Was wäre, wenn normale Menschen plötzlich Superkräfte entwickeln könnten? Um diese Frage geht es in "Freaks - Du bist eine von uns", einer Co-Produktion von Netflix und dem ZDF, die auf der Streaming-Plattform ab dem 2. September abrufbar ist. Wir haben den Superhelden-Film vorab gesehen und mit Schauspielerin Nina Kunzendorf gesprochen, die eine böse Therapeutin spielt.

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"Was ist deine Superkraft? Pfandflaschen sammeln?" Wendy (Cornelia Gröschel) zweifelt an den Ausführungen des Obdachlosen Marek (Wotan Wilke Möhring).

Dieser versucht die junge Mutter aus der Vorstadt davon zu überzeugen, dass sie Superkräfte hat. Wenn sie nur die Pillen weglässt, die sie seit Jahren schluckt. Als Wendy gerade weitergehen will, stürzt sich Marek von einer Brücke auf die Autobahn. Und die Verwandlung der braven Wendy beginnt.

Der neue deutsche Netflix-Film "Freaks - Du bist eine von uns", der ab dem 2. September auf der Streaming-Plattform abrufbar ist, beschäftigt sich mit der Frage, was wäre, wenn es tatsächlich Menschen mit Superkräften geben würde. Und was wäre, wenn diese Superkräfte vielleicht in jedem einzelnen von uns schlummern würden.

Kann man Superheldin und gleichzeitig Mutter sein?

Wendys Leben ist vor der Begegnung mit Marek jedenfalls trostlos. Die junge Mutter geht einem miesen Job in dem Schnellrestaurant "Kotelett-Himmel" nach, wo sie von ihrer grobschlächtigen Chefin ebenso schlecht behandelt wie bezahlt wird. Ihr Sohn wird in der Schule gemobbt, die Raten für die Doppelhaushälfte sind kaum noch zu bezahlen.

Erst, als sie auf Marek hört und ihre Medikamente absetzt, ändert sich Wendys Leben. Nun mit übernatürlichen Kräften ausgestattet, bietet sie endlich ihrer Chefin die Stirn. Pöbelnde Typen, dir ihr auf dem Heimweg nachstellen, werden dies schon bald sehr bereuen. Plötzlich scheint es keine Grenzen mehr für sie zu geben.

Während Wendy ihr Leben neu ordnet, steht sie gleichzeitig aber auch vor neuen Problemen. Schliesslich lässt sich ein Dasein als Superheldin nicht ohne Weiteres mit dem Job und der Rolle als Mutter unter einen Hut bringen. Und sie ist nicht die einzige Person in ihrem Umfeld mit Superkräften.

Kunzendorf: "Auf die eigene Kraft vertrauen"

Natürlich lässt sich die Geschichte auf unser aller Leben übertragen. Der Film will Mut machen, anders zu sein. Den Aufbruch in etwas Neues zu wagen. Wer wagt, gewinnt. Jeder kann ein Superheld sein. Eskapismus aus dem bedrückenden Alltag, gerade im düsteren Jahr 2020. Quasi die Matrix verlassen, um einen anderen Film heranzuziehen.

Wie bei "Matrix" gibt es aber auch hier mächtige Gegner, die dies verhindern wollen und die potenziellen Superhelden mit Pillen betäuben. "Freaks - Du bist eine von uns" kann deshalb auch als Kritik an Medikamentenmissbrauch verstanden werden, speziell an der in den USA noch viel weiter als hierzulande verbreiteten Vorgehensweise, sich mit Psychopharmaka zuzudröhnen, um den Alltag zu bewältigen.

"Ich würde sagen, dass man auf seine Instinkte, seine wirklichen Fähigkeiten, seine eigene Kraft vertrauen darf und soll", ordnet Nina Kunzendorf die Botschaft des Films im Gespräch mit unserer Redaktion ein: "Das, was im Film die Superkräfte sind, ist im wirklichen Leben vielleicht zu übersetzen mit einem eigenen Blick auf die Welt, mit kreativen Kräften, eben mit dem, was dich zu einem besonderen, nicht austauschbaren Menschen macht."

"Freaks - Du bist eine von uns": Die Drahtzieher bleiben im Dunkeln

Kunzendorf ist neben Gröschel und Möhring eine von drei aktuellen oder ehemaligen Tatort-Ermittlern im Film, sie spielt die Psychologin Dr. Stern, die Wendy schon ihr ganzes Leben behandelt und ihr die Pillen verschreibt, die die Superkräfte unterdrücken. Sie scheint Teil einer grösseren Verschwörung zu sein, die aber im Dunklen bleibt.

"Das wird nicht näher benannt, das finde ich auch ganz schön", erzählt Kunzendorf: "Das würde albern werden, wenn wir dahinter konkret einen Politiker, ein Institut oder eine dunkle Macht gezeigt hätten. Ich finde es schön, dass das so vage und im Hintergrund bleibt. Ich mag Filme, bei denen Fragen offenbleiben. Die Fantasie der Zuschauer, wer da im Hintergrund die Strippen zieht, ist bestimmt reicher, als das, was wir hätten zeigen können."

Einen Sinn für Fantastisches benötigen die Zuschauer auf jeden Fall, "Freaks - Du bist eine von uns" ist nämlich ein ziemlich ungewöhnlicher Film. Ein Film, der Genres mixt, Comedy, Science-Fiction, Drama. Die Actionszenen wirken teilweise überdreht, fast wie Prügeleien bei Asterix und Obelix. Beim Fussballspiel mit ihrem Sohn im Garten tritt Wendy den Ball auf die Reiseflughöhe eines Langstreckenjets.

Ein Action-Spektakel wie aus Marvel's Avengers-Universum ist der Film aber trotzdem nicht. Dafür ist er in einigen Momenten viel zu traurig und nachdenklich. Ein Superhelden-Film aus Deutschland eben, der neue Wege beschreiten möchte, der ziemlich viel erzählen und zeigen will und damit teilweise auch über das Ziel hinausschiesst.

ZDF produziert mit für "Das kleine Fernsehspiel"

Produziert wurde der Film von Netflix gemeinsam mit dem ZDF, dort soll "Freaks - Du bist eine von uns" in der Sendereihe "Das kleine Fernsehspiel" laufen. Ein Sendeplatz, der traditionell für experimentelle, ungewöhnliche Filme reserviert ist. Und tatsächlich wirkt der Superhelden-Film ein Stück weit auch wie ein Experiment, Regisseur Felix Binder und Autor Marc O. Seng betreten Neuland im deutschen Fernsehen.

"So einen Mix aus Drama, Comic, Ernsthaftigkeit und Komödie habe ich bei uns noch nicht gesehen", sagt Kunzendorf. Letztlich passe aber alles zusammen, führt die Schauspielerin weiter aus, "weil der Film so, wie er ist, stimmig ist, wie ich finde. Gerade die Mischung aus Ernsthaftigkeit und Überzeichnung macht doch das Besondere dieses Films aus."

Verwendete Quellen:

  • Vorab-Sichtung des Films "Freaks - Du bist eine von uns"
  • Interview mit der Schauspielerin Nina Kunzendorf
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