Wenn in einer Trash-TV-Show Calvin Kleinen von Olivia Jones zusammengefaltet wird, dann ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr unterhaltsam. Zwar passiert am Donnerstagabend in Folge drei von "Das grosse Promi-Büssen" genau das – lustig ist es aber nicht. Dafür ist der Anlass viel zu ernst.

Christian Vock
Eine Kritik
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Man könnte das Konzept der Show genial nennen oder einfach stupide: Bei "Das grosse Promi-Büssen" steckt man die verhaltensauffälligsten Promis der jüngeren Trash-TV-Vergangenheit zusammen in ein Lager, um ihnen ihre Sünden vor Augen zu führen, auf dass sie Busse tun. Oder aus einer anderen Perspektive: Beim "Grossen Promi-Büssen" sollen Promis für das büssen, für das sie einst für Zoff-und-Zeter-Shows eingekauft wurden und dabei am besten mit dem ganzen Eskalationsgebaren weitermachen, in einem Setting, das genau dieses auffällige Verhalten fördert. Das ist entweder hochphilosophisch – oder aber einfach dreist.

Es gibt eine Handvoll Gründe, warum der letzte Fall naheliegt. Zum einen: Busse und Selbstreflexion funktionieren auch zu Hause, wahrscheinlich sogar besser. Bestes Beispiel: Matthias Mangiapane. Der ist in Folge eins bei der Rückschau mit Olivia Jones erst peinlich berührt von seinem Verhalten und behauptet dann, er nehme teil, um zu zeigen, wie er wirklich ist. Doch als ihm Jones daraufhin ein Worst-of seines bisherigen Verhaltens beim "Promi-Büssen" zeigt, wird er bockig.

Helena Fürst: "Vielleicht bin ich die Busse für die anderen?"

Zum anderen: Wenn man all die Promis zusammensteckt, die es im Trash-TV bislang am dollsten getrieben haben, dann wird es entweder ein Fest der Harmonie, weil alle auf der gleichen Wellenlänge sind – oder aber das genaue Gegenteil. Es ist nicht schwer zu erraten, was von beidem wohl eintritt. "Ich bin mit dem Gedanken hier reingegangen, ich müsste für etwas büssen. Mittlerweile bin ich mit dem Gedanken hier: Vielleicht bin ich die Busse für die anderen?", fragt sich Helena Fürst in Folge zwei jedenfalls nicht ohne Grund. Wenig später wird dann nach einem nächtlichen Streit die Produktion sogar "zum Schutze aller Beteiligten" unterbrochen und für Fürst endet die Show.

Und so geht es auch in Folge drei nach allen Regeln der Trash-TV-Kunst weiter und nein, nach Selbstreflexion und Bussfertigkeit sieht das alles nicht aus. Allerdings sollten Calvin Kleinen und Carina Spack dafür eine weitere Gelegenheit erhalten, denn nun müssen diese beiden vor Olivia Jones treten und die negativen Highlights ihrer bisherigen Trash-TV-Aktivitäten erklären. "Ich glaub’, es gibt voll Ärger heute Abend" und "Vielleicht wird’s auch echt lustig", ist sich Kleinen aber offenbar über den Ausgang im Beichtstuhl etwas unschlüssig.

Carina Spack: "Bei mir kommen wirklich schlimme Sachen"

Carin Spack hingegen nicht. "Ich bin vor dir, bei mir ist schlimmer", spricht sie Kleinen Mut zu und ist sich sicher: "Bei dir kommen nur Frauen, bei mir kommen wirklich schlimme Sachen." Allerdings bringt Spack auch eine Mission mit zu Jones: "Ich finde, dass ich damals zu Unrecht beschuldigt wurde und deswegen will ich das halt gerne klarstellen." Und diese Gelegenheit gibt ihr Jones, als sie zunächst Szenen von Spack aus der Show "Promis unter Palmen" zeigt, in der das TV-Sternchen, so zeigt es der Schnitt, ihre Kollegin Claudia Obert drangsaliert.

"Auf jeden Fall keine meiner Glanzstunden", bricht Spack als erste das Schweigen und beginnt dann mit der Rechtfertigung. Sie sei von Obert an dem Tag enttäuscht gewesen, habe sehr viel eingesteckt auch von anderen und so sei Obert damals einfach das Ventil gewesen. Die Beleidigungen täten ihr leid, sie findet ihr Verhalten von damals "dumm". Jones hingegen fällt ein anderes Wort ein: "Mobbing". Jones selbst habe jahrelang unter Mobbing gelitten, das inzwischen ein Volkssport sei.

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Olivia Jones: "Mobbing ist keine Meinung"

Doch auch Spack bekam die Folgen ihres Verhaltens zu spüren, wie sie erzählt: Hass-Kommentare im Internet, Leute vorm Haus, Polizeischutz. Am schlimmsten sei für Spack aber die Reaktion ihrer Mutter gewesen: "Ich habe mich in dem Moment für dich geschämt", habe die ihr gesagt. Und als sie verrät, dass sie inzwischen in Shows wie dieser Angst habe, in Konflikten wieder etwas Falsches zu sagen, erklärt ihr Jones, dass Mobbing darin bestehe, dass man mit seinen Worten keine Konflikte lösen, sondern jemanden verletzen möchte: "Es geht nur darum, den Unterschied zwischen Mobbing und Meinung zu verstehen. Mobbing ist keine Meinung."

Auch wenn man das als Zuschauer natürlich nur schwer beurteilen kann, scheint es tatsächlich ein Moment der Wahrhaftigkeit zwischen Jones und Spack gewesen zu sein. Mit Wahrhaftigkeit ganz anderer Art geht es im Anschluss mit Calvin Kleinen weiter. "Ich war nicht so gut zu den Mädels in der Vergangenheit", glaubt Kleinen den Grund seiner Anwesenheit zu kennen und ist sich damit selbst auf der Spur. Es folgen Schlagzeilen, in denen es um Sex, Betrug und Masturbation vor laufender Kamera geht.

"Nee, ist nicht lustig", beurteilt Kleinen kichernd die Bilder und Jones bringt die Situation auf den Punkt: "Jetzt mal ’ne andere Frage: Wie alt bist du?" Doch auch hier scheint der Groschen nicht zu fallen und so bohrt Jones weiter. Wie wichtig innere Werte bei Frauen für ihn sind, dass er sich benehme "wie ein notgeiler Pavian", ob er so wie er über Frauen spricht, auch über seine Mutter sprechen würde und so weiter. Kleinens Antworten wären eigentlich eine komplette Selbstdemontage – wenn man den Eindruck hätte, dass er auch nur die geringste Ahnung hätte, worum es hier eigentlich geht.

Calvin Kleinen: "Das find ich jetzt nicht schlimm"

Nun gut, könnte man sagen, jeder hat das Recht, sich mit einem Frauenbild aus der Steinzeit zum Idioten zu machen – würde Kleinen im Anschluss nicht in einem Bereich weitermachen, der nicht mehr nur von Dummheit gedeckt ist. Jones spielt ihm eines seiner Rap-Videos vor, deren Inhalte er danach wiederholt. Seine These: Würden sich Influencerinnen nicht so freizügig zeigen, bekämen sie auch keine Penis-Bilder geschickt. "Das find ich jetzt nicht schlimm, das seh’ ich jetzt nicht ein", wähnt sich Kleinen auch noch im Recht und so macht Jones noch anschaulicher, wo das Problem in seiner Argumentation ist: "Du weisst schon, dass das gefährlich nah an dem Satz ist: Selbst Schuld, wenn sie vergewaltigt wird, was trägt sie auch so kurze Röcke."

Auch wenn man nicht den Eindruck hat, dass Kleinen hier ein Licht aufgeht, glaubt man zumindest zu erkennen, dass er den Schalter sucht. Vielleicht wünscht man es sich aber auch nur. Doch am Ende ist es zwar wünschenswert, aber gar nicht so wichtig, ob nun ein Calvin Kleinen versteht, was Sexismus ist und dass bei sexueller Belästigung nie das Opfer Schuld hat, sondern nur der Täter. Wenn durch diese Episode auch nur ein bisschen mehr Bewusstsein für das Problem geschaffen wurde, dann wäre trotz der Doppelmoral beim "Grossen Promi-Büssen" schon viel erreicht. Und jemanden wie Calvin Kleinen will dann irgendwann auch niemand mehr sehen.

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