Donnerstags die Damen, mittwochs die Männer. Kann man sich ganz leicht merken. Es ist also gar nicht schlimm, dass ProSieben die Herren nochmal kurz vor dem GNTM-Staffelstart vom Dienstag- auf den Mittwochabend geschubst hat. Inhaltlich ist das ohnehin egal und so braucht man für den Start der Männerfolgen am Mittwochabend nur Zettel, Stift, Honig, Olivenöl und Eier. Und gute Nerven.

Christian Vock
Eine Kritik
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Seit 2006 bringt "Germany's Next Topmodel" nun schon junge Frauen zum Heulen, zum Sich-lächerlich-machen, zum Gegenseitig-anzicken, zum Heidi-Klum-anhimmeln und zum Glauben, all das habe etwas mit einer Model-Ausbildung zu tun. Nun, 19 Jahre und 19 Staffeln später, könnte Heidi Klum eigentlich mal sagen: "Okay, genug Unfug gemacht, lass mal gut sein." Aber sie hängt noch eine 20. Staffel dran. Und wie schon im Vorjahr, lässt sie nicht nur Frauen über den Laufsteg tanzen, sondern zieht jetzt auch noch Männer mit in die Show rein.

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Aber, und das unterscheidet die Staffel von der vorherigen, diesmal bekommen die Männer einen eigenen Sendeplatz, werden erst später auf die weiblichen Modelinis treffen. "Das ist aber nett von der Heidi Klum", denken Sie sich vielleicht. Vielleicht denken Sie aber auch: "Hey, clever! Machen die das, damit man jetzt noch mehr Werbung schalten kann und auch noch viel gezielter für Männer-Produkte? Warum ist die Klum da nicht schon früher drauf gekommen?"

Zettel und Stift gezückt – es geht los!

Die erste Frage werden die Werbepartner beantworten, die man in und um die Show herum sehen wird, für die zweite Frage muss Klum sich vor sich selbst rechtfertigen, da mischen wir uns nicht ein. Ausserdem sind sie ja jetzt da, die Mittwoch-Männer-Models, also husch, den Laufsteg gefeudelt und Zettel und Stift herausgeholt, denn Klum ist nicht nur nicht-zertifizierte Model-Ausbilderin, sondern auch die Ideengeberin des kleinsten Bullshit-Bingos der Welt.

Denn hier braucht man nur die Wörter "hot", "heiss", "sexy", "Gas geben", "Foto" und "personality" und Schwups kann man "Bingo!" rufen. Das kann man mal eben beim Nase putzen spielen oder beim Schuhe zubinden oder auch beim Haare kämmen. Oder wie es bei GNTM heisst: beim grossen Umstyling. Und Klum legt auch gleich los wie die Feuerwehr.

"Uh, der Mittwoch bei Pro7 – er wird heiss", wählt Klum als Einstiegssatz und wiederholt sich ein paar Sekunden später: "Der Mittwoch bei Pro7 – er wird jetzt hot." Na, wenn das mal keine Ausbeute ist! Keine zwei Minuten und schon zwei Kreuzchen! So kann es weitergehen. Apropos gehen: Das müssen die Vielleicht-Models ja auch, damit Klum sehen kann, wer sich für weitere Geschichten empfiehlt.

Supermodel gibt hilfreiche Tipps

Bevor es aber auf den Laufsteg geht, gibt es für die Herren im Wartebereich noch eine Überraschung: Naomi Campbell. "Als Naomi reingekommen ist, waren wir alle baff", berichtet Kandidat Keanu und man kann seine Verblüffung verstehen. Schliesslich ist es Mittwoch und da sind die Männer-Models dran! Ausserdem hat Naomi Campbell ja sehr viel mehr Model-Erfahrung – das wäre schon ein bisschen unfair. Ah, Moment: Die Frau Campbell ist lediglich als Gast-Jurorin gebucht, sagt die Klum.

Es läuft sogar noch besser für die Bewerber, denn Campbell will den Herren sogar noch ein paar Gratis-Tipps geben: "Gebt euer Bestes!", "Ihr habt nur diese eine Chance – vergeudet sie nicht!", oder "Denkt darüber nach, wie ihr euch präsentieren wollt!" Na, wenn das nicht mal ein paar wirklich gute Ratschläge sind. Campbell hätte auch "Rotweinflecken gehen am besten mit Salz raus" sagen können oder einfach nur "Hustensaft" und es wäre ein genauso präziser Tipp gewesen.

Aber zurück zu Heidi Klum. "Jetzt freu' ich mich riesig auf meine Boys", freut sich Klum riesig auf ihre Boys und ergänzt: "Zum Glück ist Tom kein eifersüchtiger Mann, denn es sind schon einige sehr attraktive Männer dabei." Es ist schön, zu sehen, dass Heidi Klum auch nach fast 20 Jahren immer noch absolut professionell an die Sache ran geht. Nicht, dass der Eindruck entsteht, der ganze Rummel sei gar keine Model-Suche, sondern eine klamaukige Unterhaltungsshow.

GNTM und die "Locken-Mindset-Buddys"

Nun aber zu Klums "Boys" und dem Versuch der Regie, ein paar Geschichten zu finden, die die Staffel tragen könnten. Als erster macht der 18-jährige Moritz hier ein Angebot. Der hat gerade die Schule beendet, skatet gerne und "will halt einfach irgendwas erleben". Da ist er mit "Germany’s Next Topmodel" gut beraten, "irgendwas" erlebt man da immer. Dann hätten wir auch noch den Kevin, der gerade erst zwei Monate in Hongkong gemodelt hat. Für die Staffel ist aber wichtiger, dass er Locken hat, denn die hat Lian, ein anderer Bewerber, auch.

So kann man die beiden als direkte Konkurrenten aufbauen und wer Schwierigkeiten hat, die beiden auseinanderzuhalten: Kevin ist der aus Hongkong, Lian hat ein anderes Alleinstellungsmerkmal: "Must-have bei mir ist: Honig, Olivenöl und Eier. Mach’ ich mir immer in die Haare, so als Haarmaske." Das klingt lecker, dazu noch einen trockenen Grauburgunder und es wird ein schöner Abend.

Jedenfalls glaubt Lian, in Kevin seinen "Locken-Mindset-Buddy" gefunden zu haben und wenn die beiden mit dieser Story zufrieden sind – ProSieben ist es allemal. Und der Schnitt gibt Naomi Campbell sogar eine kleine Nebenrolle in der Locken-Geschichte: "Da ist noch einer mit lockigen Haaren!", freut sich die Campbell, als sie nach Lian auch noch Kevin entdeckt.

Next Topmodel? Das wäre doch gelacht

Eine Hauptrolle könnte vielleicht Jona Steinig, der tätowierte Content Creator bekommen. Der ist eine Runde weiter und hat, als Campbell erzählt, sie habe kein einziges Tattoo, tröstende Worte für das Model übrig: "Du bist trotzdem wunderschön." Gut, dass der Campbell das mal einer gesagt hat, wusste die vielleicht noch gar nicht.

Dann haben wir noch Kandidat Felix mit der pinkfarbenen Haar- und Bartpracht, dessen eigentliches Alleinstellungsmerkmal aber sein Rückwärtslachen ist. Das klingt nicht nur, sagen wir einmal "eigenwillig", er muss noch dazu immer selbst lachen, wenn er sich lachen hört. So ein Lachen kann also theoretisch ewig dauern.

Und wo wir gerade beim Lachen sind: Kandidat Ryan Wöhrl war schon in anderen Reality-Shows, bei denen es nur ums Partymachen gegangen sei. Deshalb kommt er nun zu dem Schluss: "Hier bei GNTM hast du ja schon eine gewisse Seriosität." Danke dafür, Ryan.

Kandidat Yannik aus Bad Segeberg kommt auch aus der Humor-Branche: "Ich bin auch als Erschrecker tätig." Und zum Schluss gibt es noch Kandidat Narwin, an dem Klum kritisiert: "Du hast viel zu viel an!" Ein wohl einmaliger Vorwurf in der GNTM-Geschichte. Es kann also lustig werden, am Mittwochabend.

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Teaserbild: © ProSieben / Nadine Rupp