700 Folgen, 20 Jahre. Mit einer zweistündigen Sonderausgabe verabschiedeten sich gestern Nacht Christine Westermann und Götz Alsmann mit ihrem WDR-Dauerbrenner "Zimmer frei!" von den Bildschirmen. Eine ultimative Lobhudelei zum Abschied.
Es war ganz am Ende der gestrigen letzten Ausgabe von "Zimmer frei!". In einem der wenigen ruhigen Momente. Der goldene Glitzer-Regen war schon gefallen, die ersten Tränen vergossen, alle Lobreden gehalten. Da setzte sich
Was er da sang, war vielleicht nur als ein grosses Dankeschön gedacht. Ein letzter musikalischer Gruss. So, wie es Götz Alsmann vielleicht am besten liegt, seine Gefühle auszudrücken.
Und vielleicht war es nur des passenden Reimes wegen, aber dennoch bleibt ein Zweizeiler hängen, der all das, was "Zimmer frei!" 20 Jahre und 700 Folgen lang ausmachte, am treffendsten beschrieb: "Das war's für immer meine Damen und Herren. Wir haben's für Sie gemacht und wir taten's gern."
"Zimmer frei!": Aus Liebe zum Fernsehen
Unterhaltung – vom Herzen und fürs Publikum. Das war die Grundhaltung von Christine Westermann und Götz Alsmann, die sich die beiden über all die Jahre erhalten haben. Damit schreibt man zwar nicht zwangsläufig bei jeder Sendung Fernsehgeschichte, aber man zeigt das, was so vielen Shows abgeht, die kaum voneinander unterscheidbar in Endlosschleife irgendwelchen C-Promis zu ein paar Minuten Ruhm verhelfen: Liebe zum Fernsehen und das Wissen, wofür man das Ganze macht.
Dementsprechend war der gestrige Abend natürlich eine Abschiedsshow mit allem, was dazu gehört: ein bisschen Überlänge, zahlreiche Gratulanten, ein paar Festreden und selbstredend dutzende Rückblicke.
Aber, und etwas anderes hätte Götz Alsmann wahrscheinlich niemals zugelassen, der gestrige Abend war eben auch eine weitere Folge "Zimmer frei!", wie immer mit dem Ziel, den Zuschauer bestmöglich zu unterhalten.
Und dazu fuhr die "Zimmer frei!"-Redaktion noch einmal alles auf, was die Show so auszeichnet, nur eben diesmal in der XXL-Variante: Essen, Gäste, Lobhudeleien, Gespräche, Spielchen, Hausmusik, Comedy, Alkohol und selbstverständlich das obligatorische "Zimmer frei!"-Bilderrätsel.
Westermann und Alsmann – die Journalistin und der Clown
Hausmusik, Bilderrätsel, Lobhudelei – das sind Wörter, die kennt man beim Privatfernsehen im Jahr 2016 noch nicht einmal vom Hörensagen. Beim öffentlich-rechtlichen WDR gibt es aber noch diese Nische, in der man aus diesen scheinbar aus der Zeit gefallenen Begriffen Fernsehunterhaltung machen kann, die funktioniert. Oder wie es Kim Fisher gestern Abend formulierte: "In keiner Sendung schafft man es, so bescheuert auszusehen und gleichzeitig so tiefgehende Gespräche zu führen."
Damit spricht die Moderatorin den Grund an, warum eine Sendung wie "Zimmer frei!" all die Jahre funktionieren konnte: Weil einfach die Mischung stimmte, das Ernste wie das Unterhaltsame gleichermassen Gehör fanden, bestens repräsentiert durch Christine Westermann und Götz Alsmann – die Journalistin und der Clown.
"Wie ein guter BH"
"Ich habe unterschätzt, was viele Gäste unterschätzen: was Christine für Nehmerqualitäten hat", erzählt Götz Alsmann gestern Abend über seinen Gegenpol Westermann. Denn die scheinbar so zurückhaltende Christine Westermann, die auf ihre ganz eigene ruhige und einnehmende Art Gäste zum Reden bringt, hält die ganzen Jahre nicht nur stoisch den Clownereien Alsmanns stand, nein, sie bereitet ihnen überhaupt erst die Bühne, denn nur lustig funktioniert eben auch nicht.
Alsmann dagegen fühlt sich einzig und allein der Unterhaltung des Publikums verpflichtet. Niemand durchschneidet im deutschen Fernsehen rührende Momente so scharf und gnadenlos wie Alsmann, nur um zu Bällchenbad-Spielen oder Schokokuss-Essen überzuleiten.Und niemand macht das gleichzeitig so liebenswert wie unterhaltsam.
Alsmann, nicht nur optisch ein wandelnder Anachronismus, pflegt, seit er weiss, wann eine Kamera an ist, die Kunst, von der Tolle bis zur Sohle adrett zu sein und gleichzeitig so unglaublich uneitel.
Alsmann macht sich mit einer seltenen Eleganz zum Affen und bewahrt dabei immer noch Haltung. Noch so etwas, das er der C-Prominenz der Privatsender weit voraus hat. Und genau diese Haltung, diesen Respekt vor sich selbst, lässt er auch seinen Gästen zukommen: "Man fühlt sich bei dir wie bei einem guten BH: gehoben und gestützt", nennt Thomas Hermanns gestern Abend diese Eigenschaft.
Ein Abschied für Könige
Dass es dabei auch den einen oder anderen Ausrutscher gab, wie seinerzeit, als man den ehemaligen Legastheniker Cherno Jobatey in der Sendung unter anderem mit Buchstabensuppe auf die Schippe nahm, passiert. Denn all der Klamauk und die ernsten Gespräche leben einzig und allein von der unkalkulierbaren Reaktion der Gäste, was auch Alsmann weiss: "Wir müssen uns an euch [Gäste, Anm. d. Red.] ranhängen. Ihr seid die Motoren der Show."
Und genau das hat funktioniert. 20 Jahre, 700 Folgen lang. Warum also ist jetzt Schluss? Der Abschied war von langer Hand geplant. Bereits vor drei Jahren haben sich Westermann und Alsmann einen Anlass gesucht, aufzuhören und ihn mit der 700. Folge dann auch gefunden, wie Alsmann den Abschied erklärt: "Heute ist unser letzter Abend und man behandelt uns wie Könige. Ich möchte lieber so gehen als vom Hof gejagt zu werden."
Etwas anderes hätte man von den beiden auch nicht erwartet. Ein Abgang mit Stil eben.
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