In "Der Metzger muss nachsitzen", der zweiten Folge der Thomas-Raab-Krimiverfilmungen mit Robert Palfrader, trifft der Titelheld auf die wohl unsympathischsten Menschen der Welt: seine ehemaligen Klassenkameraden. Einer von denen ist ermordet worden – und so setzt sich Amateurdetektiv Metzger noch einmal den alten Boshaftigkeiten aus ...

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Willibald Metzger scheint nicht besonders unglücklich über die Leiche zu sein, über die er buchstäblich stolpert: Der Tote mit dem zielsicher ins Auge gerammten Holzstück ist ein gewisser Dobermann, ein ehemaliger Schulkamerad. Er machte seinem Namen alle Ehre und quälte und und demütigte Metzger Tag für Tag. Als Metzger aber die Polizei verständigt und zum Fundort zurückkehrt, ist die Leiche verschwunden. War das etwa nur eine morbide Rachephantasie? Metzgers Neugier ist jedenfalls gepackt, weshalb er sich auf höchst gefährlichen Boden begibt: Er ruft ein Klassentreffen ins Leben.

Der perfekte Metzger

Vergangene Woche gab Robert Palfrader in "Der Metzger und der Tote im Haifischbecken" seinen Einstand als Restaurator und Hobbydetektiv Willibald Metzger, der Krimifreunden aus den bislang sechs Büchern des Wiener Autors Thomas Raab ein Begriff ist. Die Geschichten sind gespickt mit bissigen Seitenhieben auf das Provinzielle, einer guten Portion Verschrobenheit und einer düsteren, tragischen Familiengeschichte.

"Der Metzger muss nachsitzen", die zweite Verfilmung, besitzt alle diese Qualitäten – und mehr davon. Schon wie der Titelheld gleich zu Beginn der trägen Polizei klarzumachen versucht, dass da ein Mord passiert ist, ist ein fantastisches Kabarettstückchen: Erst trifft er auf bürokratische Gleichgültigkeit, dann wird er vom betont lässigen Kommissar - ebenfalls ein alter Schulkamerad - dumm angeredet. Metzger verpackt sein Anliegen deswegen extra in einfache Sätze und redet zum Mitschreiben langsam: "Dobermann … ist … tot. Ich … glaube … Mord. Bitte … komm … mit."

Verbale Duelle und schmerzhafte Rückblicke

Dass jemand diesen Dobermann auf dem Gewissen haben könnte, überrascht schon nach kürzester Zeit kaum: In diversen Rückblenden sehen wir, wie er und seine halbstarken Klassenkameraden den dicklichen Mitschüler Metzger immer wieder aufs Neue peinigen. Überhaupt war die ganze Klasse eine einzige Terrorbande – es heisst nicht umsonst an einer Stelle, dass man mit diesen Burschen eine Vorstellung vom Fegefeuer erhält. Entsprechend unangenehm geht es auch auf dem Klassentreffen zu, bei dem die ehemaligen Schüler genauso dumme Witze machen wie früher. Doch mittlerweile kann Metzger - mit Ironie und Sarkasmus bewaffnet - die blöden Kommentare auffangen und retour schicken kann.

Es ist die Vielzahl an Wortgefechten, von der die zweite Folge des Metzgers lebt. Ob der Amateurdetektiv sich frotzelnd mit dem Kommissar auseinandersetzt, mit ehemaligen Lehrern Erinnerungen austauscht oder mit Cleverness seine früheren Klassenkameraden aufs Korn nimmt: Es ist ein pures Vergnügen, Palfrader bei diesen verbalen Duellen zuzuhören. Besonders lebendig wirkt die Chemie zwischen ihm und Andreas Lust, dem Darsteller des Kommissars, mit dem die Frotzeleien nie aufzuhören scheinen.

Mit den Rückblenden macht nun auch die Reihenfolge der Verfilmungen mehr Sinn: "Der Metzger muss nachsitzen" war ja eigentlich die erste Metzger-Geschichte, während die letztwöchige Folge "Der Metzger und der Tote im Haifischbecken" auf dem dritten Buch basierte. Durch die Umstellung konnte man aber letzte Woche den Metzger in der Gegenwart kennenlernen, so dass wir in der zweiten Folge etwas Raum haben, mehr über ihn zu erfahren und in seine Vergangenheit einzutauchen. Es mögen ein oder zwei Rückblenden zu viel sein, in denen wir noch eine Demütigung aus der Schulzeit sehen, aber umso befriedigender ist es, den Metzger jetzt als eindeutigen Sieger im Wortduell zu sehen.

Komplexer Fall, bemühte Auflösung

Der Fall selber geht, wie schon in der vorigen Woche, tief in die Vergangenheit und erweist sich als komplexes Netz aus Beschuldigungen, Missetaten und Geheimnissen. Das ist spannend anzusehen – nur über die Auflösung sollte man nicht allzu lange nachdenken: Die einzelnen Fäden werden zwar säuberlich aneinandergebunden, aber ob der ganze dargelegte Plan und seine Details wirklich glaubwürdigen Sinn machen, sei einmal dahingestellt. Dem Vergnügen tut das etwas mühsame Konstrukt jedenfalls kaum Abbruch.

So bleibt also zu hoffen, dass auch die weiteren Metzger-Bücher ihren Weg auf den TV-Schirm finden. Laut ORF hatte die erste Folge bis zu 913.000 Zuseher – und wenn sich das am Donnerstagabend um 20:15 Uhr auf ORF2 wiederholt, stehen die Zeichen sehr günstig, dass Palfrader bald wieder mit Witz und eigenbrötlerischem Charme ermittelt. Auch in der ARD läuft "Der Metzger" um 20.15 Uhr.

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