17 Topmodel-Auszubildende hofften noch auf den Titel der Klassenbesten. Zwei von ihnen konnten gestern Abend aber leider nicht versetzt werden. Es ist aber auch wirklich nicht leicht, den Anforderungen des straffen Lehrplans gerecht zu werden. Noch dazu, wenn die eigentliche Siegerin von "Germany's Next Topmodel" schon feststeht.
"Wir wollen die Mädchen behutsam an den Model-Beruf heranführen." Diesen Satz haben wir so oder so ähnlich schon unzählige Male aus dem Mund der "Germany's Next Topmodel"-Juroren gehört. Und doch überrascht er jedes Mal aufs Neue, hatte man ProSieben bislang doch weniger als Berufsförderungswerk in Erinnerung als vielmehr als kommerziellen Unterhaltungssender.
Man konnte also, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, bislang davon ausgehen, dass der Sender mit dieser Unterhaltungsshow in erster Linie Geld verdienen will. Dass es sich bei "Germany's Next Topmodel" um ein einsemestriges Präsenzstudium mit dominantem Praxis-Teil handelt, konnte man als Zuschauer ja nicht ahnen. Höchste Zeit also, sich einmal anzusehen, was in der Klum-Akademie so alles auf dem Topmodel-Lehrplan steht.
Lektion 1: Sag das Offensichtliche!
Offenbar gibt es in der Show eine Regel, die besagt, ganz offensichtliche Zustände noch einmal laut auszusprechen. Vielleicht, weil man dem Zuschauer nicht zutraut, Augenscheinliches von alleine zu bemerken oder, um sich selbst noch einmal Gewissheit zu verschaffen. Aufgrund dieser Regel sagt
Lektion 1 besonders gut verinnerlicht hat Elena C. Als es Lara bei einem Shooting, das auf einer Schaukel in zehn Meter Höhe stattfinden soll, wegen ihrer Höhen-Angst ganz anders wird, fragt Elena messerscharf: "Hast du denn Angst runter zu fallen?" An dieser Stelle wünscht man sich so sehr, dass Lara antwortet: "Nö, ich habe Angst, dass ich den Herd nicht ausgemacht habe."
Lektion 2: Sei nicht die Zicke - wenn doch, dann aber nicht lange, sondern eher perspektivisch, aber vielleicht besser doch nicht!
Zugegeben, Lektion 2 ist nicht ganz leicht zu lernen, aber hat man sie erst einmal begriffen, ist die Topmodel-Krone zum Greifen nahe. Wichtigstes Lernziel: Die Zicke gewinnt nie! Sollte man mit einem ausgeprägten Irrelevanz-Gedächtnis ausgestattet sein, wird man bei einer "GNTM"-Rückschau feststellen, dass die obligatorische Zicke bei dieser Show bislang keinen Blumentopf gewinnen konnte. Die Zicke macht hier nur aus dramaturgischen Gründen mit. Daher lieber nicht die Zicken-Rolle nehmen, selbst wenn sie einem vielleicht angeboten wird.
Aber Vorsicht: Auch wenn man von Haus aus ein eher sanftes Gemüt hat, kann der Mann im Schnittraum es im Handumdrehen so aussehen lassen, als sei man durch und durch kapriziös. Im gestrigen Fall erwischte es Yusra, die am Ende selbst an ihre Zickigkeit glaubte und sich bei Michalsky für ihre Renitenz entschuldigte.
Lektion 2 hat allerdings ein Hintertürchen. Auch wenn Heidi Klum sagt, dass sie es missbilligend zur Kenntnis nimmt, wenn ein Mädchen "frech" wird: Wer tatsächlich zur Widerborstigkeit neigt, dem sei gesagt, dass
Lektion 3: Mach ein bisschen Drama!
Hinweis vorab: Setz das Drama nur aus Gründen des Spannungsbogens ein! Solltest du es mit dem Drama übertreiben, kommt nämlich sofort Lektion 2 zur Anwendung. Auf diesem schmalen Grat wandelte gestern Jasmin. Als ihre Freundin Laura kein Foto von Frau Klum bekam, beschloss Jasmin, die Sendung ebenfalls zu verlassen. Es folgte eine nicht enden wollende Ja-Nein-Doch-Vielleicht-Doch-Nicht-Szene, ehe Jasmin ihren Verbleib verkündete.
Die Drama-Lektion steht aber in keinem direkten Zusammenhang mit einer Verbesserung der Sieg-Chancen und wird wie die Zicken-Lektion vom Sender nur aus dramaturgischen Gründen gelehrt, um für die einzelnen Episoden-Vorschauen einen Cliffhanger zu haben.
Lektion 4: Glaube nicht alles, was dir versprochen wird!
Achtung, liebe Heranwachsende, Spoiler-Alarm: Auch wenn die Show so heisst - niemand wird hier "Germany's Next Topmodel". Nicht Kim, nicht Julia, nicht Christin und seit heute erst recht nicht Laura und Jenny, denn die sind raus. Das einzige, was man hier vielleicht wird, ist Germany's Next "Germany's-Next-Topmodel"-Winner. Denn die Show verfolgt, so scheint es, ein ganz anderes Ziel und das heisst Heidi Klum. Die Model-Mama zeigt in der Show eine Dauer-Präsenz, die ganz harmlos beim Titel-Zusatz "by Heidi Klum" beginnt und sich bis zum subtil-penetranten Aufzählen ihrer Erfolge, Kontakte, Cover-Fotos, und so weiter erstreckt.
Ein "Next Topmodel" wird es daher nicht geben, denn das würde ja zum einen bedeuten, dass das derzeitige Topmodel Deutschlands durch das nächste abgelöst würde. Das wird aber zum anderen nie passieren, denn die zentrale Botschaft, die einem bei "Germany's Next Topmodel" mit dem Zaunpfahl um die Ohren gehauen wird, lautet ganz schlicht: Das einzige Topmodel Germany's ist und bleibt Heidi Klum.
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