Fünf Stunden geheult habe sie am Vortag. Kathrin Grosse sagte das lapidar dahin, es schien für sie nichts Besonderes zu sein. In der neuen Ausgabe der VOX-Auswanderer-Doku "Goodbye Deutschland" wurde deutlich: Die Vierfachmutter, die in Kalifornien einen Biergarten betreibt, ist nervlich am Ende.
"Ich hab das Gefühl, ich geb' mich komplett auf. Dass von mir nichts mehr übrig bleibt." Seit 2003 lebt die deutsche "Goodbye Deutschland"-Auswanderin Kathrin Grosse (44) in den USA, hatte in Roseville mit ihrem Ehemann den kalifornischen Traum gelebt und vier Kinder bekommen.
Doch dann überraschend der Schlag: Jörg Grosse (51) hatte seinen gutbezahlten Job als IT-Spezialist verloren, es lag nun an Kathrin, genügend Geld zu verdienen. 2017 hatte sie nach dreizehn Jahren als Hausfrau und Mutter einen deutschen Biergarten eröffnet, der ursprünglich nur als Abwechslung und Nebenverdienst gedacht war, nun aber eine sechsköpfige Familie ernähren musste.
Mehr noch als der wirtschaftliche Druck aber machte der gelernten Sozialpädagogin der emotionale Stress zu schaffen. Denn ihre Angestellten sind überwiegend jung, kommen oft aus schwierigen Verhältnissen, sehen in ihr eine Art Mama-Ersatz: So weinte sich etwa die Küchenhilfe bei ihr die Augen aus, weil sie starke Zahnschmerzen, aber keine Krankenversicherung hatte. "Natürlich rufe ich dann meinen Zahnarzt an und frage, ob er ihr helfen kann. Dann habe ich organisiert, dass er sie sehen kann ...", so Kathrin, und ihr schien gar nicht bewusst zu sein, dass ein solcher Einsatz für viele Arbeitgeber alles andere als eine Selbstverständlichkeit wäre.
Ihr Mitgefühl und ihre Hilfsbereitschaft wurden ihr immer mehr zum Verhängnis: "Ich hab' das Gefühl, neben den vier Kindern, habe ich jetzt noch 25 mehr. Die saugen mich aus", stellte die gebürtige Hessin seufzend fest. Sich abzugrenzen, sich als Boss zu sehen, nicht als Mutter, das sei beides ein grosses Problem für sie. Und so kam es auch, dass ihr Angestellte teilweise auf der Nase herumtanzen wie ein Kellner, der ständig unentschuldigt fehlte. Ehemann Jörg konnte nur den Kopf schütteln.
"Goodbye Deutschland"-Auswanderin: Verdacht auf Herzinfarkt
Unter der vielen Arbeit und der Fürsorge für ihre Mitarbeiter litt auch das Privatleben der Grosses: "Ich werde so ausgeschlossen in dieser Familie! Oft ist es so, dass die was essen, und ich bin hier, und die decken nicht mal mehr für mich. Ich bin einfach nicht mehr in dieser Familie drin", beklagte Kathrin Grosse sich. Der nüchterne und gleichzeitig besorgte Kommentar des Ehemannes: "Du isst ja auch nichts." Tatsächlich hatte Kathrin aus Appetitlosigkeit viel abgenommen, ihr Körper rebellierte, einmal bestand sogar schon der Verdacht auf Herzinfarkt. Ihre Köchin Geli gestand: "Ich mache mir Sorgen um ihre Gesundheit."
Kleine Lichtblicke sind lediglich freundliche Kommentare von Kunden. Als ein Gast sich zufrieden über seine gelungene Geburtstagsfeier und Kathrins Freundlichkeit äusserte, lächelte sie: "So was gibt mir Kraft." Nach Abschluss der Dreharbeiten gab es noch eine weitere Anerkennung: "Kathrin's Biergarten", wie das Lokal so schlicht wie treffend heisst, wurde zum besten deutschen Restaurant im Raum Sacramento gewählt.
Dennoch musste dringend etwas passieren. "Sie gibt viel zu viel", fand Ehemann Jörg, "will es allen recht machen, jeder kommt mit seinen Problemen zu Kathrin. Da ruft zum Beispiel jemand mitten in der Nacht an, er wolle sich umbringen - Kathrin fährt los. Ständig solche Sachen." Die Lösung? Stand zunächst in den Sternen. Zwar hatte Jörg Grosse nach einer Weile wieder ein Jobangebot, das er jedoch aufgrund der unflexiblen Arbeitszeiten ablehnte. Stattdessen wollte er zukünftig seine Ehefrau im Biergarten unterstützen. Auf dass sie hin und wieder Zeit zum dringend nötigen Durchschnaufen findet ... (tsch) © 1&1 Mail & Media/teleschau
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