In seiner neuen TV-Show "Find The Liar, Mittermeier" soll Michael Mittermeier die Lügengeschichten seiner prominenten Gäste entlarven. Im Verlauf der sechs Sendungen (donnerstags um 22 Uhr im BR Fernsehen) werden unter anderem Wigald Boning, Uschi Glas und Max Mutzke versuchen, dem Comedian einen Bären aufzubinden.

Ein Interview

Im Interview mit unserer Redaktion spricht Mittermeier über "die schöne Form des Lügens", die "Macht der Erzählungen" und Trump-Gags in Comedy-Programmen.

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Herr Mittermeier, ab dem 21. November werden Sie in "Find The Liar, Mittermeier" von Ihren Gästen dreist belogen. Kann man Ihnen als gestandenem TV-Star überhaupt noch etwas vormachen?

Michael Mittermeier: Man würde denken, dass das nicht geht, aber offenbar ist es doch möglich. Selbst von Leuten, die ich seit vielen Jahren kenne, wurden mir bei den Aufzeichnungen Geschichten aufgetischt, von denen ich bis zum Schluss nicht wusste, ob sie gelogen oder nicht gelogen waren. Das macht aber den Reiz der Sendung aus. Es waren auch einige Schauspieler dabei, die anscheinend ihre Skills ausgepackt haben, zum Beispiel Uschi Glas oder Christine Neubauer. Und dann hast du da einen Max Mutzke sitzen, der mit einer so schönen Naivität Dinge erzählt, und du hast einfach keine Ahnung. Man wird auf jeden Fall sehen, dass ich schon den Ehrgeiz hatte, die Lügen unbedingt aufzudecken. Oft waren es Fifty-Fifty-Entscheidungen.

In jeder der sechs Folgen sind drei Gäste mit von der Partie, die jeweils zwei Geschichten erzählen – eine ist wahr, die andere frei erfunden. Wie weit sind Ihre Kolleginnen und Kollegen beim Lügen gegangen?

Es ist wirklich krass, wie die Geschichten vorbereitet worden sind – und zwar beide. Sogar bei den Lügengeschichten bekam ich Beweise vorgelegt, die für mich in dem Moment hieb- und stichfest wirkten. Oft musste ich einfach auf mein Bauchgefühl hören, es waren Nuancen, die den Ausschlag gaben.

Glaubt man einem Wigald Boning, der jeden Tag in einem See oder Tümpel baden geht, grundsätzlich erst einmal alles? Er ist einer der Gäste in Ihrer ersten Sendung.

Wigald ist der Hohepriester des Geschichtenerzählens. Er ist es ja von "Genial daneben" gewohnt, dir aus dem Stand heraus die verrücktesten Storys zu erzählen. Ich kenne ihn bereits seit 30 Jahren, wusste bisher aber nicht, dass er dich anlächeln und dabei trotzdem saumässig lügen kann.

Könnte auch jemand daherkommen und behaupten, dass er in jungen Jahren bei einem U2-Konzert auf die Bühne geholt wurde und auf Aufforderung von Bono als Gitarrist einspringen durfte, weil sich dieser zuvor verspielt hatte? Genau das ist Ihnen einst passiert.

Grundsätzlich könnte man so eine Geschichte erzählen, wenn sie nicht bereits bekannt wäre. Denn auch die wahren Geschichten, die in dieser Sendung vorkommen, wurden so noch nie erzählt. Schliesslich musste sichergestellt werden, dass ich sie nicht schon kenne. Daher werden in "Find The Liar, Mittermeier" auch Dinge erzählt, die den Gästen mitunter wirklich peinlich sind. Die Namen der Gäste kannte ich übrigens vorher nicht, denn ich wollte so unbefangen wie möglich in die Sendung gehen. Es kommt auf die Überraschungsmomente an. Ich bin mir sicher, dass sich dieses Format stark von anderen abhebt.

Michael Mittermeier: "Uns ging es nicht darum, das Lügen neu zu erfinden"

Andere Menschen täuschen und Lügen entlarven – das klingt schon ein bisschen nach "Die Verräter – Vertraue Niemandem!". War diese RTL-Show eine Inspirationsquelle?

Tatsächlich gab es gar keine Inspirationsquellen. Das Konzept von "Find The Liar, Mittermeier" hatten wir schon eine Zeit lang in der Tasche. Es hat nur ein bisschen gedauert, bis es eingeloggt wurde. Und natürlich gibt es viele Sendungen, in denen gelogen wird. Uns ging es also nicht darum, das Lügen neu zu erfinden.

Worum geht es dann?

Es ist einfach ein geiler Mix aus Comedy-Talkshow, Quiz und Improvisation. Man wirft sich die Bälle zu. Wir wollen die entspannte, schöne Form des Lügens transportieren. Wir machen also quasi das Gegenteil von Donald Trump, der ja nicht einmal mehr weiss, wann er eigentlich lügt – was es im Übrigen nicht besser macht. Man muss sich das einmal vorstellen: Es war JD Vance, also der künftige Vizepräsident der Vereinigten Staaten, der Trump diese irre Story von den Katzen und Hunde essenden Migranten in Springfield gesteckt hatte. Später gab er in einem Interview zu, gelogen zu haben, indem er sagte: "Wenn ich Geschichten konstruieren muss, um auf das Leiden des US-amerikanischen Volkes hinzuweisen, dann werde ich das auch weiterhin tun." Es ist unfassbar.

Ist es in Zeiten von Fake-News und manipulativen Staatsmännern ein schmaler Grat, mit einem Format um die Ecke zu kommen, in dem bewusst gelogen wird?

Ich finde nicht. Und ich sehe da energetisch überhaupt keine Verbindung zu lügenden Politikern oder anderen bösen Dingen, die auf der Welt passieren. Da müsste schon jemand der Sendung oder mir persönlich etwas Böses wollen, um da einen Zusammenhang herzustellen. Was wir machen, ist reine Unterhaltung ohne Hintergedanken. Quatschen, Spass haben, rumspinnen – darum geht es. Und darum liebe ich dieses Format so sehr.

Mittermeier über Trumps Schattenkabinett: "Scary shit"

Ist die zweite Präsidentschaft von Donald Trump für Comedians ein gefundenes Fressen oder wurde schon jeder Trump-Gag gemacht?

Nur schlechte Comedians brauchen schlechte Politiker, um gute Programme zu machen. Aber auch ich habe eine Geschichte zu diesem Thema in meinem aktuellen Programm "Flashback – Die Rückkehr der Zukunft". Ich hätte sie liebend gerne und ohne mit der Wimper zu zucken rausgeworfen, aber leider ist sie jetzt aktueller denn je. Da ich die Vorgänge in den USA sehr intensiv verfolge, würde ich mich mittlerweile als Experten bezeichnen. Und mit Blick auf das Schattenkabinett kann ich nur sagen: Es ist wirklich "scary shit". Nehmen wir doch nur den künftigen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.: Dieser Typ ist ein krasser Verschwörungstheoretiker. Was der von sich gibt, ist komplett absurd. Sogar aus Sicht der AfD geht das vermutlich zu weit. All das werden wir nun mindestens vier Jahre lang ertragen müssen.

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Sie sagen "mindestens" …

Ja, ich glaube nicht, dass die Demokraten auf lange Sicht eine Chance haben werden. Dabei spielt die Macht der Erzählungen eine grosse Rolle. Viele Millionen Amerikaner glauben, dass die Wirtschaft aktuell am Boden liegt. Dabei hat es zum Beispiel noch nie eine so geringe Arbeitslosenzahl gegeben. Ich muss aber dazu sagen, dass es die Demokraten nicht gut gespielt haben. Sich nur zu beschweren, dass Trump gelogen hat, ist zu einfach. Denn das alleine entbindet dich nicht deiner Pflicht, bessere Politik zu machen und die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Es reicht nicht aus, sich nur auf die Unterstützung von Beyoncé, Bruce Springsteen und Co. zu berufen und auf deren Strahlkraft zu setzen.

Zurück zum TV-Geschehen hierzulande. Werden Sie sich kurz vor Weihnachten die Show "Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli" mit ihren beiden Kollegen Raab und Herbig anschauen?

Bislang wusste ich nicht, dass das läuft. Aber ich finde auch gerade mein eigenes neues Format total geil.

"Ich orientiere mich eher an mir selbst"

Dann frage ich anders: Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie für sich aus dem Comeback von Stefan Raab? Zeigt es Ihnen, dass man heute im Fernsehen offenbar wieder Sachen machen kann, die früher funktioniert haben?

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die auf andere schauen oder sich etwas abgucken. Vielmehr bin ich dankbar dafür, dass ich beim BR Fernsehen eine Heimat und eine lange Leine habe. Dazu zählt auch der "Lucky Punch Comedy Club", der im nächsten Jahr in die zweite Staffel gehen wird. Es ist vielleicht der modernste Stand-up-Comedy-Club im deutschen Fernsehen. Sowohl mit diesem Format als auch mit "Find The Liar, Mittermeier" bin ich schon im Hier und Jetzt. Ich orientiere mich eher an mir selbst und an meinen Gefühlen. Würde ich mich an anderen Menschen oder Sendungen orientieren, wäre ich immer nur eine Kopie.

Wären Sie Gast in Ihrer eigenen Sendung: Welche Geschichten würden Sie erzählen?

Sicherlich habe ich einige Geschichten erlebt, die komplett absurd sind. Viele davon habe ich ja auch schon in meinen Programmen erzählt. Häufig glaubt man mir nicht, dass ich die Geschichten, die ich auf der Bühne vom Stapel lasse, wirklich so erlebt habe. Natürlich drehe ich hier und da an der Stellschraube oder füge eine Pointe hinzu. Daher bin ich es also gewohnt, kleine Lügen zu erzählen, erfinde aber nicht aus dem Stand irgendwelche Geschichten. Das echte Leben schreibt immer noch die komischsten Geschichten.

Über den Gesprächspartner

  • Michael Mittermeier ist ein deutscher Comedian, Musiker und Autor. Der in Oberbayern geborene Mittermeier machte als Komiker einst den Begriff "Arschgeweih" populär. Einen Erfolg landete er zudem mit dem Musikprojekt "Mittermeier vs. Guano Babes" und der Single "Kumba Yo!" mit den Guano Apes. Zuletzt gewann er gemeinsam mit Kurt Krömer die vierte Staffel von "LOL: Last One Laughing". Aktuell tourt der 58-Jährige mit seinem Bühnenprogramm "Flashback – Die Rückkehr der Zukunft" durch Deutschland, Österreich und die Schweiz.
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