Tausendmal probiert, jetzt ist es passiert. Rapper Kay One sucht auf RTL II alles mögliche, aber sicher nicht die grosse Liebe. Das Beeindruckende: "Kay One – Prinzessin gesucht" gelingt, was alle Sender seit Jahren versuchen: die beste schlechteste Show im Fernsehen zu inszenieren.
Ein zierliches Mädchen schaut in die Kamera, Wimpern wie Miss Piggy, nur mit einem Bikini und einer Federboa bekleidet. Sie sagt: "Ich seh' aus wie eine Nutte." Es ist ein wunderbarer Moment der Wahrheit in dieser neuen Show, in "
"Kay One – Prinzessin gesucht" ist das, was "Der Bachelor", "Catch The Millionaire", "Bauer sucht Frau" und unzählige Sendungen versprochen haben, aber nie halten konnten: bedingungslose Unterhaltung. Das Gerede über "wahre Gefühle", "die grosse Liebe", "den Einen/die Eine", diesen ganzen klebrigen Quatsch, den glaubte doch sowieso nie jemand. Das ist Fernsehen. Hier ist nichts echt.
RTLIIs Hip-Hop-Variante des "Bachelors" treibt das Kuppelformat auf die Spitze und persifliert es zugleich. Das Format nimmt nichts ernst. Es ist sexistisch, total überzogen, grell. Und genau deswegen funktioniert es. Wer jetzt wieder den Untergang des Abendlandes ausruft, hat nichts verstanden. Das hier ist eine Unterhaltungsshow. Und die besten Mediensatiren liefert immer noch das Medium selbst.
"Um so hübscher, um so weniger kann man ihnen vertrauen"
Kay One, mittelmässig erfolgreicher Rapper und letztes Jahr in der "Deutschland sucht den Superstar"-Jury, sucht laut RTLII eine Frau. Pardon, eine "Prinzessin". Im wahren Leben werfen sich ihm nur Models an den Hals. Er sieht zwar schon ziemlich gut aus, sagt er selbst, aber so gut nun auch wieder nicht. Deswegen seine Schlussfolgerung: "Um so hübscher, um so weniger kann man ihnen vertrauen." Wenn eine Frau ihn also wirklich kennenlernen will, geht sie sogar ins Fernsehen. Das klingt gar nicht mal so unlogisch.
Weil aber "Der Bachelor" so ein schnarchnasiges Format ist, "bei dem nichts echt ist", findet seine Show in einer Villa auf Mallorca statt. Mit elf Frauen, die in Mikrokleidern mit Schampusgläsern um einen Pool rumstehen. Und am Ende Armbänder bekommen. Moment, also das ist doch alles genauso wie beim "Bachelor"! Ist es nicht. Das hier ist lustig.
Es gibt keinen Grund, hier mitzumachen
Die Frauen tragen Namen wie Tracy, Virginia, Belinda, Zelina, und ja, Gessica, gesprochen wie Jessica, aber mit einem "G". Als eine von ihnen direkt in den ersten Minuten zum üblichen Dialog "Ich bin die Richtige, weil...", ansetzt, hört sie einfach mitten im Satz auf. Ihr fällt kein Grund ein. Wieso auch? Es gibt keinen.
Weil das keinem so bewusst ist wie Kay One, tut er endlich das, was wir uns seit Jahren von all diesen Formaten wünschen: Er heizt die Frauenschar konsequent auf. Zwei Kandidatinnen fragt er, ob sie sich nicht mal küssen könnten (sie tun es nicht), eine andere, ob sie spontan einen Lapdance hinlegen könnte (sie lässt sich nicht lange bitten). Beim "Bachelor"-üblichen Smalltalk zum Abendessen muss jede von ihnen eine benennen, die sie rauswerfen würden. "Wer nicht antwortet, fliegt!".
"Die Melonen kommen weiter"
In Prinzip finden sich in der Show alle Versatzstücke aus dem "Bachelor". Der Besuch des besten Freundes, "Challenges", die Einzeldates - nur hier ergeben sie erstmals Sinn. Stellen Sie sich jeden unpolitisch unkorrekten Gedanken vor, den sie beim Betrachten dieser Show hatten – Kay One spricht ihn aus. Eine Kandidatin schickt er mit den Worten "die Melonen kommen weiter" in die nächste Runde. Als eine der Teilnehmerinnen den in diesen Formaten üblichen Nervenzusammenbruch bekommt und die Show verlassen will, sagt er: "Ja gut, dann geh halt."
Wer zu diesem Zeitpunkt noch irgendetwas bei dieser Prinzessinnen-Suche ernst nimmt, für den lässt Kay One drei Kandidatinnen einen Rap über sich schreiben. Darin vorkommen sollen die Worte "charmant", "gut aussehend", "reich", "Superstar" und "sehr, sehr, sexy". Die Frauen erledigen es ohne Widerrede. Der Rapper lacht sich dabei schlapp. Der Zuschauer auch. Keine Frage, der neue "Bachelor" ist gefunden. Er heisst Kay One.
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