Vor einer Woche machten die weiblichen Modelanwärterinnen den Anfang, am Mittwoch drauf waren die Herren dran. In Folge drei siebt Heidi Klum nun wieder bei den Damen weiter aus und als Sieb dienen ihr dafür ein Laufsteg und Kleider, die nicht zum Laufen gemacht sind. Was soll da schon schiefgehen?

Christian Vock
Eine Kritik
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"Heute erwartet meine Models ihre erste grosse Fashionshow", stellt Heidi Klum gleich zu Beginn das Programm von Folge drei vor. Wer Folge eins verpasst hat, dem gibt Klum im besten Mein-schönstes-Ferien-Erlebnis-Stil einen kurzen Abriss. Wir machen es noch kürzer: Klum und Tochter Klum gucken sich zwei Stunden lang 100 Bewerberinnen auf dem Laufsteg an und lassen knapp die Hälfte in die nächste Show.

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Diese privilegierte Hälfte ist Klums Einladung zu Folge drei gefolgt, zumindest ist nicht bekannt, dass es sich jemand noch einmal anders überlegt hat. Im Gegenteil, Folge drei erfährt sogar noch einen Personalzuwachs. Heidi Klum hat nämlich eine Designerin hinzu gebeten, die natürlich mal wieder die Besten und Schönsten eingekleidet hat, vor allem aber hat sie einen ganzen Stapel Klamotten mitgebracht, die Klums Auszubildende nun über einen Laufsteg tragen sollen.

Gross, eindrucksvoll, teuer

"Ich bin heute extra aus Los Angeles angereist", führt sich die Designerin selbst ein und bekommt bereits dafür Applaus von den Models. Nicht nur Applaus, sondern offene Münder bekommt die Designerin für die Kleider, die sie mitgebracht hat. "Überall, wo es gross und eindrucksvoll sein soll, sieht man meine Kleider", beschreibt die Dame ihr Werk und bittet die Models dann: "Bitte seid vorsichtig mit den Kleidern." Die hätten nämlich nicht nur Mühe im Anfertigen gekostet, sondern auch bis zu 150.000 Euro.

Da kann man die Bitte um Vorsicht verstehen, so ein aufgebügelter Pumuckl-Flicken auf dem Loch am Ellbogen zieht so ein 150.000-Euro-Kleid natürlich optisch ein bisschen runter. Aber vielleicht bekommt die Designerin ihre Kleider ja zum Einkaufspreis, sollte doch etwas schiefgehen. Und das wird es, denn die Designerin hat die Kleider nicht nur sündhaft teuer gemacht, sondern auch unlaufbar.

Zum Beispiel das Kleid von Leila. Das besteht aus vielen unnötig langen Fransen. "Ist auch ein bisschen tricky, um damit zu laufen", verrät die Designerin Leila das Offensichtliche und Leila wiederum findet: "Man kommt nicht so dazu, seine Persönlichkeit zu zeigen." Wenn Sie sich denken "Ist doch wurscht, geht doch um die Kleider", dann haben Sie sich wohl die vergangenen 19 Jahre selbst angezogen. Wenn Models auf dem Laufsteg laufen, dann nicht, um Klamotten zu zeigen, sondern ihre Persönlichkeit. Die Klamotten nehmen sie dabei einfach nur in Kauf. Das ist GNTM-Grundwissen, also bis zur nächsten Folge bitte den Stoff nachholen, der noch nicht so sitzt!

GNTM-Models auf dem Schlaufsteg

Vanessa, Lehramtsstudentin aus Graz hat ähnliche Probleme. "Ich seh' mich ja im kommerziellen Bereich", findet Vanessa, bekommt aber von der Designerin ein Kleid, in dem sie aussieht, als sei sie hinter der Bühne in einen Stapel Filmrollen gestürzt. Überall hängen schwarze Schlaufen an der 20-Jährigen herunter, besonders die Schlaufen auf Fusshöhe stellen eine Stolperfalle dar. Vanessa muss sich also beim Auf-Schlaufen-laufen zusammenraufen.

Noch ärger trifft es allerdings Kollegin Angelina. Die erkennt das Potenzial ihres Kleides, sich auf dem Laufsteg lang zu machen, sofort und bittet in freundlichem Tonfall die Designerin ganz höflich, ob es nicht eine Möglichkeit zum Kleidertausch gibt, sie wolle ja das Designerinnenkleid bestmöglich präsentieren und auf keinen Fall zerstören. Ein berechtigtes Anliegen, das auch im Sinne der Designerin sein sollte, aber bei GNTM regiert eben nicht die Vernunft, sondern die Dramaturgie.

Heidi Klum (l.) bekommt Unterstützung von Supermodel Kristen McMenamy und Designerin Lessja Verlingieri (r.). © ProSieben/Daniel Graf

Deshalb sagt die Designerin nicht "Oh, danke, das ist aber lieb, dass du mitdenkst", sondern "Im Model-Alltag kannst du dir nicht einfach Sachen rauspicken". Doch für Angelina kommt es noch dicker, denn die Designerin tritt beim Kameramann noch einmal nach: "Es gibt so ein bisschen Nachgeschmack, wenn sich ein Model beschwert." Das gehört eben bei GNTM dazu, das gibt es in jeder Staffel. Nur hier wirkt die Schelte der Designerin insofern unglaubwürdig, da sich Angelina ja gar nicht beschwert, sondern nur höflich nachgefragt hat. Das hätte man der Angelina vorher sagen müssen, dass es wie eine Beschwerde rüberkommen muss.

Anspannung oder Kleid? Sanitäter-Einsatz am Set

Wesentlich subtiler kriegt da Xenia ihre Beschwerde hin. Denn auf einmal liegt das Model auf dem Boden, um sie herum Sanitäter. Frau Doktor Klum hat auch sofort eine Diagnose parat: "Kurz vor der Fashionshow liegen bei meinen Mädels die Nerven blank. Für ein Model ist die Anspannung offenbar zu viel." Mit Banane, Cola und Ventilator bekommt man Xenia allerdings wieder in die stabile Model-Lage und so kann sie selbst über die Gründe sprechen.

"Mir ist auf einmal schwindelig und schwarz vor Augen geworden. Ich glaube, das liegt einfach daran, weil das Kleid dann vielleicht doch sehr eng war und man kann sich auch nicht hinsetzen, da ist mein Kreislauf dann ein bisschen zusammengebrochen." Guck mal an, doch nicht die Anspannung, sondern das enge Kleid. Aber zum Glück ist Xenia schnell wieder in der Senkrechten und so kann sie endlich losgehen, die Fashionshow. Also alle nochmal Pipi, unterwegs wird nicht gehalten und bitte!

Und danke, denn so wirklich spannend ist das Ganze nicht. Die Models stolpern wie erwartet und so sehr die Designerin an ihren Kleidern hängt, so sehr bleiben die Models in ihren Kleidern hängen. Am Ende dieses Trauerspiels mit Ansage erklärt Klum, was nun passieren wird: "Von der Hälfte müssen wir uns gleich schon wieder verabschieden." Das kommt nicht überraschend, aber besonders herausfordernd wird es für das vierundzwanzigeinhalbste Model. Doch zum Glück löst Kandidatin Angela das Problem mit dem halben Model, denn sie haut freiwillig in den Sack.

"Ihr alle gehört leider nicht dazu"

Damit wird Angela nicht mehr "Das Modelhaus" kennenlernen. Das ist ein Gebäude im Cosy-Kuschel-Industry-Look, wo die qualifizierten Models bis zur weiteren Verwendung zwischengelagert werden. "Das sieht aus wie ein Möbelhauskatalog", wird laut Vorschau ein Model über das neue Zuhause gesagt haben werden. Ja, nur ein bisschen grösser.

Am Ende kommen wie immer die einen weiter und die anderen nicht. Warum und wieso, das erklärt die Klum natürlich jeder einzelnen lang und breit. "Sorry, tut mir leid", bekommt etwa Fatimata zu hören, eine Vierergruppe schickt Klum mit einem "Ihr alle gehört leider nicht dazu" nach Hause und bei einer anderen Vierergruppe hatten zwar alle Probleme, die Klum sieht aber nur bei einer Kandidatin das Potenzial, sich weiterzuentwickeln. Ob Klum damit das Potenzial zum Modeln oder das Potenzial für eine spannende Rolle in dieser Staffel meint, das werden wir in den nächsten Folgen selbst herausfinden müssen.

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