"Vier Weltmeister, zwei Bundesminister, eine Präsidentin, ein Kaiser, eine Königin sowie rund 80 deutsche Superstars!" Die Riege an Promis, die Johannes B. Kerner am Anfang der "Ein Herz für Kinder"-Gala am Samstagabend ankündigte, klang ja mal ganz nett.
Aber nicht sie, die grossteils auch für den guten Zweck am Telefon agierten, sondern die vielen kleinen Helden, die das "ZDF" ins Bild rückte, waren es, die bewegten. Aber natürlich: Auch die Präsenz der in Heidelberg geborenen schwedischen
Für Moderator
Da nahm man natürlich gern in Kauf, dass die Begrüssung der Promis, die sich paarweise ins Studio schoben, eine gefühlte halbe Stunde dauerte. Die Augenlider der ersten Kinder, die kurz zuvor noch halbwegs dabei waren, folgten da schon der Schwerkraft.
Julia – eine aussergewöhnliche junge Frau
Kerner nahm zunächst mal Rekurs auf das schwierige Jahr 2022. Ukraine-Krieg, Energiekrise et cetera. Der bewegende Auftritt der 15-Jährigen Julia liess uns dieses veritable Scheissjahr mal kurz vergessen. Vor sechs Jahren diagnostizierten die Ärzte Leukämie bei der damals 9-Jährigen. Der Kampf gegen den Blutkrebs bescherte Julia in der Folge enorme Schmerzen, unzählige Tage in Krankenhäuser und natürlich einen kahlen Kopf wegen der Chemo.
Da kam sie nun an diesem Samstagabend, inzwischen 15, gross, bildhübsch und strahlend. "Mir geht’s wieder sehr gut", liess sie uns wissen. Weil seit dem 11. November 2022 sei sie quasi offiziell Survivor, gelte also als geheilt. "Ich heule jetzt schon", schrieb indes jemand auf Twitter, ehe sich Julia bei den Deutschen für ihre Spenden bedankte und auch heute um solche bat.
Hilfe für Kinder mit schlimmen Verbrennungen
Es folgte der erste Bericht. Er führte uns nach Eritrea, in ein extrem armes Land im Nordosten Afrikas, das Schauspielerin
Wie der Dreijährigen geht es dort unzähligen Kindern, denn Brandverletzungen durch Unfälle mit Kerosinöfen in privaten Küchen sind in Eritrea fast schon gang und gäbe. "Es muss etwas getan werden, damit Ärzte hier unter hygienischen Umständen operieren können", so Berger.
Der Verein "Archemed" operiert dort in einem Operationszentrum, betreibt Spezialambulanzen, versorgt Früh- und Neugeborene und gibt Wissen an einheimisches Fachpersonal weiter. Er ist auf Spenden angewiesen.
Schlager vs. "New Model Army"
Danach kamen
Natürlich konnte dies aber nicht sein und es folgte der übliche Auswurf der beiden Schlagergiganten, was zur Folge hatte, dass man enttäuscht und erleichtert zugleich war. Was kurz danach die 11-jährige Georgia, die in diesem Jahr immerhin den "The Voice Kids"-Contest für sich entscheiden hatte können, darbot, war allerdings wirklich erstaunlich. Begleitet von Leo am Klavier gab sie den Lennon’schen Songgiganten "Imagine". Mit fantastischer Stimme, selbstbewusst und absolut vorzüglich.
Thomalla keilt bei Plein um Spenden
Das Gros der über 80 anwesenden Promis griff bei Kerner auf der Tribüne auch zum Hörer, um am Telefon Spenden entgegenzunehmen. Auch
"Hast du Bock zu spenden?", redete Thomalla nicht allzu lang um den heissen Brei. "Ja, klar!", antwortete ihr prominenter Telefonkontakt, bevor er irgendeine semispannende Familiengeschichte auftischte. "Unter 10.000 Euro geht gar nichts", unterbrach ihn die neben einem Kerner mit grossen Ohren sitzende Freundin.
Machen wir 30.000", antwortete Plein, der auf eine zweite Familiengeschichte verzichtete, knapp. "Es kann sein, dass ich heute noch einmal vorbeikomme, Sophia", kündigte ein ob der Summe entzückter Moderator an.
Sohn tröstet seine weinende Mutter
In Berlin gibt es Wohnviertel, in denen 80 Prozent der Kinder von Armut betroffen sind. Die derzeit enorm hohen Kosten machen es vielen Familien besonders schwer. Einige von ihnen kommen dann beispielsweise ins "Schutzengel-Haus", wo Kinder aus sozial schwachen Familien kostenlos ein gesundes Mittagessen, professionelle Hilfe bei den Hausaufgaben, Sport- und Musikangebote sowie ein abwechslungsreiches Ferienprogramm bekommen. "Zurzeit sind viel mehr Familien von Armut betroffen.
Man merkt das auch an den Kindern, die für diese Jahreszeit nicht angemessen bekleidet sind und oft echt Hunger haben", berichtete Bianca Sommerfeld, Leiterin des Schutzengel-Hauses. Aktuell sei es schwierig, weil die Kinder Winterkleidung bräuchten, und Weihnachten würde ja auch vor der Tür stehen, erzählte eine Mutter aus prekären Verhältnissen, der die Tränen kamen, während sie ihr kleiner Sohn tröstete und umarmte. Das Schutzengel-Haus finanziert sich ausschliesslich über Spenden. Unter anderem von "Ein Herz für Kinder".
Wladimir Klitschko übernimmt "Goldenes Herz"
Kerner kündigte nun mit der Verleihung des "Goldenen Herzens" einen emotionalen Höhepunkt an. Der alljährlich bei der Gala verliehene Preis ging schon u.a. an George Clooney, Prince Harry und Uschi Glas. "Dieses Mal geht der Preis an viele Persönlichkeiten. An die Menschen, die in der Ukraine allen bedrohten Menschen helfen", liess der Moderator die Zuseher wissen, bevor er Ursula von der Leyen bat, die Laudatio zu halten.
"Säuglinge kommen unter Raketenbeschuss zur Welt. Unschuldige Menschen sind seit zehn Monaten im Albtraum eines brutalen russischen Angriffskrieges" gefangen, so die Präsidentin der Europäischen Kommission im Zuge ihrer Rede, während die Regie immer wieder den im Publikum sitzenden Ex-Boxer
Klitschko: "Bitte nicht aufhören zu spenden!"
"Klitschko ist einer von tausenden Helferinnen und Helfern, die jeden Tag Unglaubliches Leisten. und für das unvergleichliche Engagement und den unermüdlichen Einsatz erhält Dr. Wladimir Klitschko stellvertretend für alle Helferinnen und Helfer das Goldene Herz für Kinder", so die Laudatorin.
Ein emotionaler Klitschko nahm den Preis entgegen und bedankte sich stellvertretend für alle Helferinnen und Helfer sowie speziell bei jenen, "die die Kinder hinter der Frontlinie versorgen" und den "grosszügigen Spendern". "Ihr habt das goldene Herz. Bitte nicht aufhören zu spenden!", bat Klitschko noch.
Obacht beim Teppichkauf
In einem UNO-Statut heisst es, dass jedes Kind auf der Welt das Recht habe, eine Schule zu besuchen. Im Realen ist das leider ein wenig anders. Viele Kinder müssen stattdessen in Steinbrüchen, auf Müllhalden oder in Teppichfabriken arbeiten.
Die kleine Radhika etwa muss in ihrer Stadt Agra jeden Tag um 4:30 Uhr aufstehen, um Teppiche mit scharfen und rostigen Sicheln zu bearbeiten, um für ihre Familie Geld zu verdienen. Von einer Schule kann die kleine Dame aus Indien, die auf einer harten Pritsche im Freien neben dem Knüpfstuhl schläft, nur träumen.
60 Millionen Kinder müssen in Radhikas Land Tag für Tag schuften. Dagegen kämpft seit Jahren der Kinderarbeitsexperte Benjamin Pütter. "Wir fördern durch den Kauf dieser von Kindern bearbeiteten Teppichen die Kinderarbeit", mahnt Pütter auf Kerners Couch. Wie man feststellen könne, ob bei der Produktion eines Teppichs Kinder im Spiel gewesen seien, wollte der Moderator wissen. "Durch umdrehen, hinten draufschauen. Sieht man dort das ‚Goodweave‘-Siegel, so waren keine Kinder involviert", verriet der Experte
. Pütter weiter: "Wir als Konsumenten haben einen riesigen Einfluss, bitte nutzen Sie den!"
Königin macht sich für Kinder stark
Einen royalen Glanz bekam Deutschlands grösser Spendengala durch den Besuch von Königin Silvia von Schweden. Schon im Jahr 1999 gründete sie die "World Childhood Foundation", die weltweit Kinder unterstützt, die sexuellen Missbrauch und Gewalt erfahren mussten. Auch in Deutschland gibt es bereits ein "Childhood"-House, doch es braucht ob der leider zahlreichen Missbrauchsfälle weitere Häuser. In diesen warten ausgebildete Psychologinnen und Psychologen auf die traumatisierten Kleinen.
Die schwedische Königin: "Die Kinder, die Opfer eines Verbrechens sind, leben in einem schrecklichen Trauma. Das wird grösser, wenn keiner den Kindern glaubt, zuhört und ihnen niemand ihnen hilft. In den ‚Childhood‘-Häusern finden sie die Hilfe, die sie brauchen. Die Kinder merken, dass man ihnen zuhört, dass man sie ernst nimmt, dass man ihnen eine Therapie anbietet."
Gemeinsam mit der schwedischen Organisation will "Ein Herz für Kinder" in Deutschland ein neuntes "Childhood"-Haus errichten. Auch dafür braucht es Spenden.
Kritik an "Ein Herz für Kinder"
Seit bald 50 Jahren besteht die Hilfsorganisation "Ein Herz für Kinder", die 1978 auf Initiative des Verlegers Axel Springer und seiner Boulevardzeitung "Bild" ins Leben gerufen wurde und im Wesentlichen noch immer durch den Verlag finanziert wird. Immer wieder steht die eigentlich "BILD hilft e. V. ‚Ein Herz für Kinder‘" heissende Organisation auch in der Kritik.
So hat sie etwa nicht das DZI-Spenden-Siegel, das seit 1992 sozialen und karitativen Organisationen, die bestimmte Kriterien erfüllen, erhalten. Die Organisation begründet dies mit den hohen Kosten für ein solches Siegel. Tatsache ist aber auch, dass im Laufe der Jahrzehnte und im Zuge dieses alljährlichen Spagats der Gala zwischen Kindernot und Promi-Glamour unglaublich viele Spenden lukriert werden konnten. "Am Ende des Abends denkt man, man sei ein besserer Mensch, meinte Schauspielerin Maria Furtwängler einmal.
Kein Rekordergebnis, aber ein sehr gutes
Auch Aussenministerin Annalena Baerbock und Finanzminister Christian Lindner gingen am Samstagabend für die gute Sache zu Werke. Letzterer war es dann auch, der am Ende des dreistündigen Abends, in dem noch zahlreiche weitere grossartige Organisationen vorgestellt wurden, die vorläufige Spendensumme enthüllte.
Die Deutschen zeigten sich auch in diesem Jahr überaus grosszügig und spendeten bis 23:15 Uhr exakt 24.236.721 Euro. "Danke, danke, danke!", kommentierte Johannes B. Kerner am Ende der Spendengala das Ergebnis, das für ihn "das schönste Weihnachtsgeschenk" sei.
Aber welcher
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