Alida Kurras gehört zu den Urgesteinen des deutschen Reality-TV. Die zweite "Big Brother"-Staffel gewann sie – dass das mittlerweile 24 Jahre her ist, mag man kaum glauben.
Seitdem ist sie von den TV-Bildschirmen nicht mehr wegzudenken und hat sich als Moderatorin einen Namen gemacht. Zuletzt folgte sie jedoch dem Ruf des Grossen Bruders und war bei "Promi Big Brother" auch als Kandidatin dabei. Ob sie mit ihrem Abschneiden zufrieden und künftig wieder in Reality-Shows zu sehen ist und was sie von der Heiterschen Verlobung hält, verriet sie uns im Interview.
Frau
Alida Kurras: Eigentlich hatte ich sogar befürchtet, dass ich schon in der Woche davor gehen muss – obwohl ich da gesaved war. Da hatte ich das Gefühl "Ich gehe heute" – und weiss gar nicht, wo das herkam. Als es dann anders kam, hat mich das kurz gerissen. Das war emotional ein Tiefpunkt, weil ich gedanklich schon zu Hause war.
Aber gewinnen will man doch immer, oder? Wozu sonst mitmachen?
Mein Ziel war ursprünglich - und das hat ja auch geklappt – das Finale. Als dann aber der Heiratsantrag von Mike [Heiter] zu der Dreier-Geschichte, die eh das Ganze dominiert hat [Mike, Leyla, Elena - d. Red.], dazu kam, war uns restlichen Verbliebenen – besonders Max und mir – eigentlich klar, dass wir keine Chance mehr haben und dass wir eigentlich auch gehen können. Der Fokus lag dann einfach darauf. Und man hätte sie auch nie nominieren können – dann wäre man ja als Nächstes weg gewesen. Ich bin zufrieden mit mir. Vor allem war ich so, wie ich bin. Und klar, man sagt auch mal Sachen, die man eigentlich gar nicht sagen wollte. Und ganz ehrlich: Ob ich dann Vierte bin oder Dritte oder Fünfte, spielt keine Rolle. Es zählt nur der erste Platz, das Ranking dahinter ist nicht mehr entscheidend. Zweite allerdings hätte ich ungern sein wollen – das ist, glaube ich, das Bitterste! (lacht) Aber der vierte Platz doch hervorragend! Und das ganz ohne Social-Media-Community. So etwas hatte ich bis dato ja gar nicht.
Alida Kurras: "Böse Zungen behaupten, dass vorher klar war, dass Mike das machen soll"
Ja, der Heiratsantrag. Der hat natürlich die Berichterstattung dominiert und den restlichen Bewohnerinnen und Bewohnern schon die Show gestohlen. Eigentlich kein fairer Move, oder?
Ich kann das schlecht einschätzen, aber man hat schon gemerkt, dass der Fokus sehr auf der Pärchen-Story lag. Was ich persönlich schade fand – auch wenn ich mich für die beiden freue und es ihnen neidlos gönne. Aber wenn ein Pärchen dabei ist, haben die anderen einfach immer gleich zwei Stimmen gegen – oder für – sich. Es ist eine doppelte Macht. Leyla erklärte mir zwar, dass die beiden völlig unterschiedlich abstimmen würden, und sie haben das ja auch getan – trotzdem sind sie zu zweit, haben im Gegensatz zu uns Einzelkämpfern immer eine emotionale Stütze. Das macht einfach einen Unterschied. Ich glaube, in einer anderen Konstellation wäre es am Ende anders gelaufen. Grundsätzlich halte ich von Dingen wie einem Heiratsantrag im TV nichts. Aber im Grunde hatte Mike keine andere Wahl; stand unter Druck. Böse Zungen behaupten, dass vorher klar war, dass er das machen soll. Aber ich weiss natürlich nichts von den Interna der Produktion.
Hatte das einen grossen Einfluss auf die Dynamik im Haus?
Für uns im Haus hat das eigentlich keine grosse Rolle gespielt. Wir haben uns gut verstanden und ich hatte zu allen einen guten Draht – auf die ein oder andere Art und Weise. Ich mag beide sehr gerne und gönne ihnen ihr Glück und Leyla natürlich den Sieg. Aber worauf es am Ende mit dieser Geschichte hinausläuft, war gleich klar.
Alles für die Quote – das dürfte Ihnen als Reality-TV-Star der ersten Stunde nicht fremd sein.
Es ist schon ein grosser Unterschied zu damals. Da ging es auch darum, Content zu erschaffen, aber das hat sich im Laufe der Sendung ergeben. Heute ist es so, dass viele schon vorher überlegen, was sie tun können, um alles spannender zu machen. Auch die Produktion denkt sich, wie kriegen wir Zug rein? Und man will natürlich eher Knatsch und nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen – dann ist das Interesse der Medien und Zuschauer einfach grösser.
Reality-TV hat sich ja wirklich verändert in den letzten 25 Jahren. Kandidatinnen und Kandidaten scheinen heute wie mit einer Schablone gezeichnet. Viele Aktionen wirken wie abgesprochen. In der ersten "Big Brother"-Staffel saht ihr vielleicht weniger cool aus, aber authentischer. Und zur Sache ging es ja damals durchaus auch!
Ja, es gab natürlich richtig Streit – aber es war eben nicht von vornherein klar, dass es Streit geben würde. Es hat sich aus der Situation ergeben. Ich guck heute durchaus auch gerne mal Trash oder Reality-TV, bin in den meisten Fällen aber auch gleich wieder weg. Und ich selbst habe für mich deswegen auch gesagt, dass ich kein Reality-TV mehr mache – weil es eben nicht mehr real ist. Es hat sich einfach verändert. Das ist nicht unbedingt schlimm, denn es hat sein Publikum gefunden. Aber es ist nicht mehr so, wie ich es kennen- und auch lieben gelernt habe.
Eine Sache, die es damals auch nicht gab, sind die sozialen Medien. Sie erwähnten, dass Sie quasi ohne Community gestartet sind. Während der Show hatten Sie dann den grössten Zuwachs an Followern zu verzeichnen.
Ich habe meinen Account ja extra wegen "Promi Big Brother" angelegt und hatte vor dem Einzug dann um die 200 Follower. Für mich ist das eine ganz neue Welt, bis dato hatte ich mich nie damit befasst. Den Account verwaltet mein Partner – natürlich in Zusammenarbeit mit mir. Allein hätte ich weder die Zeit noch die Musse. Jetzt habe ich 19.000 Follower, das ist schon krass. Damit hätte ich nie gerechnet. Ich werde aber kein Content Creator und kein Influencer mehr. Nicht, weil ich es nicht gut finde – es ist ein bewundernswerter Job – aber mir fehlt neben der Zeit auch der Ideenreichtum. Schön ist allerdings zu sehen, dass es fast ausschliesslich positiven Support gibt. Ein paar Leute sind da immer, die einen nicht leiden können. Hass im Netz verurteile ich ohnehin – ist mir aber auch nicht begegnet. Aber selbst, wenn: In jungen Jahren hätte mich das vielleicht aus dem Rhythmus geworfen, aber jetzt nicht mehr.
Im Jahr 2000 liefen die erste und auch die zweite Staffel "Big Brother". Mehr als die Hälfte Ihres Lebens stehen Sie damit in der Öffentlichkeit. War die Teilnahme rückblickend eine richtige Entscheidung?
Klar, mein Weg hätte auch ein ganz anderer werden können. Und ich wäre sicher auch als heute Rechtsanwältin oder im Jugendstrafrecht glücklich geworden – was ja mein Plan war mit dem Jura-Studium. Ich muss aber sagen: Die Teilnahme war das Beste, was ich in meinem Leben machen konnte. Dank "Big Brother" habe ich ein Leben führen dürfen, das voll war mit spannenden Momenten und tollen Jobs. "Promi Big Brother" war nun eine Art Abschluss. Für mich war klar: Wenn ich überhaupt noch mal Reality-TV mache, dann nur BB. Da komme ich her, dem "Grossen Bruder" habe ich alles zu verdanken. Ansonsten wird man mich nicht wieder in Trash- oder Reality-Formaten sehen. Ich wollte noch einmal spüren, wie es sich anfühlt und schauen, ob alte Gefühle noch einmal hochkommen, die ja damals schon sehr einschneidend und beeindruckend waren. Und in der Tat: Beim Einzug war das vertraute Gefühl sofort wieder da - witzigerweise genau das von meinem Auszug damals. Diese Aufregung ist einfach etwas ganz Besonderes. Aber für mich ist diese Zeit abgeschlossen. Zumindest gibt es aktuell kein Format, das mich locken könnte. Das heisst nicht, dass ich in der Versenkung verschwinde – ich liebe meinen Moderationen-Job und bin weiter im TV. Ich bereue es nicht, diesen Schritt noch einmal gegangen zu sein – aber jetzt ist dann auch mal Schluss damit.
Vielen Dank für das Gespräch!
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