Der "Fernsehgarten" und "Mallorca". Das klingt ein bisschen nach Meteoriteneinschlag und Reaktorunfall. Auf dem Mainzer Lerchenberg ging es dann im Prinzip lediglich um das schöne Thema "Saufen". Schliesslich müsse man manchmal "Fünfe g'rade sein lassen", meint ja auch ZDF-Obergärtnerin Andrea "Kiwi" Kiewel, die am Sonntagnachmittag mehrere vermeintliche Malle-Stars begrüsste und in Hüpfburgen gegeneinander antreten liess. Dazwischen wurde von leidenschaftlichen Insulanern das Thema "Alkohol" in Songs nicht allzu komplex aufgearbeitet. Tendenz der Lyrics: Eher mehr als weniger trinken!
Es ist schon sehr hart, wegen eines Fussballmatches auf den "ZDF-Fernsehgarten" warten zu müssen. Insbesondere dann, wenn dessen Macher "Mallorca" zum Thema gemacht haben. Denn es gibt wohl nichts Schöneres auf diesem Planeten, als sich an einem Sonntagnachmittag den ZDF-Fernsehgarten reinzuziehen. Auch der korpulentere Mann mit Glatze, der zu Beginn des Formats über "die Mutter aller Inseln" singt, scheint glücklich zu sein. Es ist aber auch nicht ganz auszuschliessen, dass sein Glück auf einem zuvor versenkten Eimer Sangria fusst.
Saufen ist das zentrale Thema
"Wir alle sind Malle", reimt die Stimme aus dem Off gekonnt, unmittelbar bevor Obergärtnerin
60 Sekunden ohne Alkohol
Okay, dass sich Peter Wackel, während er den Song "Inselfieber" darbietet, so bewegt, als ob er auch alle anderen Fieberschübe aktuell durchmachen muss, verwirrt uns vielleicht zunächst ein wenig, aber dann fällt uns ja gleich wieder ein, dass ja heute das Saufen grosses Thema ist. Und wer bechert schon nur aus Spass, bitte? Vom ersten Hindernisparcours liefert uns das ZDF dann von den vier Komikern, die jetzt über die Hüpfburg rutschen, schlittern und klettern, spektakuläre Bilder aus der Vogelperspektive. Sie machen das ganz gut, wobei man schon konstatieren muss, dass sie zuvor von der Kiewel mit "Es wippt halt, weil's aufgeblasen ist" einen grandiosen Tipp bekommen haben. "Macht's Spass?", will die Moderatorin nach der ersten Competition um den Titel "Mallorca-König" von den Komikern wissen, die eben ganze 60 Sekunden abstinent leben mussten. "Mega!", meinen die Dehydrierten unisono, während sie sich die letzten zwei Malle-Wochen aus dem Leib husten.
Kein Multitasking beim Saufen
Dass zwischen den Sauforgien auch ein bisschen Literatur geboten wird, lockert die Sendung ungemein auf. "Hätte ich einen Weinberg, würde ich ihn 'Hang zum Alkohol' nennen", steht etwa auf den extrem lustigen T-Shirts von ein paar eingefleischten Fernsehgarten-Fans. Auf diesen herrlichen Aphorismus einen zweiten Eimer Sangria und eine Anna Maria Zimmermann, die ihren Song "1 Million rote Rosen" performt und über ein weisses Top und eine weisse Hose einen kurzen Glitzervorhang trägt, den sie vermutlich der Puppe ihrer Tochter entrissen hat. Dass sie rote Rosen im Publikum verteilt, macht dem Playbackgesang ganz schön zu schaffen. Multitasking ist in einem Fernsehgarten, in dem es ums Saufen geht, aber auch keine Kategorie.
"Kühles Blondes" & "Wigga Digga"
Warum es plötzlich um das Thema "blonde Haare" geht, bekommen auch die Zuseher vor Ort nicht wirklich mit. In einigen Gesichtern begegnet man einem leichten Furor. Erst als die Assoziationskette "blonde Haare" und "kühles Blondes" in deren Denkapparaten zu rasseln beginnt, zeigen sie sich versöhnlich. "Blondierung ist keine Pflege", offenbart jedenfalls die Stylistin im Interview mit
Jürgen Milski wird touchy
Der zweite Hindernisparcours ist um nichts spannender als der erste. Warum Malle-"Star" Marry plötzlich "Heute bin ich halb Schwanz, halb Frau" von sich gibt, erschliesst sich einem ebenso nicht, scheint ihren Kölner Kollegen aber beflügelt zu haben. "Jürgen, niemand hat die Absicht, Marry an den Po zu fassen", tadelt "Kiwi" den einstigen "Big Brother"-Protagonisten in Ulbricht-Manier. "Ich versteh' das Spiel, die Lieder und die Sendung nicht", macht sich unterdessen bei einem Twitteraner Verzweiflung breit. Ein anderer will sich jetzt Pilze braten, in der Hoffnung, dass diese giftig sind. Endlich wieder Musik: Ein Mann im schwarzen T-Shirt mit neongrünem Aufdruck und neongrünen Socken singt und sieht dabei so aus, als hätte ihn die Kiewel kurz vor der Sendung im "Café Bauchstich" angemietet. Der Song ist aber um nichts schlechter als jene zuvor. Sie sind alle exakt gleich schlecht.
Durstiger Büffel wird Mallekönig
Während
Nachlassende Konzentration und Resümee
Dass dann auch noch Dekoboy Tom unterdurchschnittlich gute Deko-Tipps für die eigene Malle-Sause gibt, Honk, der offenbar optisch eine Mischung aus Super Mario und Mark Forster angestrebt hat, von einem Delfin in seiner Bauchtasche singt, und Olaf der Flipper ein Medley anstimmt, bekommen viele im Publikum nicht mehr mit. Dass man sich in der Bewusstlosigkeit nicht mehr so gut konzentrieren kann, ist ein kleiner Nachteil dieses Saufens. Viel haben sie aber eh nicht mehr versäumt, war doch der Mallorca-Fernsehgarten kurz danach auch schon zu Ende. Fazit: So schlecht sind die Shows vom Florian Silbereisen und Giovanni Zarrella eigentlich gar nicht.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.