bevölkerung hat die Veranstaltung negative Auswirkungen." Und: "Es ist einfach nur peinlich, wenn Franz Beckenbauer sagt, er habe dort keine Sklaven gesehen. Wie ignorant muss man sein, um da einfach wegzuschauen?"

Der Golfstaat sei kein Einzelfall, wie die Femen-Aktivistinnen erzählen. Probleme gebe es zudem in Brasilien, dem Ausrichter der Fussball-Weltmeisterschaft 2014 und in Russland, dem Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014. "Die Menschen leiden, und die Welt schaut weg. Das wollen wir ändern." Femen-Aktivistin Hellen ist sich sogar sicher: "In Russland geht es Putin, genauso wie in Katar, um die Erhaltung der eigenen Macht." Mit Sport habe das nichts zu tun. "Vielmehr interessiert sie nur das Geld und das Sponsoring."

Gaucks Absage geht in die richtige Richtung, aber ...

Auf die Frage, was sie vom Boykott der Sotschi-Spiele durch Bundespräsident Joachim Gauck halten, antwortet Josephine: "Wir finden es gut. Es geht in die richtige Richtung. Allerdings ist es nicht in Ordnung, wenn man die Gründe für seine Absage nicht nennt." Gauck habe nicht begründet, warum er die Winterspiele boykottiere.

"Das ist schade und unverständlich. Wir glauben, dass es zu einem Dialog kommen muss", fügt Hellen hinzu. Das deutsche Staatsoberhaupt dürfe seinen Boykott nicht nur auf Sotschi begrenzen. "Auch die Fussball-WM 2018 findet in Russland statt." Der Bundespräsident könne doch nicht glauben, dass sich das Land bis dahin zu einem schwulenfreundlichen Land entwickeln werde, sagt Josephine.

Keine Reaktion von Markus Lanz

Lanz habe mit den beiden Frauen nach der Aktion nicht gesprochen. Sicherheitsbeamte hätten sie aus dem Studio gezerrt. "Wir haben jetzt Hausverbot beim ZDF", berichtet Hellen. Lanz sei nach der Sendung nicht auf sie zugegangen und habe sich auch "nicht mehr bei uns gemeldet".

Das sei aber auch irrelevant, so die beiden Frauen. Femen werde den Kampf für Gerechtigkeit fortsetzen. "Ihr könnt euch überraschen lassen", kündigt Josephine an.

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