Wussten Sie, dass E-Autos eine kürzere Reichweite haben als solche mit Verbrennungsmotor? Ach so, wussten Sie schon. Mario Barth hat das in seiner jüngsten Ausgabe von "Mario Barth deckt auf" trotzdem aufgedeckt. Und noch ganz andere Sachen. Zum Beispiel, dass sich Mario Barth gerne empört. Was uns das hilft? Nichts.

Christian Vock
Eine Kritik

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Mario Barth empört sich. Dauernd. Ständig. Auf der Bühne über die Fehler seiner Freundin und über die von Frauen im Allgemeinen und im Fernsehen über die von Politikern und Behörden. Man kann sagen, dass Mario Barths grosser Erfolg auf Empörung basiert – was vielleicht mehr über sein Publikum aussagt, als über ihn.

Nun hat Empörung natürlich auch ihre guten Seiten, denn sie zeigt Betroffenheit. In einer Welt, in der allen alles egal ist, möchte auch niemand leben. Empörung ist der Anstoss für Veränderungen, zumindest kann sie es sein. Dann nämlich, und nur dann, wenn der ersten Emotionalität der Wille zur Aufklärung folgt. Wenn sie auf Fakten aus ist und auf Vereinfachung und Populismus verzichtet.

Und genau damit tut sich Mario Barth mit seiner "Mario Barth deckt auf"-Reihe regelmässig schwer. In seiner Empörungscomedy ist nicht Aufklärung das erste Ziel der Empörung, sondern der nächste Lacher. Und für diesen Lacher war Barth in der Vergangenheit zwar nicht jedes, aber doch so manches Mittel recht.

Hier wird nicht fein differenziert, sondern möglichst grob drauflos geklopft. Hauptsache am Ende steht das Bild von "denen da oben" und "uns da unten". Glaubt man Barths Gesellschaftszeichnung, werden "wir" von lauter unfähigen Politikern und bekloppten Bürokraten regiert, drangsaliert und ausgenommen. Kennste, wa, kennste?

Mario Barth: "Wir wissen es nicht."

Auch in seiner neuesten Ausgabe vom Mittwochabend hat sich Barth wieder eine Reihe von Beispielen ausgesucht, wo vermeintlich unfähige Entscheidungsträger das sauer verdiente Steuergeld aus dem Fenster schmeissen, wo sie nur können. Gut also, dass Mario Barth, der Anwalt des kleinen Mannes, kein Risiko scheut, all die Steuerverschwendungen aufzudecken.

Der erste Kampf des Abends, den Barth für den kleinen Mann austrägt, ist der gegen das E-Auto. Dass mit diesem E-Autos irgendwas nicht stimmen kann, dafür präsentiert Barth einen schlagenden Beweis: das Bild eines E-Autos, das die Redaktion bei reddit gefunden hat. Darauf ist zu sehen, wie das E-Auto von einem Generator aufgeladen wird, den ein anderes Auto auf einem Anhänger transportiert hat.

Die Hintergründe dieser Aufladeaktion, ob es sich vielleicht um eine Testfahrt eines Automobilherstellers handelt, interessieren Barth nicht: "Wir wissen es nicht, wir konnten nicht recherchieren." Das hält ihn natürlich nicht davon ab, das Bild trotzdem zu zeigen und sich eine Geschichte dazu auszudenken. Hauptsache der Ersteindruck sitzt: Irgendwas ist faul mit diesen Elektroautos.

Dieser Eindruck muss natürlich verfestigt werden. Also reist Barth zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), um … - ja, um was eigentlich? Um all die Dinge aufzulisten, die seit Jahren bekannt sind: die langen Ladezeiten, Kinderarbeit in den Kobalt-Minen, fehlende Lade-Infrastruktur, geringe Reichweite, und so weiter. Barths Fazit: "E-Auto ist schon 'ne tolle Sache", aber all die Probleme müssen gelöst werden., "dann macht das Sinn." Der Informationsgewinn für den Zuschauer: nicht vorhanden.

Ingo Appelt: "Nix klappt bei der Bundeswehr."

Aber Barth macht unbeirrt weiter und schickt als "Spürnase" Ingo Appelt zur Bundeswehr, denn dort arbeiten offenbar nur Idioten, wie Appelt in Bezug auf den Panzer Puma feststellt "Wir sind doch bei der Bundeswehr. Da kannst du froh sein, wenn einem der Panzer nicht unter dem Hintern wegexplodiert."

In den Puma passen nämlich nur Menschen, die nicht grösser als 1,84 Meter gross sind. Warum das so ist, interessiert Appelt nicht, aber Hauptsache der Gag sitzt. Sein Fazit: "Probleme über Probleme, aber wir haben's ja".

Auch ein U-Boot wurde fehlgeplant und der Eurofighter ist ja sowieso ein Milliardengrab. Die Bundeswehr kommt bei so viel Kritik natürlich nicht zu Wort, aber immerhin darf ein Mitglied der Grünen im Verteidigungsausschuss, Tobias Lindner, etwas dazu sagen.

Der hat natürlich gute Ratschläge für Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer parat, was Appelt zu dem Schluss führt: "Nix klappt bei der Bundeswehr. Wenn morgen ein Haufen aggressiver Hoppelhäschen angreift – wir wären denen schutzlos ausgeliefert."

Immerhin rückt Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler dieses Bild noch einmal gerade: "Wir müssen unterscheiden. Worüber wir hier reden, ist die Rüstungsbeschaffung. Das ist ein völlig desaströser Laden", relativiert Holznagel und schlägt danach ins andere Extrem aus: "Die Bundeswehr als solches ist ein hervorragender Verein."

Kunst? Nur, wenn was übrig ist.

E-Auto, Bundeswehr – da fehlt noch "ein grosses Thema, was mich persönlich wahnsinnig macht." Wer jetzt nicht gleich drauf kommt: Es ist die Kunst, die Mario Barth ärgert oder vielmehr die Tatsache, dass "die Priorität besser sortiert werden sollte."

Erst müsste es nach dem Barthschen Kunstverständnis genügend Polizisten, Pflegekräfte und Feuerwehrleute geben, ehe man Geld für Kunst ausgeben darf: "Kunst, immer wenn wir was übrig haben – eine tolle Sache."

Dass es in einer Gesellschaft beides geben muss und kann, kommt Barth nicht in den Sinn. Aber dann fiele ja die Empörung nicht so gross aus und um die geht es ja. Deshalb leitet Barth einen Einspieler über Steuerverschwendung auch mit dem Satz ein: "Es ist wieder was Geiles gemacht worden von einer Behörde." Da weiss der Zuschauer natürlich sofort Bescheid: Behörde? Aha, da kann es ja nur um Steuergeldverschwendung gehen. Bei Behörden arbeiten ja nur Idioten.

Es ist diese verallgemeinernde Art, die Barths Empörunsansatz selbst diskreditiert. Machen Menschen Fehler? Ja, natürlich. Soll man diese Fehler aufdecken, besonders wenn es sich um Steuergeld handelt? Natürlich. Arbeiten deshalb nur Unfähige in Behörden? Natürlich nicht. Aber Mario Barth empört sich eben gerne.

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