"Das grosse Promi-Büssen" ist zurück. Bereits in Staffel eins kämpfte die Show mit dem Zwiespalt, moralische Instanz sein zu wollen, aber sich der Mittel zu bedienen, die sie eigentlich kritisiert. Das wäre so weit auch in Ordnung, doch bereits in Folge eins verspielt die Show in puncto Moral ziemlich viel Glaubwürdigkeit. Mit einem durchschaubaren Showdown zwischen Yvonne Woelke und Iris Klein.
Kaum sperrt RTL so langsam, aber sicher sein "Sommerhaus der Stars" für diese Saison zu, eröffnet ProSieben mit der neuen Staffel "Das grosse Promi-Büssen" einen neuen TV-Krisenherd. Wer vergessen oder verdrängt hat, worum es beim "Grossen Promi-Büssen geht": Die Show ist so etwas wie ein Resozialisierungsspielplatz für all die Promis, die es in anderen Trash-TV-Shows zu doll getrieben haben.
Dafür sperrt ProSieben die TV-Sünder in ein Camp, um sie in einem kargen Reis-und-Bohnen-Ambiente auf den Weg der Tugend zurückführen.
"Arroganter Vogel" – das "Promi-Büssen" geht los
Denn die Auswahl scheint genauso vielfältig zu sein, wie die Formate, in denen sich die B-Prominenz seit ein paar Jahren eingenistet hat. ProSieben konnte sich aber offenbar entscheiden und hat sich folgenden Show-Sünder-Strauss gepflückt: Gloria Glumac,
Wer den einen oder anderen Namen jetzt nicht sofort parat hat, für den stellt ProSieben die Kandidaten per Selbst-Einführung, via Schlagzeilen und mit TV-Ausschnitten kurz vor und so bekommt man schon einmal einen kurzen Überblick über die Strafakten der Promis. Nervenstrapaziererei, Zickigkeit, Sexismus, toxische Männlichkeit, Narzissmus, Manipulation, Homophobie, Streitsucht, Provokation, Polizisten-Beleidigung oder Sprüche unter der Gürtellinie lauten da die Anklagepunkte.
Eine illustre Truppe also und die legt bei Haftantritt gleich los wie die Feuerwehr. Als wollten sie beweisen, dass sie zurecht hier gelandet sind, lassen
"Das grosse Promi-Büssen": Bett oder Zahnbürste?
ProSieben weiss, wie man von Beginn an die Gereiztheit im Camp steigert. Die Promis müssen sich nämlich zuerst und jeder für sich eine Annehmlichkeit für den Camp-Aufenthalt aussuchen. Danach müssen sich die Promis paarweise auf eine der beiden Annehmlichkeiten einigen, die man aber nur erhält, wenn sich ein Kandidat an einem Seil 70 Meter von einem Kran in die Tiefe stürzt.
Eine erste Bewährungsprobe und es erscheint durchaus kalkuliert, dass man hier als erstes Paar ausgerechnet Büchner und Jerkel ausgesucht hat. Die entscheiden sich für Zahnbürsten statt für Betten, was bedeutet, dass Jerkel springen muss – was er dann auch macht. An Mundgeruch werden die Promis also in den nächsten Tagen nicht zu leiden haben. Aber selbst wenn, dürfte das ihr geringstes Problem sein. Denn es dauert noch nicht einmal einen Tag ehe die derbsten Beleidigungen durchs Camp fliegen. Mittendrin Lisha, Christin Okpara und Steff Jerkel und damit wären wir beim grossen Zwiespalt der Show.
Denn einerseits will die Show so etwas wie eine moralische Instanz sein, gleichzeitig gibt sie ihren Kandidaten aber die Plattform, um mit ihrem bisherigen Treiben weiterzumachen. So macht die Produktion die Promis etwa explizit darauf aufmerksam, dass sexistische, homophobe oder rassistische Äusserungen in der Show nicht geduldet werden. Doch als Christin Okpara nur wenig später im Bikini duschen gehen will, pfeift ihr
Patrick Romer in der "Runde der Schande"
Und so könnte man "Das grosse Promi-Büssen" bereits hier für reichlich heuchlerisch halten. Denn würde man wirklich die Promis büssen lassen wollen, würde man ihnen einfach das wegnehmen, was sie am liebsten haben und das ist Reichweite. Getreu dem Motto: Wenn sich ein Promi daneben benimmt und niemand dabei zusieht – hat er sich dann daneben benommen? So aber müsste die Show eigentlich "Die grosse Promi-Belohnung" heissen, denn die Botschaft an die Promis ist: Führt euch im Fernsehen auf und ihr dürft das noch einmal in einer Extra-Show machen.
Eigentlich. Denn wegen seines bisherigen Verhaltens ereilt Patrick Romer gleich in Folge eins "die Runde der Schande", eine Art Einzelverhör von und durch Olivia Jones und das ist mehr als nur ein weiteres Trash-TV-Show-Element. Zumindest scheint es erst einmal so. Damit alle wissen, worum es geht, zeigt Jones Romer und dem Zuschauer noch einmal Szenen aus dem "Sommerhaus", in denen Romer seine damalige Freundin Antonia verbal erniedrigt und für alle sichtbar entblösst. Ein unangenehmer Moment für den Zuschauer und Jones nutzt die Wirkung der Bilder aus, indem sie erst einmal im Anschluss schweigt.
Ein bewusster Schachzug, denn so muss auch Romer das Gesehene erst einmal für sich einordnen und eine Reaktion zeigen: "Na ja, was soll ich sagen? Bin natürlich auch manchmal ein bisschen frech", bricht Romer das Schweigen und erst dann benennt Jones konkret, was Romer lapidar als "frech" bezeichnet: "Du vergleichst sie mit einem Auto, grapschst sie einfach an." Dann soll sich Romer in die Lage von Antonia versetzen. "Antonia, die war sicher traurig in dem Moment", glaubt Romer, doch damit beginnt das Ganze erst. Denn Jones zeigt noch weiteres Material von Romer und das ist heute noch genauso beschämend wie damals im "Sommerhaus".
Olivia Jones: "Was stimmt da bei dir nicht?"
Da muss selbst Romer kurz durchatmen, aber der Groschen scheint noch immer nicht zu fallen: "Antonia ist ja teilweise auch ein sehr wehleidiger Mensch gewesen", rechtfertigt sich Romer und da macht Jones einfach weiter mit "Sommerhaus"-Szenen. "Tränen sind ein Stoppschild. Du hast weitergemacht, eiskalt", erklärt Jones Romer Grundlegendes und fragt ihn: "Was stimmt da bei dir nicht?"
Die Antwort gibt sie ihm selbst: "Viele zu viele Menschen auf der Welt glauben an das Recht des Stärkeren und dass sie alles dürfen, was sie können, weil sie ja die Leistungsträger sind, die Performer. Stärke ist auch Verantwortung für Schwächere. Bei dir hat man den Eindruck, sind Schwächere nur Ballast. Wenn alle so wären wie du, Patrick, wir wären alle am Arsch", erklärt Jones Romer sein Verhalten und eröffnet ihm einen Blick in die Zukunft: "Viel Spass im Alter, mein Lieber, wenn du schwach wirst oder krank. Ich hoffe wirklich von Herzen, du hast dann keinen an deiner Seite, der so ist, wie du."
Es sind Worte wie diese, die "Das grosse Promi-Büssen" in diesem Zwiespalt halten, einerseits ein moralisches Korrektiv zu asozialem Verhalten in Trash-TV-Shows sein zu wollen und gleichzeitig diesem asozialen Verhalten weiterhin einen Raum zu geben. Und so erscheint es ebenso plausibel wie kaum zu glauben, dass Patrick Romer trotz Jones’ Worten offenbar immer noch nicht klar ist, dass er hier das Problem ist und nicht seine Ex-Freundin: "Das Problem war einfach, dass ich diesen Ehrgeiz auf meine Partnerin übertragen wollte, die das aber halt nicht umsetzen konnte."
Eskalation zwischen Yvonne Woelke und Iris Klein
Und so könnte man "Das grosse Promi-Büssen" für eine Show halten, die sich wirklich bemüht, dem Trash-Fernsehen eine moralische Komponente hinzuzufügen. Auch wenn das wie im Fall Romer vielleicht keine Wirkung hat und auch wenn die Show sich derselben Mittel bedient wie Shows, wegen derer die Promis überhaupt hier sind. Doch dann überrascht "Das grosse Promi-Büssen" mit einem Schachzug, der diesen Eindruck wieder zunichte macht.
Denn als auch
"Stopp, das führt zu nichts, wir müssen ja auch weiterkommen", interveniert Jones nach einem Vorwurfs- und Beleidigungs-Ping-Pong, aber diese angebliche Suche nach Reflexion und Reue nimmt man Jones da schon nicht mehr ab. Zu offensichtlich ist der Versuch der Produktion, hier das Verhalten zu provozieren, das man ja angeblich kritisieren will. Und es wird noch schlimmer. Denn Olivia Jones stellt Woelke zuerst als eine Person dar, die vom Wunsch besessen ist, berühmt zu werden, es aber bisher nur zur Promi-Begleitung geschafft habe.
"Das grosse Promi-Büssen" – eine Show wie alle anderen
Dann stellt Jones Woelke vor eine Entscheidung, bei der die nur verlieren kann. Denn Jones habe 2022 eine private Sprachnachricht von Woelke erhalten und da die sich keiner Schuld bewusst sei, könne sie ja auch nichts gegen ein öffentliches Abspielen dieser Nachricht haben. Woelke fragt nach, ob sie die Nachricht vorher hören könne und es gebietet nicht nur der Anstand, diesen Wunsch eigentlich zu gewähren. Doch Jones verneint und so gibt Woelke nach kurzem Überlegen zu: "Ich hab Angst." Das sei verständlich und "ich fühle auch wirklich mit dir", erklärt Jones, aber auch das nimmt man ihr da schon nicht mehr ab.
Und so stimmt Woelke dem Abspielen der Nachricht schlussendlich zu. Die enthält dann lediglich die Bitte Woelkes, sie auch in die damalige Dschungelcamp-Show "Die Stunde danach" einzuladen, aber Jones konstruiert daraus und aus anderen Indizien folgenden Vorwurf: "Es geht dir nur um eine Sache: All eyes on me. Es geht dir um Fame." Dafür gehe Woelke zwar nicht über Leichen, aber über Ehen. Das führt dann allerdings zur Frage: Wenn man das so verwerflich findet, warum lädt man sie dann in die Show ein und hilft ihr beim Erreichen ihres Ziels? Bei so viel Unstimmigkeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist "Das grosse Promi-Büssen" am Ende auch nur eine weitere Trash-TV-Show wie alle anderen.
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