Deutschlands erfolgreichster Komiker ist zurück, um die grössten Steuerverschwendungen anzuprangern. In "Mario Barth deckt auf" gibt er den Kämpfer für den kleinen Mann. Komplexer als eine "Bild"-Schlagzeile sollten die Themen aber nicht sein.
Mario Barth schwenkt den Kopf von rechts nach links. Immer wieder. Die Stimme ist laut, aufgeregt, die Körpersprache ist es auch. Offenbar lassen sich die Stadiongesten abseits der Bühne nicht mehr abstellen. Eigentlich wollte er ja nicht mehr über das Thema sprechen, sagt er. Der Berliner Flughafen. Oha! Schon nach wenigen Minuten der neuen Staffel von "
"Baustopp, Baustopp, Baustopp, wir hatten Baustopp?" leiert er in der für ihn typischen Art und Weise wie eine hängende Schallplatte. "Für die Leute, die nicht wissen, was Baustopp ist: Da wird nicht mehr gebaut", geht es weiter. Um dann noch mal ganz ausführlich auszubreiten, was alles beim neuen Berliner Flughafens schief gelaufen ist. Nach Monaten der Berichterstattung in den Medien so ziemlich das altbackenste Thema überhaupt. Dachte man zumindest, denn als nächstes gräbt Barth "Stuttgart 21" aus. Offensichtlich gibt es wohl doch nicht so viele gravierende Steuerverschwendungen, dass damit eine wöchentliche Zwei-Stunden-Sendung zu füllen wäre.
Nur Mario kämpft für uns
Also referiert Barth erst mal minutenlang über Kostendeckelung. Einen Begriff, den seine Zuschauer allenfalls von Peter Zwegats Schautafel kennen. Aber egal, hier geht es um den kleinen Mann. Also den Zuschauer. Und die da oben, die sein Geld verschwenden. Wer immer das auch sein mag. Und natürlich Mario Barth, der Einzige, der für uns alle kämpft.
Unsinnige Projekte für 386 Millionen Euro wurden wegen seiner Show eingestellt. Er zählt auf: ein Pavillon für ein Baustellenloch, eine Fischtreppe, die Strassenbahn in Kiel. Wer aufpasst, der merkt, dass allein 380 Millionen auf das Projekt in der schleswig-holsteinischen Hauptstadt entfallen. Dass das dem Berliner Komiker zu verdanken ist, glaubt er wohl nicht einmal selbst. Eingestehen wird er das vor der Kamera kaum. Stattdessen sagt er: "Wenn wir das jetzt noch ein paar Jahre machen, haben wir vielleicht ein Plus in der Kasse." Mario Barth macht Deutschland besser.
Geld wird aus dem Fenster geworfen, Wutbürger schimpfen
Ähnlich bombastisch geht es weiter. Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Ist der nicht schon lange vorbei? Alles dazu gesagt? Egal, was war das teuer! 24.000 Polizisten! Eine eigene Landebahn! 360 Millionen Euro! Wahrscheinlich erklärt Mario Barth in der nächsten Woche, er habe das Geld wieder eingespart. Der Lösungsvorschlag von Studiogast Ingo Appelt bis dahin: "Hätte man nicht einfach telefonieren können?" Das Publikum johlt.
Toppen kann diese Themenlosigkeit nur noch eines: die altbewährte Mann-Frau-Nummer Barths. Also erklärt Dieter Nuhr dem RTL-Publikum Gender-Forschung. Die Kurzfassung: "Mein Penis hat nichts mit meinem Geschlecht zu tun." Das musste unbedingt einmal im Fernsehen gesagt werden.
Aber zu mehr ist "Mario Barth deckt auf" offensichtlich nicht in der Lage. Es ist die Fernsehen gewordene "Bild"-Zeitung. Komplexe Zusammenhänge werden vollkommen unreflektiert auf Schlachtrufe zusammengedampft. Damit am Ende irgendeiner brüllen kann: "Das machen die mit MEINEN Steuern!" Passend dazu schimpft ein besorgter Wutbürger in die Kamera: "Das ist Betrug am Volk!" Ohne zu verstehen, dass nicht er das Volk ist. Sondern wir alle.
Aber wenn man ihn und Barth so sieht, ist man sich nicht mehr so sicher, ob man das auch sein möchte.
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