"Ich weiss mehr als vorher." Wenn ein Moderator in seiner TV-Show so ein Zwischenfazit zieht, dann geht es sicher nicht ums Dschungelcamp oder "Das Sommerhaus der Stars". Nein, tatsächlich geht es um "Die grosse 'Terra X'-Show". Da stand Johannes B. Kerner trotz einer hübschen Erklärung von Harald Lesch zur Relativitätstheorie am Mittwoch ziemlich auf dem Schlauch, erkennt aber das grosse Plus der Show.

Christian Vock
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

Mehr News über TV-Shows

"Terra XXL", "Terra Xpress", "Terra X Lesch und Co.", "Terra X plus Schule", "Terra MaX", "Terra Xplore" oder eben "Die grosse 'Terra X'-Show". Mit zahlreichen Sendungen und Untermarken hat sich "Terra X" als feste Grösse im Wissens- und Wissenschaftsbereich des ZDF etabliert. Egal, welcher Wissensbereich und egal, welche Zielgruppe, die "Terra X"-Dokumentationen und -Magazine decken so ziemlich alles ab, was man wissen wollen kann.

Johannes B. Kerner würde vielleicht sogar sagen: "'Terra X’ ist gigantisch." Nicht nur, weil es bezogen auf die Präsenz in die richtige Richtung geht, sondern, weil er das von Berufswegen machen müsste. Zumindest am Mittwochabend. Denn da präsentiert der Moderator "Die grosse 'Terra X'-Show" und die hat sich diesmal das Thema "Giganten" gegeben.

Dementsprechend fällt auch die Begrüssung von Kerner aus, die zugleich auch noch ein bissen mehr Applaus generieren soll: "Heute ist alles gigantisch – wie dieser Empfang, dankeschön!" Doch weil bei "Die grosse 'Terra X'-Show" eben auch das Wörtchen "Show" dabei ist, soll das Publikum nicht nur mit Wissenswertem, sondern auch mit einem Duell unterhalten werden. Und so spielen diesmal Joachim Llambi und Anna Loos gegen David Garrett und Judith Williams. Mai Thi Nguyen-Kim und Harald Lesch springen an passender Stelle als wissenschaftliche Erklärbären ein. Eine Handvoll Promis wurde zudem in alle Welt geschickt, um lokale Giganten vor Ort vorzustellen.

"Wie gross war der grösste Mensch, der bisher gelebt hat?"

Es soll also um Gigantisches gehen und da bricht Kerner erst einmal mit einer persönlichen Frage das Eis: "Was war das Gigantischste, das euch je passiert ist?", fragt Kerner die Rateteams und die Antworten fallen doch recht unterschiedlich aus. "Dieses Leben finde ich schon so gigantisch", ist Judith Williams vom grundsätzlichen Sein begeistert, David Garrett findet "Musik etwas Unerklärliches." Anna Loos hingegen entscheidet sich für "Die Geburt meiner Kinder" und für Joachim Llambi sind "Tanzen, Musik, Gefühle ausdrücken" etwas Gigantisches.

Etwas weniger subjektiv sind dann die Fragen, die Kerner den Rateteams aus allerlei Bereichen stellt, in denen er Gigantisches ausgemacht hat: "Welche Flügelspannweite hatte der grösste bisher bekannte Wanderalbatros (3,63 Meter)?", "Wie gross war der grösste Mensch, der bisher gelebt hat (2,72 Meter)?", "Wie lang wurde die längst Schlange der Welt (9,75 Meter)?" oder "Wie lang wurde der grösste bisher gemessene Blauwal (33,58 Meter)?"

Vor allem David Garrett kann hier beim Thema Weltrekorde glänzen, nur bei der Frage nach der längsten Schlange macht er einen Wettbewerbsnachteil aus: "Ich habe früher gerne das 'Guiness-Buch der Rekorde' gelesen und in meiner Version von 1987 …" Trotzdem ist es eine nette Einführungsrunde, bei der man als Zuschauer sicher den einen oder anderen Weltrekord behalten kann – sollte man dieses Wissen irgendwann einmal brauchen.

Lesen Sie auch: Grösser, schneller, weiter: Testen Sie Ihr Wissen zu Tier-Rekorden

Was war vor dem Urknall?

Sich ein paar Zahlen zu merken, ist gerade im Vergleich zur nächsten Wissenskategorie noch ziemlich einfach. "Unser nächster Gigant ist der Anfang von allem", beginnt Kerner, ehe Harald übernimmt, wahrscheinlich, weil es bei diesem Thema kein Promi rechtzeitig vor Ort geschafft hat: der Urknall. Und hier hat Lesch für alle Zuschauer, die mit der "Big Bang Theory" zuerst eine US-Comedy-Serie verbinden, ein paar spannende Fakten parat.

"Der Urknall hört sich eher wie ein Brummen an", erklärt Lesch, damit "Knall" nicht missverstanden wird. Und über die Grenzen der Wissenschaft sagt Lesch: "Eine Frage können wir nicht beantworten: Was ist davor?" Dass man sich als Mensch mit dem Begriff der Unendlichkeit etwas schwertut, so erklärt Lesch, mag auch daran liegen, dass man im Universum einfach nichts Unendliches habe.

Etwas handfester wird es da bei der nächsten Wissenskategorie: der Amazonas-Regenwald. Hier fragt Nguyen-Kim die Promis unter anderem Folgendes: "Aus wie vielen Bäumen besteht der Amazonas-Regenwald nach Schätzungen ungefähr?"

  • A: fast 400 Millionen
  • B: fast 4 Milliarden
  • C: fast 400 Milliarden

Lesen Sie auch: "Die grosse Terra X-Show": Das "Supertalent" der Antike ass täglich acht Kilo Fleisch

Warum die Klimakrise auch ins Unterhaltungsfernsehen gehört

Beide Teams nehmen Antwort C und liegen damit richtig. Leider auch bei der nächsten Frage und dort will Nguyen-Kim wissen: "In welcher Geschwindigkeit wird der Amazonas-Regenwald abgeholzt? Rund drei Fussballfelder …"

  • A: pro Minute
  • B: pro Stunde
  • C: pro Tag

Bedauerlicherweise ist die richtige Antwort A und als das beide Teams ganz richtig vermuten, könnte es an dieser Stelle wie bei jeder anderen Quizshow einfach weitergehen, doch zum Glück schafft Kerner hier ein bisschen Achtsamkeit für die immer sichtbarer werdende Klimakatastrophe. "Gibt es irgendeine Rettung? Was kann man tun, was kann jeder tun?", fragt Kerner in Richtung Lesch. Der verweist unter anderem auf den Ausbau erneuerbarer Energien und auf den Verzicht von Fleisch. Hier ergänzt Nguyen-Kim zum Ziel der Abholzung: "Das Soja, das dort angebaut wird, ist nicht für Tofu für die Vegetarier, sondern für Tiernahrung."

Es ist gut, dass sich Kerner auch in einer Unterhaltungsshow wie dieser diesen kurzen Moment nimmt, um auf diese grösste Herausforderung der Menschheit aufmerksam zu machen. Nicht nur, weil man gar nicht genug motivieren kann, einen Beitrag gegen die Klimakatastrophe zu leisten, sondern weil es in einer Wissensshow eben dazu gehört. Schliesslich hängt alles mit allem zusammen. Daher passt es auch in eine Unterhaltungsshow, wenn Lesch am Mittwochabend zur Klimakatastrophe erklärt: "Es ist vor allen Dingen eine Frage des Jetzt. Wenn nicht wir, wann sonst?"

Johannes B. Kerner: nichts verstanden, aber gerne zugehört

Abgesehen davon funktioniert "Die grosse 'Terra X'-Show" als Unterhaltungsformat ohnehin nur leidlich. Als Wissensshow aber umso mehr, denn sie motiviert, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Vielleicht sogar Johannes B. Kerner. Denn als ihm Harald Lesch im Studio mit einem sehr anschaulichen Modell die Relativitätstheorie erklärt, muss Kerner gestehen: "Die schlechte Nachricht: Ich hab’s immer noch nicht verstanden. Die gute Nachricht: Ich habe dir sehr gerne zugehört."

Und so ist die jüngste Ausgabe der "Grossen 'Terra X'-Show" kein Feuerwerk des Unterhaltungsfernsehens, aber dafür eine Wissensshow, die Lust macht, Dinge selbst auszuprobieren oder mal wieder einen Atlas in die Hand zu nehmen statt Google Maps und zu gucken, was die Welt so an Aufregendem bereithält. Oder wie es Johannes B. Kerner formuliert, als er nach der Unterrichtseinheit in Relativitätstheorie ein versöhnliches Fazit zieht: "Ich weiss mehr als vorher." Das kann man nun wirklich nicht über jede Fernsehshow sagen.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.