"Joko und Klaas gegen ProSieben" ist albern, sarkastisch, behämmert und vollkommen sinnentleert. Trotzdem ist es gerade die unterhaltsamste Show im Fernsehen.

Eine Kritik

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Eine Qualle, ein Betonklotz, ein ausrangiertes ProSieben-Logo und eine Gesichtswurst stehen auf der hell erleuchteten Bühne und twerken. Sie schütteln sich, sie wackeln mit dem Hintern. Die Musik wechselt und kurz darauf headbangen sie wie von Sinnen.

Ihre Stimmen sind elektronisch verzerrt, die meisten lallen - sie sind betrunken. Klingt absurd, geradezu schwachsinnig? Ist es auch. Aber genau das ist das Konzept.

Im Mai und Juni diesen Jahres starteten die ersten Folgen von "Joko und Klaas gegen ProSieben". Im Prinzip nur eine leichte Abwandlung des ewig gleichen Konzepts der beiden Moderatoren, die sich seit ihren Tagen bei MTV vor der Kamera triezen und malträtieren. Mit dem Unterschied, dass sie in "Joko und Klaas gegen ProSieben" zusammenarbeiten müssen, um ihren Heimatsender zu besiegen.

Natürlich streiten sie dabei immer noch. Am Dienstagabend etwa beim Versuch innerhalb einer Stunde Wasserski fahren zu lernen und über eine Rampe zu springen. Der eine gemütlich im Boot sitzend (Klaas), während der andere ein ums andere Mal fluchend ins Wasser klatscht (Joko).

Joko über Aufgabe: "Das alles macht doch gar keinen Sinn"

Die Regeln der Show sind simpel: In mehreren Runden müssen die Moderatoren in gewohnt albernen Spielen antreten. Gewinnen sie am Ende, dürfen sie am Folgetag um 20 Uhr zur besten Sendezeit 15 Minuten lang tun und lassen, was sie wollen.

In der ersten Staffel überraschten Joko und Klaas, indem sie ihre Sendezeit Menschen zur Verfügung stellten, die akute Probleme unserer Zeit ansprachen: Die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer, Obdachlosigkeit und die Renaissance rechten Gedankenguts. Verlieren sie, bestraft sie ProSieben. Etwa mit der Moderation von "Taff".

Der Weg dorthin ist launig, trieft vor Bösartigkeiten und ständigen Sticheleien. "Das ist die Show, in der sie raten müssen, wer unter diesen beiden hässlichen Masken steckt", sagt Steven Gätjen, der durch den Abend führt, direkt am Anfang in Richtung seiner beiden Kollegen. Die sind aber gar nicht verkleidet und sehen aus wie immer.

So geht es munter weiter. In einem der Spiele müssen Joko und Klaas erraten, wie schnell eine Spielzeugeisenbahn auf sie zufährt. "Ihr müsst schätzen, mit welcher Geschwindigkeit ich euch ins Gesicht baller", erklärt Gätjen. "Das macht doch alles gar keinen Sinn", klagt Joko Winterscheidt. Stimmt. Aber das machen die auf Eiern balancierenden Bagger in "Wetten, dass..?" auch nie.

Trotzdem hat das über Jahrzehnte Millionen von Zuschauern unterhalten. "Joko und Klaas gegen ProSieben" macht nichts anderes. Nur in einer zeitgemässen Variante. Es ist als träfe der Eurovisions-Klassiker auf "Schlag den Raab", "Jackass" - und einen grossen Kindergeburtstag.

"Joko und Klaas gegen ProSieben": Albern, aber unterhaltsam

Nicht anders sind Spiele zu erklären, in denen die beiden auf seltsamen Fahrradkonstruktionen um einen Parcours eiern und sich wie Comic-Figuren auf einem Mini-Tandem abstrampeln. Oder besonders leichte Gegenstände weit werfen müssen. Oder wie am Anfang erwähnt, jemanden unter Ganzkörperkostümen erkennen müssen, analog zum Sender-Hit "The Masked Singer", - in diesem Fall Joey Heindle.

Das ist natürlich hoffnungslos albern. Aber es funktioniert. Wenn auch die erste der vier neuen Folgen deutliche Längen hat. Drei Stunden und 15 Minuten Sendezeit an einem Dienstagabend sind eben doch episch.

Das liegt auch daran, dass ProSieben die Show hemmungslos nutzt, um das eigene Programm samt Moderatoren, Schauspielern und Comedians zu promoten. Ständig inszeniert sich ein anderer Kollege von Joko und Klaas als besonders fies in einem der Einspielfilme. Meist wenig erfolgreich. Im vorletzten Spiel ist sich der Sender sogar nicht zu schade, zum "Jerks"-Quiz mit Christian Ulmen und seiner Serien-Partnerin Pheline Roggan zu bitten. Die dritte Staffel startet direkt im Anschluss von "Joko und Klaas gegen ProSieben". Einer der verzichtbaren Momente der Premiere am gestrigen Abend, so gnadenlos und gut die Comedy-Serie auch sein mag.

Joko und Klaas gewinnen souverän

Nach drei Stunden und fünf von sechs gewonnenen Spielen treten Joko und Klaas schliesslich zum letzten Wettkampf an. Sie sollen in zehn Minuten einen Autoreifen wechseln, ohne den Boden zu berühren. Das hätte auch Thomas Gottschalk gefallen. Also hangeln sie sich über die Motorhaube, schimpfen ein wenig, triumphieren aber mühelos.

Eine "spezielle" Reportage für Galileo bleibt ihnen dadurch erspart. Dafür dürfte der ProSieben gespannt sein, was sie am Mittwochabend um 20 Uhr mit ihrer Sendezeit anfangen. Egal, was es ist, eines dürfte sicher sein: Während ProSieben seit Jahren nach einem funktionierenden Nachfolger für "Schlag den Raab" am Samstagabend sucht, ist der schon längst gefunden. Er läuft nur am falschen Tag.

Aufgrund des offenbar rechtsextremen Terroranschlags in Halle am Mittwoch, verschob ProSieben die für Joko und Klaas geplante Sendezeit.

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