"Germany's Next Topmodel", das ist die Sendung, die eigentlich Deutschlands schönstes Mädchen finden soll. Wer das wird, steht erst nach dem Finale fest. Wer die grösste Zicke der Staffel wird, ist aber bereits seit der letzten Folge klar.
"Wir sind halt alle Mädchen und da gibt’s halt manchmal Stress", sagt irgendwann eine der Teilnehmerinnen von "Germany's Next Topmodel" in der gestrigen Folge. Und sie weiss gar nicht, wie recht sie damit hat. Denn was wäre ein Casting-Format, ohne dass sich die Teilnehmerinnen anschreien, an den Haaren ziehen und sich Tiernamen geben? Genau, langweilig.
Falls Sie, verehrte Leserinnen und Leser, bisher glaubten, das sei einfach der Lauf der Dinge - eine Horde junger Mädchen, eine Villa, da müssen die Fetzen fliegen - dann muss ich Sie leider enttäuschen. Frauen können durchaus miteinander kommunizieren, ohne dass ihre Stimmen Frequenzen erreichen, die sonst nur Fledermäuse hören können. Das hier ist alles Show. Überall, wo eine Kamera im Spiel ist, geht die Realität flöten.
Eindrucksvoll bewies dies vor kurzem Sat.1 in seiner Show "Newtopia". Ein "Sozialexperiment", wie es der Sender selbst bezeichnet. Abgeschnitten von der Aussenwelt bauen die Teilnehmer eine vollkommen neue Gesellschaft auf. Bis sich dann herausstellte, dass die Bewohner vor allem das machen, was ihnen die ausführende Produktionsgesellschaft diktiert, um eine ordentliche Quote zu garantieren. Eine der Produzentinnen vergass dummerweise, dass die Kameras rund um die Uhr senden und liess sich volltrunken filmen, wie sie Vorschläge für den weiteren Verlauf der Show machte. Tja, dumm gelaufen.
Es ist davon auszugehen, dass es bei GNTM ähnlich abläuft. Bester Beweis: die letzte Folge. Oder glaubt ProSieben wirklich, der Zuschauer sei so dumm ohne zu zögern zu akzeptieren, dass Laura und Darya nichts besseres zu tun haben, als sich die ganze Zeit anzukeifen?
Nach Hause oder nicht?
Es beginnt mit Laura. Sie stürmt mal wieder vor versammelter Meute heulend aus dem Zimmer.
Damit sich die Gemüter auf keinen Fall beruhigen, müssen die Mädchen wenig später einen grenzdebilen Kaugummi-Werbespot drehen. Models, die kaum sprechen können, treffen auf Sätze, die besser unausgesprochen geblieben wären: "Hüfte schwingen, Bubblegum, schaut doch, wie ich tanzen kann." Da fällt einem als Zuschauer auch nichts mehr ein. Heidi Klum heizt in der Zwischenzeit die Situation weiter an und erklärt Darya, dass Laura viel besser im Sprechen ist, als sie. Die erwartbare Folge: Es wird wieder geheult.
Eine Zicke, wie sie sich jede Produktionsfirma wünscht
So geht das immer weiter. Natürlich nehmen die beiden auch am nächsten Shooting teil. Es geht um das Cover des Fitness-Magazins "Shape". Darya schleppt sich mit durchgehend mieser Laune durch Miami. So hat es ihr schliesslich der Sender aufgetragen. Im Hotel jammert sie, dass das Licht an ist. Der Vorhang auf. Und die anderen Kandidatinnen mit im Zimmer. Doch das ist alles nur das Warm-up für das Shooting. Da dreht sie richtig auf. Doch sobald die Kamera aufblitzt, funktioniert sie tadellos. So wie es eine Zicke aus dem Drehbuch eben macht. Das bringt natürlich ihre Widersacherin Laura auf die Palme. Als sie sieht, dass Daryas Bilder besser sind als ihre eigenen, zieht sie wieder schmollend davon. Sie will, Sie erraten es, nach Hause. Und kurz darauf wieder nicht. Und dann doch. Das ist sie eben, diese Pubertät. Nie kann man sich entscheiden.
Doch das braucht sie auch gar nicht. Die Jury zieht einen Schlussstrich. Als das unentschlossene Nachwuchsmodel am Ende auf dem Laufsteg steht und schaut, als habe ihr jemand die letzte Diätpille geklaut, sagt Heidi ihr Sprüchlein auf: "Laura, ich habe heute leider kein Foto für dich." Die verzieht sauer das Gesicht, stürmt hinaus, erwartet von der breit grinsenden Kontrahentin Darya Strelnikova. Der scheint in diesem Moment noch nicht klar zu sein, dass für ProSieben eine Zicke ohne Opfer ungefähr so wertvoll ist, wie eine Casting-Show, in der die Teilnehmerinnen nicht das machen, was ihnen die Produktionsfirma sagt. Und das ProSieben längst einen Plan B hat. Denn was funktioniert noch besser als Mädchen, die sich streiten? Genau, Schicksale. Erleben Sie also in der nächsten Folge von "Germany's Next Topmodel" wie Anu ihren Vater zum ersten Mal nach 15 Jahren wiedersieht. Tränen garantiert.
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