Der Podcast "Das Imperium Heidi Klum - Catwalk zur Macht" zeichnet die Karriere der Deutschen vom amerikanischen Otto-Katalog bis zur weltweiten Marke nach. Und spart nicht an Kritik.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Felix Reek dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Für den Podcast "Das Imperium Heidi Klum - Catwalk zur Macht" ist es der entscheidende Schritt in der Karriere des Models, um in Deutschland bekannt zu werden: "Wetten, dass..?", 1999. Heidi Klum, 25 Jahre alt, sitzt zwischen Harald Schmidt und Helmut Dietl auf der Couch der Samstagabendshow, noch heute auf YouTube zu sehen.

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Was sie denn gerne den Bundeskanzler fragen würde, will Thomas Gottschalk von ihr wissen. Das ist zu diesem Zeitpunkt Gerhard Schröder, 100 Tage im Amt, er sitzt ein wenig weiter rechts auf der Couch. Klum zieht die Augenbraue hoch, beisst sich neckisch auf die Lippe, zwirbelt eine Haarsträhne und fragt, ob seine Haarfarbe echt wäre. Schröder lacht, grosses Hallo über diese Frechheit, der Kanzler wiegelt ab und verweist darauf, dass das gerne eine Expertenkommission prüfen könnte.

Danach kennt in Deutschland jeder Heidi Klum, so die Podcast-Reihe, die für den Hessischen Rundfunk produziert wurde und in der ARD Audiothek erschienen ist.

Warum das Autorin Katharina Wilhelm so wichtig erscheint, ist, dass die Aktion von dem deutschen Model geplant war. Bereits am Tag vorher gab sie "Bild" ein entsprechendes Interview. Ein frühes Beispiel, wie strategisch die Deutsche ihre Karriere geplant und kontrolliert hat.

Kurven statt "Heroin Chic"

In fünf Folgen will der Podcast die aussergewöhnliche Karriere der Deutschen nachzeichnen. Dazu hat Katharina Wilhelm auf der ganzen Welt recherchiert. Sie trifft frühe Wegbegleiter von Klum wie die Modelagenten Peymann Amin, Kyle Hagler und Heidi Gross, die alle behaupten, dass es ohne sie die heutige Heidi Klum nie gegeben hätte.
Die Wegbegleiter erzählen, wie das deutsche Model in den USA beim amerikanischen Pendant des Otto-Kataloges beginnt, wie sie das Cover der "Sports Illustrated" ziert und in Sitcoms mitspielt.

Während sie in den USA als eine der schönsten Frauen der Welt bekannt ist, belächelt sie die europäische Modewelt, weil sie so kurvig und gut gelaunt ist. Zu dieser Zeit ist der "Heroin Chic" von Kate Moss angesagt, je dünner, desto besser. Und Klum ist mit ihren Massen 90-62-89 zu "dick". Legendär ist der Ausspruch von Karl Lagerfeld, dass er und "Clodia" (gemeint ist Claudia Schiffer) in Paris keine Heidi Klum kennen würden.

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"Das Imperium Heidi Klum" hat ein zentrales Problem

Spätestens seit 2006 kann der Deutschen niemand mehr entkommen: "Germany’s Next Topmodel" startet auf ProSieben, ist sofort ein grosser Erfolg, zieht aber auch massive Kritik nach sich. Klum gibt die strenge Geschäftsfrau, die jungen Mädchen erklärt, dass sie zu dick für eine Karriere in der Modebranche seien - obwohl ihr genau dasselbe erklärt worden war.

Der Podcast widmet GNTM zwei Folgen, beleuchtet die Mechanismen der Sendung, erzählt von Mitarbeitern, die sich mit den Kandidatinnen anfreunden, um herauszufinden, wer sich mit wem nicht versteht, damit es vor der Kamera mehr knallt, nimmt sich die Rolle von Günther Klum vor, der die Teilnehmerinnen mit komplizierten Knebelverträgen an sich bindet, die nicht einmal Juristen verstehen. Und behauptet, der Vater des deutschen Supermodels habe die erste Gewinnerin der Show, Lena Gercke, bestimmt. Was Günther Klum laut dem Podcast mit einem simplen "Niemals" beantwortet habe.

Das war es dann aber auch mit den spektakulären Neuigkeiten, die "Das Imperium Heidi Klum" zu bieten hat. Das meiste aus dem Podcast ist bekannt, was daran liegt, dass der innere Kreis um Heidi Klum nicht zu Wort kommt.

Ihr Vater sprach mit den Machern, aber nur inoffiziell. Heidi Klum selbst sagte ab. Von den Teilnehmerinnen von GNTM sitzt nur Gina-Lisa Lohfink vor dem Mikrofon, die erklärt, dass sie eine tolle Zeit hatte. Kein Wunder, ermöglichte sie ihr doch ihre Reality-TV-Karriere. Kandidatinnen, die mehr Probleme hatten, wollen sich, bis auf eine anonyme Quelle, nicht äussern. Genauso wenig wie ProSieben.

Heidi Klum Ric Pipino

Das wurde aus Heidi Klums ersten Ehemann Ric Pipino

Was wurde eigentlich aus Heidis erstem Ehemann Ric Pipino? Vor inzwischen fast 30 Jahren heiratete sie den 13 Jahre älteren Starfriseur. Die Beziehung hielt fünf Jahre. (Photocredit: Getty Images/Mark Mainz)

Grösste Schwäche des Podcasts

Vielleicht ist das die grösste Schwäche des Podcasts, dass er am Bild von Heidi Klum als deutscher Weltstar nicht wirklich kratzen will. Es scheint immer wieder, als wäre das Bild der erfolgreichen Selfmade-Millionärin zu vorgefasst, der Zugang zu ihr zu persönlich. Immer wieder streut die Autorin Katharina Wilhelm Anekdoten und Beurteilungen ein, die nicht ins Gesamtbild passen. Sie lädt ihre Freundinnen ein, mit denen sie vor 20 Jahren "Germany’s Next Topmodel" schaute und will wissen, was sie heute davon halten (eine ist immer noch Fan, die anderen nicht). Oder bringt ihre etwas zu reflexhafte Abscheu über die Altherrenwitze von Thomas Gottschalk und US-Late-Night-Host Conan O'Brian zum Ausdruck, die wie eine an den Zeitgeist angepasste Beurteilung der Vergangenheit wirken.

Das wäre als durchgängiges Konzept ein interessanter Zugang gewesen, um sich Heidi Klum anzunähern, so wirkt es eher wie ein Störfaktor. Dass das deutsche Model seine Karriere mit einem Model-Wettbewerb in Thomas Gottschalks Late-Night-Show begann, erwähnt der Podcast übrigens nicht.

Wer sich hinter dem öffentlichen Bild der "Powerfrau", die stets sexy und gut gelaunt ist, verbirgt, kann "Das Imperium Heidi Klum" letztlich auch nicht ergründen. Der Podcast erzählt auf interessante und unterhaltsame Weise, wie das Model zur Marke wurde, ohne ihr wirklich nah zu kommen. So zeigt Heidi Klum durch ihre persönliche Abwesenheit im Podcast, was vielleicht ihre herausragendste Qualität ist. Nur einer bestimmt ihr Bild in der Öffentlichkeit: Sie selbst.

Verwendete Quellen