"Germany's Next Topmodel" steht ja nun nicht gerade im Verdacht, eine Show zu sein, die Herzpatienten besser nicht sehen sollten. Die gestrige Folge unterbot aber diesmal alles, was man bisher so an Langeweile kannte. Langeweile-Forscher sprechen schon von der ödesten Folge seit Beginn der Langeweile-Aufzeichnungen.
"Germany's Next Topmodel" lebt ja vor allem von seinen Geschichten. Wer am Ende gewinnt interessiert keinen toten Friseur, Hauptsache die kleinen und grossen Geschichten auf dem Weg zum Finale berühren das Herz. Die Modeltätigkeit an sich wird für den Zuschauer ja ohnehin schon von einer gewissen Langeweile getragen. Denn fotografiert zu werden ist bereits öde, anderen beim fotografiert werden zuzusehen – man schläft schon beim Gedanken daran ein.
Also muss irgendetwas zwischen den ganzen Shootings, Castings und Walks passieren. Wie soll man sonst eine ganze Sendung füllen? Und was ist da nicht alles in den vergangenen zehn "Topmodel"-Jahren passiert! Wer erinnert sich nicht an all die aufregenden Geschichten! Genau. Niemand. Damit das diesmal nicht passiert, wurde gestern Abend wirklich jedes Schminktöpfchen nach einer guten Geschichte umgedreht.
Von wegen "Vertrau mir"
Als erstes wurde man bei der Kim fündig. Die hatte ja seinerzeit auf
Ärgerlich für Kim, aber jetzt auch keine Geschichte, die man sich noch in zehn Jahren an den Topmodel-Lagerfeuern dieser Welt erzählt. Also neuer Anlauf, diesmal mit der Lara. Die ist so etwas wie der Staffel-Schussel und geht prompt mit Flipflops zum Casting. Mit Flipflops! Das war dann auch schon die Pointe.
Wie, Sie meinen, da hätte sich die Produktionsfirma ein bisschen mehr Mühe geben müssen? Entschuldigen Sie mal! Versuchen Sie doch mal in einer knapp zweistündigen Show, bei der man bei jeder Sekundenzeigerumdrehung diese riesige Belanglosigkeit mitticken hört, irgendetwas an Relevanz zu finden, das man dann auch noch dem Zuschauer als spannend verkaufen kann! Senken wir also demütig unser Haupt vor der Lara, weil sie ihre Flipflops anhatte.
Ring frei - mal wieder
Verglichen mit dem nächsten Coup im Drehbuch ist die Flipflop-Geschichte nämlich ein echter Knaller. Weil die Damen ein "Mystery-Shooting" in einem Gruselhaus haben, lässt die Klum die Mädels in aller Herrgottsfrühe von zwei Zombie-Darstellern wecken. Hammer-Einfall, wirklich. Hut ab! Aber irgendwie kommt das Ganze bislang nicht über die Kategorie "Mein schönstes Ferienerlebnis" hinaus.
Wenn so viel Langeweile herrscht, greift der geübte "Topmodel"-Produzent automatisch in die Streit-Kiste. Das ist so eine Art Überlebensinstinkt in der Branche. Also wird die alte Nummer zwischen der
Schachmatt für Luana
Dementsprechend wird gelästert, gezickt, gestichelt, gezetert und beleidigt. Weil die Elena C. gewonnen hat und die Jasmin stänkert und die Fata hätte nach New York fliegen sollen und nicht die Elena C., weil die ohnehin bevorzugt wird und überhaupt und sowieso. Szenen, die man seit dem grossen Klassenausflug in der Siebten nicht mehr gesehen hat, als die Sandra was vom Jörg wollte, der aber die Julia besser fand.
So weit, so öde. Und so wartet man quälend lange Minuten, bis es sich das erste Mal wirklich lohnt, die Augen offen zu lassen. Beim Entscheidungswalk müssen die Mädels nämlich mit schwarz-weiss gekachelten Ganzkörperanzügen über den Catwalk stöckeln, während Heidi Klum Gericht hält. Eine Szene, die dem Wörtchen absurd eine ganz neue Facette hinzu fügt.
Das war's dann aber auch schon an Aufregung für dieses Mal. Die einzige, die ein bisschen Puls bei dieser Folge gehabt haben dürfte, wird die Luana sein. Die bekam diesmal nämlich kein Foto von der Heidi, kann dafür aber auf dem Heimflug jetzt eine Partie Schach mit sich selbst spielen. Gegen die Langeweile. Immerhin.
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