"Seit 16 Wochen bin ich auf der Suche nach GNTM 2024", erklärt Heidi Klum am Donnerstagabend in Folge 16. Warum sie dafür so lange braucht, verrät sie allerdings nicht. Auch nicht, warum es keinen Plan B für den Fall gibt, sollte den Models beim Höhen-Shooting die Höhe wurscht sein. Dafür wird mal wieder klar, was das eigentliche Kriterium ist, um Germany’s Next Topmodel zu werden.
Erinnern Sie sich noch an den berühmten Schachbrett-Walk von 2017? Als die Models als Springer, Läufer und Co. über einen gekachelten Catwalk staksen mussten? Oder an das 2019er-Wassershooting? Als die Kandidatinnen mit übergrossen Handtaschen in einen Pool springen sollten? "Germany’s Next Topmodel" war noch nie gut darin, zu verschleiern, dass es kein Model-Casting, sondern eine reichlich absurde Unterhaltungsshow ist.
Daran hat sich in der aktuellen Staffel nichts geändert, nur die Shootings und Walks sind inzwischen wesentlich einfallsloser geworden. Viel Zeit, das zu ändern, bleibt nicht mehr, denn nur noch zwei Folgen, dann steht schon das Finale an. Also sputet man sich in Folge 16, doch noch ein bisschen am Plemplem-Rad zu drehen. Doch vor der Kür hat man auch diesmal die Pflicht gesetzt und so müssen die Models erst einmal zeigen, wofür sie eigentlich da sind. Doch Vorsicht, wenn Sie jetzt voreilig an "Topmodel werden" denken.
Die Superkraft der Kerstin Schneider
Denn natürlich ist das grosse Ziel der Models fürs Finale, auf das Cover der "Harper’s Baazar" zu kommen und dafür sollen in dieser Folge schon mal die Bilder gemacht werden. Erstmal mit jedem der elf übrig gebliebenen Models, die
Damit es dann doch nicht ganz so viel Müll wird, hat man sich entschieden, zwei Cover zu veröffentlichen, eines mit einem männlichen und eines mit einem weiblichen Model. Aber wer könnte das sein? Vermutlich jemand mit dem gewissen Etwas. Woher wir das wissen? Na, natürlich von Kerstin Schneider. "Als Chefredakteurin hat Kerstin natürlich den perfekten Blick, wer das gewisse Etwas hat und wer nicht." Gut, dass es Menschen mit solchen Fähigkeiten gibt. Wobei … Erkennt man nicht automatisch das gewisse Etwas, weil es sonst nicht das gewisse Etwas wäre? Nur so eine Idee. Es rühmt sich ja auch niemand damit, den perfekten Blick zu haben, Leute mit einem gelben Hut zu erkennen, denn die erkennt man, nun ja, eben an ihrem gelben Hut.
Kerstin Schneider kommt trotzdem nicht mit leeren Händen, sondern mit der Anweisung, wie sie sich denn das Coverfoto vorstellt: "Man ist sexy, man ist verführerisch und das aber auch wirklich spürt. Es muss schon auch natürlich rüberkommen." Eine Arbeitsanweisung wie aus dem Heidi-Klum-Handbuch für angehende Topmodels – aber halt auch nicht besonders originell. Sexy, verführerisch und natürlich – das ist GNTM-Standard. Warum man aber von einem Modeheft herunter verführt werden muss und zu was, erklärt Frau Schneider leider nicht.
Die Zwillinge werden wieder vereint
Aber weil gelernt ja bekanntlich gelernt ist, haben die Klum-Models sexy-verführerisch-natürlich drauf und so ist das Cover-Shooting im Grunde ein einziges Komplimente-Austauschen. Die Models erzählen, wie bedeutend es doch ist, für die "Harper’s Bazaar" fotografiert zu werden und Frau Schneider ist begeistert, wie toll die Models dieses Fotografiert-werden hinbekommen. "Voll die Ehre, für ‚Harper‘s Bazaar’ zu shooten", findet zum Beispiel Jermaine, als wüsste er nicht, dass das Ganze weniger etwas mit Ehre als vielmehr mit einer geschäftlichen Vereinbarung zwischen Produktion und Magazin zu tun hat.
Das Shooting hat aber doch noch etwas Überraschendes parat. Heidi Klum hat nämlich "plötzlich" das Gefühl, dass es gar nicht so viel bringt, die Zwillinge Luka und Julian immer getrennt zu behandeln. "Die Magie, finde ich, bei beiden passiert wirklich, wenn sie zusammen sind", entdeckt Klum den Umstand, dass man bei einem Foto gar nicht so sehr merkt, dass jemand ein Zwilling ist, wenn man ihn einzeln fotografiert. Fortan werden die Zwillinge also unter derselben Kundennummer geführt. Weltidee.
Irgendwann sind alle Fotos im Kasten und so darf Klum noch den Walk des nächsten Tages anteasern: "Ich würde Angst haben", verrät Klum und setzt damit das Motto des Walks. Genau genommen, das erhoffte Motto. Das GTNM-Team arbeitet nämlich fröhlich weiter an der Clownisierung des Model-Geschäfts und hat diesmal einen gläsernen Catwalk aufgebaut, der über den Rand eines Abgrunds hinausführt. Am Ende des Laufstegs sollen die Models als Punks verkleidet dann in 100 Meter Höhe jeweils drei Posen vorführen.
Wo ist Angst, wenn man sie mal braucht?
Das reiht sich nahtlos in all die Gaga-Walks der vergangenen Jahre ein – bis auf eine Ausnahme. Denn so einen 100-Meter-Höhen-Walk gibt es ja nicht, weil man nur so ein Model werden kann, sondern weil sich die Produktion davon allerlei Ojemine-Momente erhofft. Doch die Models wollen da nicht so recht mitspielen, so sehr man sich auch bemüht. "Es gibt ja nicht mal irgendein Geländer", versucht Schneider Gefahr herbei zu reden und auch Klum wird nicht müde, zu dramatisieren: "Ich hoffe, dass keiner vorher aussteigt."
Immerhin findet der Kameramann mit Jermaine und Lea zwei Models, die im Besitz einer Höhenangst sein wollen. So vergewissert sich Jermaine vor seinem Lauf, dass der Sicherheitsgurt nicht nur Gurt, sondern auch sicher ist. Auf dem Laufsteg läuft es bei ihm, wie bei allen anderen auch, trotzdem reibungslos. "Hätte er vorher nicht gesagt, er hat Angst, hätte man’s nicht gemerkt", urteilt Schneider nach Jermaines Walk und erklärt damit auch, warum er ständig nach seinem Befinden gefragt wurde. Weil der Zuschauer die Angst ja sonst nicht mitbekommt.
In dieser reibungs- und vor allem angstlosen Situation rächt es sich natürlich jetzt, dass "Germany’s Next Topmodel" seit 18 Jahren auf die immer gleiche Taktik gesetzt hat. Wenn dann die ganze Truppe mal keine Angst hat, gibt es keinen Plan B. Und so hat es sehr viel Verzweifeltes, wie Klum und Schneider da neben dem Catwalk sitzen und versuchen, doch noch ein bisschen Angst aus den Kandidaten heraus zu kitzeln. Richtig unangenehm wird es aber erst, als Kerstin Schneider verkündet, wen sie bitte nicht auf ihrem Cover haben möchte.
Wer wird Topmodel – und warum eigentlich?
Es ist Kadidja, die in dieser Woche gehen muss, irritierend ist dabei vor allem die Begründung. Zwar habe die andere Wackelkandidatin Fabienne ihr Cover-Shooting auch nicht perfekt abgeliefert, im Gegensatz zu Kadidja sei Fabienne aber facettenreicher: "Als High-Fashion, als ‚Bazaar‘-Model sehe ich dich jetzt nicht", urteilt Schneider über Kadidja.
Man könnte verstehen, würde Kadidja nun sagen: "Ich glaub, es hakt! Da reisse ich mir 16 Folgen lang den Hintern auf, ergattere einen Job nach dem anderen und am Ende werde ich nicht Topmodel, weil ich einem einzigen Modemagazin nicht passe! Nennt es doch gleich ‚Germany‘s Next ‚Harper‘s Bazaar’-Cover-Model’, wenn es nur um dieses eine Foto geht! Dann hätten wir uns das ganze Gedöns zwischendrin sparen können und wären gleich zu Frau Schneider gegangen!" Aber wie gesagt: "Germany’s Next Topmodel" war noch nie gut darin, zu verschleiern, dass es kein Model-Casting, sondern eine reichlich absurde Unterhaltungsshow ist.
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