Noch nie war es so einfach, den Bösewicht einer Staffel von "Germany's next Topmodel" auszumachen: Darya ist der Darth Vader unter den Nachwuchsmodels. Das wäre nicht weiter tragisch – wenn sie nicht so eine schlechte Schauspielerin wäre.

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Ach, Heidi, tief im Herzen bist du doch eine von uns. Den ganzen Tag Sauerkrautsuppe essen, die eigenen Hupen Hans und Franz nennen und mit den Kandidatinnen bei "Germany's next Topmodel" Spinatknödel futtern. Nichts ist mehr übrig von der kalten Mutti, die in den vergangenen Staffeln der Casting-Show partout "heute leider kein Foto" für ihre Mädchen hatte. Aber natürlich ist das alles nur Show. GNTM ist noch immer genauso echt wie Wolfgang Joops ledernes Antlitz.

Bestes Beispiel: Darya Strelnikova. Das ist die Kandidatin der Schmerzen für diese Staffel. Kaltschnäuzig, grausam, nie um einen fiesen Kommentar verlegen - quasi der Darth Vader der Casting-Shows. Zur Unterstützung dieser These hier ein paar ausgewählte Kommentare aus der letzten Folge: "Die hat doch X-Beine." "Ich finde das unfair, dass ein Mädchen so bevorzugt wird." "Lisa hat es heute total versaut." "Kann ich mal ein Interview geben, ohne dass du reinhustet?" Da muss sogar die unabsichtlich ins Bild gerutschte Maskenbildnerin grinsen.

Das Gezicke nimmt ihr niemand ab

Ein Bösewicht ist ja schön und gut. Jede Trash-Show braucht einen, an dem sich der Zuschauer abreagieren kann. Und der die anderen Kandidatinnen dazu bringt, sich gegenseitig zu zerfleischen. Aber jetzt mal im Ernst, liebe Pro-Sieben-Arthouse-Beauftragte: Hätte man denn dafür unbedingt eine Laiendarstellerin auf dem Niveau von "Berlin Tag & Nacht" engagieren müssen? Das Gezicke nimmt ihr doch keiner ab. Und wenn es so offensichtlich ist, dass Darya nur eine Rolle spielt, macht es doch keinen Spass. Nein, es ist scheiss öde!

Aus diesem Grund blenden wir Darya für den Rest dieses Beitrags einfach aus und kehren zurück zur eigentlichen Show. Oder das, was Pro Sieben dafür hält. Denn der nächste Sponsor hat wieder lange Sendeminuten gekauft. Zu Gast sind Barbara von Gillette Venus. Und Annika von Gillette Venus. Und mir-doch-vollkommen-egal-wie-die-heisst, Hauptsache von Gillette Venus. Wenn immer noch nicht klar sein sollte, um welche Produktlinie es sich handelt: Thomas Hayo wiederholt Tourette-artig mindestens noch ein weiteres Mal die Worte "Gillette Venus". Denn: "Das ist ja der Traum von jedem Mädchen, einmal einen Gillette Venus Spot zu drehen." Und wozu das alles? Für ein paar Minuten schlechtes Englisch, schlechtes Schauspiel und ein paar Minderjährigen, die ihre nackten Schenkel für einen Lady Shaver in die Kamera halten.

Man möchte einfach zurückbrüllen

Das wäre zu verschmerzen, wenn das nächste Shooting erträglicher wäre. Aber nein, die dauerhungrigen Damen spielen Zirkus. Eine steht auf einem Hochseil und der Fotograf brüllt sie an. Die nächste sitzt auf einem Hochrad und der Fotograf brüllt sie an. Als Zuschauer möchte man einfach zurückbrüllen, aber was soll das schon bringen? "Wenn man sich zu viele Gedanken macht, wird alles nur noch schlimmer", sagt Jüli dazu. Und dummerwiese hat sie Recht. Also Hirn abschalten und die Mädchen beim Interviewtraining beobachten.

Zu diesem Zweck wurde extra Steven Gätjen eingeflogen, er steht bei Pro Sieben unter Vertrag, er hat keine Wahl. Ausserdem sei "das Interesse in Deutschland sehr hoch". Aha. Aber wo? Die Antworten der Mädchen auf die kniffligen Fragen sind schliesslich kein Argument für die Show. Kaum liest Darya nicht vom Teleprompter ab, bekommt sie keinen geraden Satz heraus. Ihre Antwort, warum sie "Germany's Next Topmodel" werden sollte? "Nicht alle Mädels können sich ausdrücken, irgendwie." Was soll man da noch hinzufügen?

Vielleicht Jülis Beitrag, was ihr denn am besten in der Show gefallen habe: "Das Meer mit dem vielen Sand." Herauszufinden, was an diesem Satz falsch ist, dazu hat das Model ab jetzt auf jeden Fall viel Zeit. Sie und Lisa sind raus und freuen sich auf den nächsten Urlaub. Da kann man einfach mal entspannen, sich in die Wellen stürzen und durch die Dünen kraulen.

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