In Folge zwei der Dating-Show funkt es zum ersten Mal. Nur anders als gedacht - statt "Prince Charming" Alex kommen sich zwei Kandidaten näher. Und ein anderer erprobt seine Serienmörder-Qualitäten

Eine Kritik

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Jan und Joachim liegen in Folge zwei von "Prince Charming" eng aneinander gekuschelt auf der Couch. "Ich glaub', die Kameras schlafen", sagt einer von beiden. Dann ziehen sie die Decke über sich. Hach, ist das schön, dass es so etwas noch im Fernsehen gibt. Echte Gefühle! Gut, nicht für "Prince Charming" Alex, aber immerhin. Und vor allem: So viel Naivität, dass 2020 die Teilnehmer einer Dating-Show wirklich noch glauben, die Kamera würde irgendwann nicht laufen. Süss!

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die schwule Variante der "Bachelorette" irgendwie befreit ist - von all den aufgepumpten Muskeln und dem Primatengehabe der Schwesternshow auf RTL. Von den hölzernen Dialogen, die sich Jahr für Jahr wiederholen. Den immer gleichen Bildern in Zeitlupe auf Klippen, an Stränden, durch Kornfelder schreitend. Dem Gefasel von der Suche nach der "wahren Liebe", "den echten Gefühlen" und vor allem, dass man auf gar keinen Fall den schnellen Ruhm suche. In "Prince Charming" ist das egal. Die Show ist eine Ansammlung von Männern, die nicht nur Spass miteinander haben, sondern auch am Format Dating-Show.

"Prince Charming": Wenn zwei fummeln, freut sich auch der Rest

Bei der "Bachelorette" wäre ein Techtelmechtel hinter dem Rücken der Rosenverteilerin ein riesiger Aufreger. In der zweiten Folge von "Prince Charming" ist es ein Quell ewiger Freude - für alle Teilnehmer. Die halten es nämlich keine zwei Minuten aus, es ihrem Prinzen Alex beim Gruppendate nicht sofort genüsslich auf dem Präsentierteller zu servieren. "Es entwickeln sich Pärchen, ohne dich", leitet Michael das Thema mit einem süffisanten Grinsen ein. Lauritz wird da schon deutlicher: "Wer weiss, wo die rumgefummelt haben, lecki di, lecki da." "Prince Charming" schaut zwar nicht begeistert, aber einer muss ja so tun, als wäre dies eine ernsthafte Kuppelshow. Denn während das erste Date noch läuft, vergnügen sich Jan und Joachim in der Villa bei der gegenseitigen Massage. "Warum vögelt ihr nicht einfach?", fragt Benedetto direkt. Die trockene Antwort: "Hier drinnen sind alle geil."

Doch was die können, kann "Prince Charming" Alex erst recht. Zeit, um die wichtigen Fragen zu klären: "Hast du jemals mit zwei Leuten an einem Tag geschlafen?" Bei Gino reicht das nur für ein gelangweiltes "Ja". Er fügt hinzu: "Als Berliner braucht man so eine Frage gar nicht stellen, ob man an einer Orgie teilgenommen hat." Wenn Sie also in diesem Moment in ihrer Altbauwohnung in Mitte immer noch neben demselben Partner oder derselben Partnerin wie in den letzten drei Tagen sitzen, machen Sie offenbar irgendetwas falsch. Oder wie es die Teilnehmer von "Prince Charming" sagen würden: "Wie viele Sexpartner hattest du?" "Irgendwann hört man auf, zu zählen." Zum Einzeldate darf trotzdem Lauritz bleiben - der Exot der Runde, der gesteht, nicht einmal den Drang zu verspüren, zu masturbieren. Wie fad' - zumindest in der illustren Runde der Teilnehmer von "Prince Charming".

Mal ganz nett, mal ein Arschloch

Doch natürlich gibt es auch bei "Prince Charming" Querschläger, die bereits zu viele andere ähnlich gelagerte Shows gesehen haben. Vincent zum Beispiel versucht es bei Alex mit einem Smalltalk-Placebo: ein Gespräch über Gespräche. "Ich bin so ein Mensch, der gerne deep talk hat", sagt er. "One to one", weil "Communication is key". Klar ist nach diesem Gespräch nur, dass der Zoll wahrscheinlich schon bereitsteht, um sich diesen nicht angemeldeten Anglizismen-Amoklauf teuer bezahlen zu lassen. Seltsamerweise fliegt nicht er am Ende der Folge raus, sondern Bernhard und Patrick.

Benedetto derweil verwechselt "Prince Charming" offenbar mit "Germany’s Next Topmodel" und arbeitet hart am Zickenstatus in dieser Staffel. "Ich bin jetzt ganz freundlich, aber ich kann zum richtigen Arschloch werden", kündigt er Andrea an. Um es direkt einzulösen: "Wo ich Bock habe, dich abzustechen." Als wäre das nicht genug, rundet er die eigenen Worte mit den passenden Serienkiller-Handbewegungen ab. Der verschreckte Italiener erzählt das selbstverständlich sofort weiter. Zeit für die obligatorische Szene wegen dieses Vertrauensbruchs (das Petzen, nicht der Mordwunsch selbstverständlich): "Du nennst mich Amore, ich zeig dir den Mittelfinger, Amore!", beschwert sich Benedetto empört. Und da sind sie wieder, die Tränen auf Knopfdruck. "Oh Leute, wirklich, das ist so anstrengend", fügt er hinzu. Und meint eigentlich hauptsächlich sich selbst.

"Wenn du attention willst, sag es doch"

Zurück zu den Kandidaten von "Prince Charming", die Spass machen. Gino zum Beispiel verwechselt im Überschwang der Gefühle Gehweg mit Pool und knallt samt Champagnerglas gleichzeitig ins Wasser und auf die Kante des Beckens. Ergebnis: Platzwunde an der Hand. In der Welt der "Bachelorette" würde darum ein echtes Drama inszeniert, in den letzten beiden Folgen der aktuellen Staffel fiel erst ein Teilnehmer in Ohnmacht, ein anderer brach sich die Ferse. So viel schlecht simuliertes Mitgefühl kann Gino in "Prince Charming" nicht erwarten. "Wenn du attention willst, sag es doch", machen sich die anderen über ihn lustig. Selbst "Prince Charming" Alex gesteht: "Ich hoffe es geht ihm gut, aber es war lustig." Was definitiv mehr ist, als sich über jede Folge der "Bachelorette" sagen liesse.

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