Jobs wollte Heidi Klum in der ersten Casting-Folge der neuesten Staffel "Germany’s Next Topmodel" von den Models am Donnerstagabend sehen. Die bekam sie vor allem von einer Kandidatin, ansonsten brachten die Models einen kleinen Streit, eine Krankmeldung, eine Message und einen Entscheidungswalk im Blindflug an.
"We are going to Los Angeleeeeees! Whoooo!", flötet Josy die ersten Worte in Folge elf in die Kamera und auch die anderen Kandidatinnen sind ganz aus dem Häuschen: "Das ist wirklich der nächste Schritt, hier bei 'Germany's Next Topmodel'. Wenn man nach L.A. fliegt und dann diese ganze Experience", freut sich Eva und auch Svenja ist begeistert: "Der Hollywood Boulevard, Hollywood Sign, Santa Monica – es gibt so viele verschiedene Sachen und ich glaube, es gibt auch einfach super viel zu erleben hier."
Ja, es gibt wirklich super viel zu erleben, wenn man in die USA kommt. Es sei denn, man landet gerade in einem von Trumps Abschiebegefängnissen. Aber das ist sicher nicht die Experience, die Eva und Svenja gemeint haben. Nein, bei "Germany’s Next Topmodel" ist alles mit realitätsabweisender Folie eingeschweisst. Also: Whoooo, Los Angeles!
Vorher schickt die
Erstes Casting bei GNTM und gleich eine "Challenge"
"Endlich geht’s los in die richtige Modelwelt", glaubt Kandidatin Svenja trotzdem, als sie mit ihren Kolleginnen in einem Reisebus zu ihrem ersten Casting geschippert wird. Das findet bei der Zeitschrift "Elle" statt und dort begrüsst die Chef-Redakteurin Franziska Frosch die Models. Und Frau Frosch hat nicht nur ihre Digital-Chefredakteurs-Kollegin und die Mode-Leitung mitgebracht, sondern auch ein bisschen Marketing-Sprech: "'Elle' steht für ein softes Empowerment", behauptet Frau Frosch.
Tatsächlich findet man auf den Seiten der "Elle" die Rubrik "Female Empowerment", allerdings auch die Rubriken "Fashion", "Beauty", "Lifestyle", "Decoration" oder "Horoskop". Die Frau Frosch hätte also auch sagen können: "'Elle' steht für softe Schminktipps." Aber wahrscheinlich klingt das zu altbacken nach "Frauenzeitschrift". Das passt natürlich nicht so gut in die GNTM-Welt, wo jedes sexy Fotoshooting ein Empowerment ist.
Die Models glauben aber an die "Elle", Zoe findet das Casting dort eine "grosse Nummer" und Canel die "Elle" einen "krassen Kunden". Und dieser "krasse Kunde" ist nicht nur krass, sondern auch einfallsreich: "Wir haben eine Challenge eingebaut für euch", erklärt die Frau Frosch und deutet auf ein Trampolin im Hintergrund. Um die Spontaneität und das Körpergefühl der Models zu testen, sollen die noch auszuwählenden Kandidatinnen nun ein bisschen darauf herumtollen. Für GNTM-Verhältnisse ein nahezu unnormal normales Shooting.
Wer verkörpert den "Elle"-Spirit?
Damit es aber nicht zu normal-normal wird, sondern nur modelshow-normal, müssen die Kandidatinnen ein paar Wortbeiträge einreichen, bevor sie aufs Trampolin dürfen. Das hat wohl damit zu tun, dass Frau Frosch noch mehr Marketing-Blubb mitgebracht hat. Man suche nämlich jemanden, der den "'Elle'-Spirit" verkörpert: "also selbstbewusst ist, positiv ist, gute Ausstrahlung hat". Das ist natürlich ein Hammer-Alleinstellungsmerkmal im Zeitschriftenmarkt und man denkt unwillkürlich an all die Mode-Magazine, die besonders unauffällig und griesgrämig rüberkommen wollen.
Daniela versucht trotzdem ihr Glück, als sie ihre Persönlichkeit in drei Worten beschreiben soll. Das Model wählt dafür "optimistisch, laut, aber auch leise" und zeigt damit in mittlerer Lautstärke gleich, dass sie auf jeden Fall optimistisch ist. Katharina hingegen wird nach ihren Model-Vorbildern gefragt und haut einfach mal den ersten Spruch einer noch zu gründenden Model-Kalenderspruch-Firma raus: "Man muss quasi selber dieses Model in sich entdecken."
Nachdem das geklärt ist, widmen sich die Kandidatinnen dem Kindertrampolin, auf dass sie das Model in sich entdecken mögen. Wichtige Regel ist dabei laut Fotograf, dass die Damen nicht nur "Happy-Faces", sondern auch "Fashion-Faces" zeigen. Wieder was gelernt. Wenn man die Klamotten anhat, darf man also nicht happy sein. Am Ende ist bei Zoes Hüpfen am meisten Model unten rausgefallen und sie darf den "Elle"-Spirit verkörpern.
Heidi Klum hält einen Mythos aufrecht
Und schon geht’s weiter zum nächsten Casting und das führt zur "Sports Illustrated". Warum? Erstens, damit die Models und die Klum erzählen können, dass Klum hier ihren Durchbruch hatte und damit die Model-Chefin zweitens ihr Extravertiertheitsmantra runterbeten kann. Diesmal sind ihr Josy und Safia zu zurückhaltend und "so wird es schwer, Jobs bekommen", hält Klum den Mythos aufrecht, dass nur laute Menschen erfolgreich sein können. Am Ende bekommen Daniela und Safia den Job, obwohl Safia doch so zurückhaltend ist. Aber vielleicht wussten die von der "Sports Illustrated" nichts von Klums Extravertiertheitsmantra. Oder die Klum erzählt Quatsch. Kann auch sein.
Nach der "Sports Illustrated" ist vor der "InStyle" und hier überrascht die Chefredakteurin die Zuschauer mit einer Neuigkeit, denn die "InStyle" sei "das mit Abstand erfolgreichste Magazin im deutschsprachigen Raum." Bähm! Das erfolgreichste Magazin! Also gleich nach der "Apotheken Umschau", der "TV14", der "ADAC Motorwelt", der "Landlust", "Medizini", des "Diabetes Ratgeber", der "Metallzeitung", "Meine Familie & ich", der "Schrot & Korn" und Dutzenden anderer Zeitschriften. Aber vielleicht war der Dame von der "InStyle" die Liste zu lang und sie wollte einfach nicht zu viel Sendezeit verbrauchen. Sehr rücksichtsvoll.
Warum gibt es die Show eigentlich?
Wir müssen uns nämlich tatsächlich beeilen, sonst sind wir morgen noch hier. Daher das Wichtigste in Kürze: Daniela ist bei den Castings die Tagesbeste und der Schnitt hat einen Streit zwischen Svenja und Aaliyah um eine Übergewicht-Bemerkung Svenjas eingefangen, die Aaliyah mit "Dein Verhalten ist einfach echt zum Kotzen" beantwortet. Hier wird also eifrig am Streit der Staffel gewerkelt.
Derweil gehen die ausgewählten Zoe, Safia und Daniela ihren Casting-Verpflichtungen nach und sind dermassen gut, perfekt und überhaupt "Naturtalente", dass man sich fragt, warum es die Show eigentlich gibt, wenn man auch ohne grosse Erfahrung so einfach Model wird.
Entscheidungswalk auf Sicht
Aber zu viel Nachdenken macht nur Kopfweh, deshalb geht es nun ganz schnell nach Los Angeles. Doch auch da geht der Stress weiter, denn die Klum hat gleich einen Entscheidungswalk organisiert und da hat die Designerin ganz genaue Vorstellungen: "Ich möchte die innere Stärke sehen, die dann nach aussen getragen wird!" Warum sie nicht lieber gleich die äussere Stärke nimmt, wo die doch schon aussen ist, verrät die Designerin nicht. Aber offenbar sind kurze Wege nicht so wichtig in der Modewelt.
Safia, so verkündet es Klum, wird diesen Innen-aussen-Walk nicht erleben können, denn sie musste aus gesundheitlichen Gründen aussteigen. "Gesundheit hat immer Vorrang", erklärt Klum und lässt dann die Models auf Highheels durch einen Wildnis-Hindernis-Laufsteg stapfen. Das geht mal gut, mal nicht so und manchmal im Blindflug. "Ich hab Heidi kaum gesehen, mir war so schwindelig", berichtet Lulu von ihrem Walk. Das Dumme daran: Lulu hat zwar die Klum nicht gesehen, die Klum aber Lulu. Und weil ihr nicht gefallen hat, dass Lulu gelaufen ist, als habe sie Klum gar nicht gesehen, muss Lulu in der nächsten Folge in ein Shootout.
Nicht ins Shootout muss hingegen Laura, denn sie wird von Klum und Gastjurorin Anok Yai nach dem Lauf gleich aussortiert. Kaum gelandet muss Laura also direkt wieder nach Hause fliegen. Warum? Weil es geht. So eine Klimakrise macht sich ja nicht von alleine. Aber Laura will "noch ne Message sagen". Und die lautet: "Man muss immer weiter machen. Irgendwann öffnet sich ne Tür." Da hat sie Recht, die Laura. Irgendwann öffnet sich eine Tür. Es sei denn, sie öffnet sich nicht. Das sehen wir dann aber in der nächsten Folge.